Velbert. Fast 100 Jahre nach seiner Fertigstellung wird Velberts Gedenkstätte aufwändig saniert. Spannend, denn es gibt keine detaillierten Unterlagen.
Etwas mehr als zwei Jahre sind seit dem großen Ortstermin am Ehrenmal ins Land gegangen, bei dem Vertreter der Technischen Betriebe Velbert, Denkmalschützer und die Architektin Sabine Essler den Umfang und die Planung der Sanierung dieser Gedenkstätte anno 1930 besprochen, abgestimmt und festgelegt haben. Seit Oktober 2023 laufen die Arbeiten, einige wesentliche Fortschritte sind bereits sichtbar. Diese Woche wurde die fast neun Meter hohe Adler-Stele eingerüstet, die acht Basalt-Platten mit den Namen und Todesdaten sind mit einem Hochdruckreiniger gesäubert und werden nun mit der Wurzelbürste nachgearbeitet. „Bis zum Volkstrauertag am 17. November ist garantiert alles fertig“, verspricht Essler.
Technische Betriebe Velbert sind Eigentümerin
Ein Teil der großen Wiese vor dem Ehrenmal und auch das Bauwerk selbst sind mit einem Bauzaun abgesperrt. Die Gedenkstätte wird noch mit einem richtigen Zaun umgeben und wird nach Fertigstellung grundsätzlich überwiegend nicht frei zugänglich sein, „um sie vor Vandalismus zu schützen“. Das Bauwerk mit seiner 100 Meter langen Stützmauer am Rand des Offerbuschs ist ursprünglich zur Ehrung der Toten des Ersten Weltkriegs errichtet worden; später kam eine Inschrift als Erinnerung an die gestorbenen Soldaten des Zweiten Weltkriegs hinzu.
Für viele ein Ort der Erinnerung
Die TBV sind im Zuge der Übertragung des dortigen Flurstücks Eigentümerin geworden. „Das ist ja ein Denkmal und muss erhalten werden, dessen haben wir uns angenommen“, sagt Bernhard Wieneck. „Und es gibt in der Stadt immer noch viele Menschen, die dieses Ehrenmal bewahren wollen und für die es ein Ort der Erinnerung ist“, fügt der TBV-Mann (Leiter Technik) hinzu. Nach Abschluss der Maßnahme werde es verkehrssicher „und auf Jahrzehnte standsicher“ sein.
Sich vor Augen führen, was Krieg bedeutet
Die beauftragte Architektin hat Erfahrung mit der Sanierung alter Bauwerke, und das „vielfach im Bestand“. Sie betreut in Langenberg u. a. das Gebäude-Ensemble in der Sambeck und den Bismarckturm und sagt: „Ich hab auch Ehrfurcht vor solch alten Denkmalen. Alte Gebäude sind einfach spannend, sie erzählen immer Geschichten“. Es mache sie auch demütig, unter welchen Lebensbedingungen und Mühen die Bürgerschaft damals die Spenden für das Ehrenmal aufgebracht habe. Vor allem aber: „Man sollte sich immer klar machen, was Krieg heißt.“
Schäden durch Wurzeln, gebrochene Blockstufen
Die eingangs genannte Stele wird gereinigt, die Abdeckelung überprüft und die gesamte Statik gecheckt. Die Bruchsteinmauer ist an einigen Stellen aufgearbeitet; hauptsächlich dort, wo Wurzeln Schäden verursacht haben. Die Abdeckplatten auf der Brüstung sind zum Teil neu verlegt worden. Sämtliche Blockstufen der Treppen, die mehrfach „sehr schadhaft und teils gebrochen waren“ und Stolperfallen aufwiesen, sind aufgenommen worden. „Wir haben aus drei schlechten zwei gute gemacht“, resümiert Sabine Essler. Die öffentlich zugängliche Freitreppe gleich vorne, unterhalb des Ehrenmals, werde noch verkehrssicher hergerichtet. Hier kommt Grauwacke zum Einsatz.
Respekt vor dem Baudenkmal
Oben auf dem Plateau haben Arbeiter die mitunter hoch gedrückten und gebrochenen Platten herausgenommen; sie müssen wieder neu verlegt werden. Auch das ist eine Maßgabe des Denkmalschutzes. Man stimmt sich sowohl mit dem LVR-Denkmalamt als auch mit der Unteren Denkmalbehörde bei der Stadt ab. „Wir wollen ja den Charakter des Bauwerks erhalten“, erklärt Wieneck, „müssen es aber im Hinblick auf die Verkehrssicherheit um einige Elemente ergänzen.“ Dazu zählt auch das zusätzliche Geländer auf dem Plateau. „Meine Planung darf nicht dominieren“, schildert die Architektin ihr Credo. Deshalb setzt sie das Geländer auch nicht auf der Brüstung auf, die nach heutigen Maßstäben als zu niedrig und daher unsicher gilt, sondern in einem respektvollen Abstand von einem Meter davor.
Nur eine Beschreibung und Postkarten gefunden
Bevor die verschiedenen Gewerke und Fachfirmen an der Poststraße überhaupt loslegen durften, musste eine Dipl.-Geologin erst noch den Boden und den vor fast 100 Jahren verwendeten Mörtel untersuchen. Wieneck: „Es geht beim Mörtel um einen guten Mittelweg zwischen Denkmalpflege und Haltbarkeit.“ Man habe lediglich eine alte Baubeschreibung, aber keine detaillierten Unterlagen gefunden, erzählt Essler. „Und alte Postkarten. Mehr haben wir nicht.“
Gemauerte alte Baumscheiben freigelegt
So traten im Verlauf der bisherigen Arbeiten auch Überraschungen zutage. Etwa der Fund dreier gemauerter Ziegelkreise - davon einer mit einem ganz alten Baumstumpf - auf dem Plateau vor den Basalt-Platten. Hinzu kam die Entdeckung eines quadratischen Schachtes, der vermutlich zu einer ehemaligen Wasserleitung gehört hat.
Aktueller Stand der Kosten: 600.000 Euro
Die aktuelle Kostenschätzung für die Sanierung liegt mittlerweile deutlich über einer ersten Kalkulation des Komplett-Aufwandes vom Januar 2023 und beläuft sich nach TBV-Angaben jetzt auf 600.000 Euro. Die Technischen Betriebe hatten über viele Jahre vergeblich versucht, sowohl auf Bundes- als auch Landesebene Fördermittel zu bekommen. Damals beim Bau waren auf unterschiedlichen Wegen - Sammelbüchse, Kauf von Bausteinen, Spenden von Industrie, Banken, Vereinen - trotz der wirtschaftlichen Zwänge 64.144 Reichsmark gesammelt worden. Das käme heute etwa 200.000 Euro gleich.