Am Anfang stand eine Beschwerde: Das Ehrenmal an der Poststraße in Velbert sei vermoost, verdreckt, einfach nicht schön. Daraus hat sich nun eine sehr kontrovers geführte Diskussion über die Zukunft der Gedenkstätte entwickelt. Ein Pro und ein Contra Ehrenmal.
Pro Ehrenmal: Karl-Erich Pönitz
Die grundsätzliche Existenz von „Ehrenmälern“ darf meiner Meinung nach nicht in Frage gestellt werden. Es müsste jedoch darüber nachgedacht werden, ob die Bezeichnung noch zutrifft.
Ich plädiere dafür, sie künftig Gedenkstätte zu benennen. Denn das trifft den Kern des Anliegens deutlich besser. Der Begriff der Soldatenehre ist heute nicht mehr vermittelbar und die Umschreibung „fürs Vaterland gefallen“ nicht nur nicht zeitgemäß, sondern auch kritisch zu hinterfragen. So war zum Beispiel der Erste Weltkrieg von 1914 bis 1918 ein völlig überflüssiger, vermeidbarer Krieg, in dem hunderttausende Männer an der Front verheizt wurden, Machtinteressen und nicht Menschenleben – auch nicht in der Heimat – eindeutig den Ausschlag gaben.
Eine Gedenkstätte sollte nicht heroisieren, sondern die Erinnerung wachhalten. Ein Volk, das seine Vergangenheit verdrängt, läuft Gefahr, sie unfreiwillig zu wiederholen.
Sagen Sie und Ihre Meinung zum Ehrenmal
Pro oder Contra? Die Meinungen, die die WAZ-Redaktion zum Ehrenmal an der Poststraße erreichten, sind kontrovers.
Sie reichen von „erhalten und pflegen“ auf der einen bis zu „abreißen“ auf der anderen Seite.
Wie stehen Sie zu der Gedenkstätte für die gefallenen Soldaten? Brauchen wir ein solches Ehrenmal – vielleicht auch als Mahnmal für die Schrecken des Krieges? Oder sollte lieber an sämtliche Kriegstoten erinnert werden – und nicht nur an die gefallenen Soldaten?
Sagen Sie uns Ihre Meinung: unter 02051 / 495 -30/-32/-38 oder per Mail an
redaktion.velbert@waz.de.
Ein Volk, das kritisch-würdigend Rückblick hält, eröffnet sich die Chance, aus der Vergangenheit zu lernen. Ich trete ein für eine möglichst ideologiefreie, faire Auseinandersetzung mit unserer, der deutschen Geschichte.
Eine Gedenkstätte, welche die Velberter Gefallenen aus drei Kriegen beim Namen nennt, sollte zu einem Mahnmal des Friedens ungestaltet werden.
Als ein solches wäre das Mahnmal beispielsweise eine geeignete Anlaufstelle für Schulklassen im Geschichtsunterricht im Rahmen von Exkursionen.
Contra Ehrenmal: Sonja und Bernd Spiekermann
„Aus unserem Grabe wachse der Glaube an Deutschland. Unseren Toten der Kriege 1914-1918 und 1939-1945“ – so lautet einer der Texte des Kriegerdenkmals an der Poststraße. „Die Frage ist, an welches Deutschland glaubt man hier? Wirbt man für deutsche Aggressionskriege und das Streben nach Vorherrschaft in Europa und der Welt? Meint man ein Deutschland, durch dessen Eroberungsfeldzüge des 20. Jahrhunderts 75 Millionen Menschen das Leben verloren haben?“ fragen Sonja und Bernd Spiekermann.
„Natürlich: Jeder dieser Toten ist einer zuviel. Sie starben für falsche Ziele“, fährt Bernd Spiekermann fort. In dem Ehrenmal schwinge aber immer noch der alte Militarismus mit, es werde ein Deutschlandbild verherrlicht, was gefährlich sei. „Es ist nachgewiesen, dass etwa die Wehrmachtssoldaten nicht die einfachen kämpfenden Soldaten waren, sondern auch an Verbrechen beteiligt waren.“
Dabei gehe es ihnen nicht darum, einzelne Soldaten zu verunglimpfen, sagt Spiekermann. „Aber wir vermissen eine Gedenkstätte für alle Kriegstoten und Opfer der Politik, die zu diesen Kriegen geführt hat.“ Bislang gebe es etwa nur eine kleine Gedenkstätte für die Opfer des Nazi-Regimes an der Alten Kirche. „Und wo ist das Denkmal für die Widerstandskämpfer?“ Man müsse endgültig weg vom Militarismus: „Dazu gehört auch eine konsequente Friedenserziehung in den Schulen.“
Erinnern solle man stattdessen an Bert Brechts Warnung von 1951: „Das große Karthago führte drei Kriege: Nach dem ersten war es noch mächtig. Nach dem zweiten war es noch bewohnbar. Nach dem dritten war es nicht mehr aufzufinden.“