Velbert. Die Stadt Velbert macht schon seit Jahren selbst Tempokontrollen. Nun will sie sich zusätzlich einen Superblitzer zulegen. Das sind ihre Gründe.
Für die einen ist es eine „semistationäre Geschwindigkeitsüberwachungsanlage“, die anderen sagen einfach „Superblitzer“ dazu. Die Stadt Velbert macht bereits seit Ende 2017 selbst Tempokontrollen mit einem Dienst-Pkw und schickt sich nun an, zusätzlich einen solchen transportablen Anhänger zu kaufen, der sich von einem Zugwagen an den Haken nehmen und zum jeweiligen Einsatzort ziehen lässt. Sein Aussehen ist mit klobig und kantig bestens beschrieben. Weshalb er auch häufig „Panzerblitzer“ genannt wird. Die reinen Investitionskosten belaufen sich laut Vorlage auf rund 300.000 Euro. Der Ratsausschuss für Feuerwehrangelegenheiten und kommunale Ordnung hat der Anschaffung schon mit großer Mehrheit zugestimmt. Das letzte Wort hat aber am 23. April der Stadtrat; in der Sitzung steht nämlich auch die Verabschiedung des Etats für 2024 auf der Tagesordnung.
Menge der Messstellen in Velbert mehr als verdreifacht
Der Kauf - nach Auskunft Jürgen Wosimskis gegenüber Leasing oder Miete die wirtschaftlichere Lösung - beruht auf einer Initiative innerhalb der Fachverwaltung und hat im Grunde zwei Anlässe. Die Zahl der Messstellen sei von anfangs 24 auf mittlerweile 85 Standorte gestiegen, sodass man diese Menge mit bloß einem Pkw nicht mehr abdecken könne, berichtet der Leiter des Fachbereichs Bürgerdienste. „Die Zunahme liegt hauptsächlich daran, dass die Wünsche nach Geschwindigkeitskontrollen in der Bevölkerung, aber auch in den politischen Gremien, stetig zugenommen haben.“
Radler, Fußgänger und Kinder besonders gefährdet
Zweitens erzählt Daniel Paasch, dass er mit seiner Kollegin Nicole Fabig zuletzt am Bundeskongress Verkehrssicherheit teilgenommen und dort von den steigenden Unfallzahlen erfahren habe, so der Abteilungsleiter Ordnungsamt weiter. Betroffen und gefährdet seien vor allem „vulnerable Gruppen“ wie Radfahrer, Fußgänger und Kinder.
Kriterium: überdurchschnittlich oft zu rasant
„Wir sind da, wo potenzielle Gefahrenquellen sind. Das Thema Sicherheit ist für uns das ausschlaggebende“, stellt Wosimski klar. Wohl wissend, dass Kritiker in Blitzern häufig in erster Linie eine Einnahmequelle sehen. „Wir dürfen an Gefahrenstellen blitzen“, erläutert Paasch, „das sind Abschnitte, wo überdurchschnittlich häufig zu schnell gefahren wird.“ Und in diesem Zusammenhang auch in Bereichen, wo „schwache Verkehrsteilnehmer“ aufträten. Eben Fußgänger, Kinder etc.
Nicht erst warten, bis etwas passiert
Früher seien Unfallschwerpunkte das Haupt-Kriterium für die Festlegung der Messstandorte gewesen. Mittlerweile denke und handele man jedoch längst präventiv. „Warum sollten wir schließlich erst warten, bis was passiert“, meint der Abteilungsleiter. Hinweisen auf wiederholte bzw. vermehrte Tempoverstöße gehe man zunächst nach, indem eine Woche lang vor Ort die Relevanz gecheckt werde. Dafür hat die Stadt zwei anonyme Messgeräte, deren Befunde keine Sanktionen nach sich ziehen.
Pro Fall 42 Euro Bußgeld
Das ist bei dem Dienst-Kfz, das immer in einer Früh- und einer Spätschicht im Einsatz ist, ganz anders. Für das Jahr 2022 weist die Vorlage 11.432 Verfahren im Bereich der mobilen Geschwindigkeitsüberwachung aus; die Ahndungsbeträge betrugen 480.694 Euro. Das macht etwa 42 Euro pro Fall. Das Ganze hochgerechnet auf den Superblitzer, der übrigens in beiden Fahrtrichtungen messen kann, und dessen Einsatz-Häufigkeit ergäbe Bußgeld-Einnahmen für die Stadt in Höhe von rund 656.000 Euro. Vorteile des Neuen: Er kennt keine Arbeitszeiten, keine freien Tage und erfordert recht wenig Personaleinsatz.
Stadt muss ihre Messstellen öffentlich machen
Für die Messungen mit dem Pkw sind insgesamt zwölf Mitarbeiter aus dem Team des Kommunalen Ordnungsdienstes speziell geschult worden. Und zwar von dem Kamera-Hersteller. „Wir sind als große kreisangehörige Stadt ermächtigt zu blitzen“, schilderte Daniel Paasch die Grundlage. Die Messstellen würden immer vorab veröffentlicht. „Dazu sind wir per Ordnungsbehördengesetz verpflichtet.“ „Mehr Transparenz geht nicht“, kommentiert Wosimski. Hingegen hat die Kreispolizeibehörde Mettmann vor einigen Wochen einen anderen Weg eingeschlagen: Sie kündigt ihre Radar-Messstellen nicht mehr an.
Wünsche waren nicht zu erfüllen
Die damalige Anschaffung des Autos hat ihre Vorgeschichte. Schon 2016 habe der Kreis Mettmann den Wunsch nach mehr Kontrollen in Velbert aus Kapazitätsgründen nicht erfüllen können, erinnert sich Jürgen Wosimski. Anfang 2017 seien der Kreis bzw. die Polizei bis auf Weiteres aus personellen Gründen nicht in der Lage gewesen, Messungen in Velbert selbst durchzuführen.
Den Druck hochhalten
Es sei erwiesen, dass ein ausreichendes Maß an Überwachung herrschen müsse, zitiert Paasch entsprechende Untersuchungen, wenn Regeln allein aus Furcht vor Sanktionierung eingehalten würden. Lasse der Überwachungsdruck nach oder falle er ganz weg, nähmen die Regelverstöße zu.