Velbert/Kreis Mettmann. Die Kreispolizei Mettmann kündigt ihre Radar-Messstellen in Velbert und Heiligenhaus nicht mehr an. Das ist der Grund für die neue Strategie.
Arg viel Lesestoff haben die Meldungen echt nicht geboten. Aber ihr Informationswert wurde hochgeschätzt. Sie stammten nämlich von der Kreispolizeibehörde Mettmann, begannen mit den Worten „Hier werden die Stadt Velbert, der Kreis und die Kreispolizeibehörde Mettmann Ihre Geschwindigkeit kontrollieren“, listeten kreisweit die Standorte der jeweiligen Woche auf. Und sie wurden eifrig aufgerufen, vielfach aufmerksam studiert. Sowohl in den Medien, derer sich die Polizei bedient, als auch gedruckt und online von WAZ-Lesern und -Usern. Doch das ist passé. Ab sofort werden die Standorte der Radarwagen nicht mehr angekündigt. Man wolle den Kontrolldruck auf Temposünder erhöhen, heißt es.
Ziel: Weniger Unfälle in Velbert und dem gesamten Neanderland
Den Hintergrund bildet ein Strategiewechsel der Polizei NRW: Unangekündigt ist nunmehr landesweit die Leitlinie. Überhöhte bzw. nicht angepasste Geschwindigkeit sei neben Alkohol und Drogen nach wie vor eine der häufigsten Unfallursachen, erläuterte Andreas Knops im Gespräch mit dieser Zeitung. 2022 gab es im Neanderland insgesamt 13.174 Verkehrsunfälle; 1676 Menschen wurden dabei verletzt. „Je höher das Tempo, umso weitreichender die Folgen“, erklärt der Gruppenführer im Verkehrsdienst, der bei der Kreispolizei mit seinen rund 30 Kollegen zur Direktion Verkehr zählt. „Da muss man rangehen“, sagt der Hauptkommissar; Ziel seien weniger Unfälle, weniger Schwerverletzte, weniger Tote.
Beamte schätzen das unmittelbar folgende Gespräch
Messstellen sollen fortan durch Zeit- und Standortwechsel unberechenbarer sein. Zudem sollen die Verkehrsteilnehmer bei Verstößen öfter angehalten werden, um das riskante Fehl-Verhalten im persönlichen Gespräch zu erörtern und –- so die erhoffte Wirkung – einen höheren Präventionseffekt zu erzielen. „Kommunikation ist das A und O“, bestätigt der 44-jährige Polizeibeamte. Grundsätzlich schätze man solche Kontrollen – etwa mittels Lasermessung oder Pro-Vida-Motorrad – mit direkt nachfolgendem Anhalten. Wenn nämlich das Ereignis noch frisch sei, sei beim anschließenden Gespräch in der Tat die Einsicht oft größer. „Wir bevorzugen das.“
Vorgehen ist personalintensiver
Allerdings sei diese Arbeitsweise personalintensiver, „das hat seine Grenzen hinsichtlich der Kapazitäten“, und häufig sei es einfach aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nicht machbar. Ohne Anhalten laufen stationäre Messungen mit Hilfe von Radar oder ESO-Seitensensor. Das Ende der Ankündigungen stößt dem Vernehmen nach auf Zustimmung. „Das Echo, das uns erreicht“, heißt es in Mettmann, „ist hauptsächlich positiv. 95 Prozent finden‘s gut.“
Wo‘s häufig kracht – nicht, wo man am meisten Kasse macht
Die Kontrollen sind tagein, tagaus Alltagsgeschäft, und zwar auf allen Straßen im Kreisgebiet – mit Ausnahme der Autobahnen. Der Kontrolldruck habe seine Wirkung, heißt es. Denn der Gedanke im Bewusstsein „Ich weiß, ich kann geblitzt werden“ sei präsent. „Schließlich wollen wir ja für die Gefahren sensibilisieren“, erklärt Daniel Uebber. Geblitzt werde etwa an Unfallhäufungsstellen und -strecken, „also da, wo‘s häufig kracht“, so der Sprecher der Behörde. „Nicht da, wo man am meisten Kasse macht.“ Die Beamten postierten sich zudem gezielt in „schutzwürdigen Zonen“, damit sind Kitas, Schulen und Altenheime gemeint. „Wir warnen ja auch weiter“, fügt Uebber hinzu und meint die „runden Schilder mit rotem Rand und einer schwarzen Zahl“. So gesehen, könne doch niemand sagen, er habe nichts gewusst, findet er.
Wann sich ein Dienst schon gelohnt hat
Zusätzlich zum angestrebten Sensibilisieren zeigen Andreas Knops und seine Kollegen natürlich auch, „wir sind da und wir greifen ein“. Ein nicht unwesentlicher Effekt. „Wir blitzen ja nicht auf Menge“, antwortet Uebber auf Nachfrage nach absoluten Zahlen. „Und wenn‘s nur einer ist“, den man mit zu hohem Tempo an einer Kita erwische, erzählt Knops, „dann denke ich, ich bin aufgestanden, und mein Dienst hat sich gelohnt“.
Ein bisschen Unsicherheit war immer schon vorhanden
Übrigens: Völlige Gewissheit gab es bei den eingangs erwähnten Meldungen auch nie. Denn abgesehen von fehlenden Zeiten war da noch dieser Zusatz: „Alle Messungen sind natürlich abhängig von der tagesaktuellen Verkehrssituation vor Ort. Darüber hinaus müssen Sie auch an anderen Örtlichkeiten in unseren Städten mit Tempokontrollen rechnen.“ Die Einnahmen aus den Verwarngeldern fließen in die Landeskasse.
>>> Stadt Velbert hält an Ankündigungen fest
„Wir machen weiter so wie bisher. Es ist nichts anderes geplant“, lautet auf WAZ-Nachfrage die Antwort aus dem Rathaus. Die Stadt Velbert kündigt ihre Kontrollen also weiterhin an. Zur Verfügung steht stadtweit ein Fahrzeug.
Es werde vor allem in gefährdeten Bereichen eingesetzt, heißt es. Zum Beispiel im Umfeld von Kitas, Schulen und Seniorenheimen.