Ruhrgebiet. Viele Städte im Ruhrgebiet mieten oder kaufen gerade Superblitzer. Die Geräte sind sehr teuer, bieten aber gleich mehrere Vorteile.
Für 9000 Euro Monatsmiete bekommt man zur Zeit einen leerstehenden Büroturm in Castrop-Rauxel. Oder eine Luxusvilla in Hamburg („Blick aufs Wasser, Blick ins Grüne“). Oder ein komplettes Mehrfamilienhaus in Sachsen („992 Quadratmeter Wohnfläche“). Mit all dem kann die Stadt Gladbeck im Moment aber nicht viel anfangen. Sie will sich etwas Besonderes leisten.
Sie mietet einen Blitzer. Für genau 9277 Euro im Monat und auf zwei Jahre. Das hat der Ausschuss für Sicherheit und Ordnung beschlossen. Dafür bekomme man auch „das Rundum-Sorglos-Paket“, sagt der Leiter des Ordnungsamtes, Gregor Wirgs. Heißt: Bei Beschädigung gebe es Ersatz. Aber mit Beschädigung ist eigentlich gar nicht groß zu rechnen: Das Ding trägt sprechende Namen wie „semistationäre Geschwindigkeitsmessanlage“ oder eben auch: „Panzerblitzer“. Das hat seine Gründe: Es ist der Leopard 2 unter den oft etwas wehrlos wirkenden Blitzanlagen.
„Das vordringliche Ziel ist die Erhöhung der Verkehrssicherheit“
Demnächst wird also auch in Gladbeck einer stehen. Wie in immer mehr Revierstädten. Die Superblitzer sehen so unscheinbar aus wie geparkter Anhänger am Straßenrand, was vermutlich Absicht ist. Sie sollen die Raserei begrenzen, zu hohes Tempo von den Straßen nehmen und Unfälle verringern. Natürlich machen sie sich auch sonst bezahlt: Gladbeck allein rechnet mit 400.000 bis 450.000 Euro neuer Einnahmen im Jahr.
Schlechte Zeiten für zu hohes Tempo. Das Gerät verbreitet sich schnell. „Das vordringliche Ziel ist die Erhöhung der Verkehrssicherheit“, sagt Thomas Sprenger, Sprecher der Stadt Bochum. Die Blitzer würden auch an Kindergärten, Krankenhäusern und Schulen eingesetzt.
Für den Fall, dass Sie eigentlich nie durch Gladbeck oder Bochum fahren: Dann kommen die Blitzer zu ihnen. Im Jahr 2020 hatte der Kreis Recklinghausen damit angefangen, solche Geräte anzuschaffen. Jetzt gerade erobern sie das ganze Ruhrgebiet. Dortmund, Mülheim, Bottrop. Düsseldorf nebenan und den Kreis Mettmann. Duisburg auch: „Wir gehen aktuell davon aus, dass die Erprobungsphase positiv verlaufen und der Blitz-Anhänger langfristig gemietet wird“, sagt ein Sprecher der Stadt.
Sie machen sich bezahlt, weil sie kein Bedienpersonal brauchen
Im Moment testet sie ihn an wechselnden Stellen, jeweils drei bis sieben Tage. Wenn die Autofahrer und Autofahrerinnen dann begriffen haben, wird er woanders aufgestellt. Er rechnet sich auch deshalb, weil er kein Bedienpersonal braucht. Dafür hat freilich die Bußgeldstelle bald höheren Personalbedarf wegen der vielen Knöllchen.
In Lünen sind die einschlägigen Einnahmen von 110.000 auf 380.000 Euro geklettert. In Gelsenkirchen haben sie sich auf fast drei Millionen verdoppelt. Natürlich hat das auch mit den deutlich erhöhten Bußgeldern vor allem für zu schnelles Fahren zu tun. Aber eben auch mit den Blitzern.
Superblitzer haben einen eigenen Feuerlöscher
Das Gerät kann mehrere Spuren und in beide Richtungen messen - zack, von hinten. Man kann ihm variable Durchfahrtsbegrenzungen oder Tempolimits je nach Uhrzeit, Fahrzeug oder Fahrstreifen eingeben. Man kann ihn vollständig auf den Boden senken, so dass er gegen Abtransport geschützt ist.
Andere Attentate sind weitgehend sinnlos. Was wurde nicht schon alles versucht! Doch bei Wutbürger gegen Panzerblitzer hat Letzterer Vorteile: Er kann beschmiert und mit zerbrochenen Scheiben eingeschränkt weiterarbeiten, er hat einen eigenen Feuerlöscher und eine Kamera, um eventuelle Attentäter zu fotografieren.
„Unfassbar viele Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern“
„Es gibt solche und solche Reaktionen aus der Bevölkerung. Den einen freut’s, den anderen nicht“, sagt Martin Lysek vom Ordnungsamt Lünen. Gefühlt jedoch ist die Mehrheit bei den Befürwortern. Ranjo Kravanja, der Bürgermeister von Castrop-Rauxel, spricht von „unfassbar vielen Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern, die sagen: Blitzen Sie bei uns mal, bei uns wird so gerast“.
Der Kreis Recklinghausen müsste sich jüngst von einem Panzerblitzer trennen. Er hieß Paul, warum, weiß niemand, und wurde durch eine Paula ersetzt. Paul hatte eine technischen Tick entwickelt. Ob er verschrottet wird oder ob der Hersteller nochmals versucht, ihn zu reparieren, ist nicht bekannt. „Wir wünschen Paul jedenfalls alles Gute für seinen weiteren Weg“, sagt Stefan Badners, der Leiter des Ordnungsamtes. Ob es einen Großen Zapfenstreich gab, ist nicht bekannt.