Velbert. Die Mehrwertsteuer auf Speisen könnte gering bleiben – auch für Velberts Gastronomen. Freude kommt in den Restaurants dennoch nicht auf.

Möglicherweise können Gastronomen in Velbert Ende der Woche aufatmen: Am Montagabend verständigte sich die Ampelkoalition darauf, die Mehrwertsteuer auf Speisen für ein weiteres Jahr bei sieben Prozent zu belassen. „Ein erfolgreiches Zwischenergebnis“, heißt es in einer Pressemitteilung des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes Nordrhein (DEHOGA).

Ob die Bundesregierung die Maßnahme tatsächlich verlängert, soll Thema im anstehenden Haushaltsausschuss am 15. und 16. November sein. Wie reagieren die Velberter Gastronomen auf die mögliche Verlängerung?

Rückkehr zum Regelsteuersatz: Mögliches Aus für 2500 Betriebe

Zum Hintergrund: Da während der Corona-Pandemie viele Wirte einen starken Rückgang der Einnahmen verzeichneten, hatte der Bund die Mehrwertsteuer auf Speisen von 19 auf sieben Prozent gesenkt. Zunächst sollte diese Maßnahme nur vorübergehend gelten, wurde allerdings mehrfach verlängert.

Inhaberin Blazenka Biester und ihr Sohn Michael Biester von der Bürgerstube in Velbert.
Inhaberin Blazenka Biester und ihr Sohn Michael Biester von der Bürgerstube in Velbert. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Nun droht zum 31. Dezember (erneut) die Rückkehr zum Regelsteuersatz. Für viele Gastronomen heißt das: Wegen der hohen Steuern müssten sie folglich die Preise stark anheben, viele ihrer Kunden damit verschrecken – was laut DEHOGA das Aus für bis zu 2500 Betriebe in NRW bedeuten könnte.

Bürgerstube Velbert: „Es geht nicht um die 19 Prozent“

Blazenka Biester ist Wirtin in der Bürgerstube Velbert. Trotz der Verständigung der Ampelregierung glaubt sie nicht daran, dass die reduzierte Mehrwertsteuer bestehen bleibt. „Es wäre schön“, sagt sie, allerdings müsse bei den hohen Ausgaben des Staates auch wieder Geld durch die Steuer reinkommen.

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„Wir haben ja schon mit 19 Prozent gearbeitet. Es geht nicht um die 19 Prozent“, fügt Biester hinzu. Vielmehr würden die gestiegenen Energie- und Lebensmittelkosten die Bürgerstube finanziell belasten. Was bedeutet eine Verlängerung der Maßnahme für ihr Lokal? „Wir müssen trotzdem gucken, wie wir zurechtkommen.“ Auch die Preise müssten erhöht werden, jedoch nicht vor nächstem Jahr.

Jonas Wiehoff von der Kleinen Schweiz steht der Verständigung der Ampel optimistischer gegenüber. Demnach ist dies „grundsätzlich ein gutes Zeichen“. Dennoch äußert Wiehoff auch Kritik: Schließlich führe die befristete Maßnahme dazu, dass die Diskussion um die Mehrwertsteuer im kommenden Jahr erneut geführt werden müsse. Vorerst kann die Kleine Schweiz auf eine Preiserhöhung in 2024 noch verzichten.

Restaurant Stemberg: „Was soll ich denen noch glauben?“

Walter Stemberg vom Restaurant Haus Stemberg in Velbert-Neviges sieht die Senkung als überlebenswichtig an.
Walter Stemberg vom Restaurant Haus Stemberg in Velbert-Neviges sieht die Senkung als überlebenswichtig an. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Für Walter Stemberg vom gleichnamigen Restaurant Haus Stemberg führt das Hin und Her der Bundesregierung zum Vertrauensverlust: „Was soll ich denen noch glauben?“, fragt er in Bezug auf eine Abstimmung im Bundestag vom 21. September. Dort hatte die dauerhaft ermäßigte Umsatzsteuer als Maßnahme keine Mehrheit gefunden.

„Die Senkung ist für viele Gastronomen überlebenswichtig“, so Stemberg. Er fügt hinzu: „Was viele nicht verstehen: Die Gastronomen müssen die gestiegenen Umsätze von zwölf Prozent eins zu eins an den Staat weitergeben.“ Wird die ermäßigte Steuer um ein Jahr verlängert? „Das müsste ein Dauerzustand sein!“, stellt der Gastronom klar. Sollte es zur Verlängerung kommen, laufe das Geschäft so weiter wie bisher. Was ebenfalls bleibe: Die steigenden Einkaufs- und Energiekosten, die die Branche zusätzlich belasten würden.

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Landhaus Stolberg: „Es ist einer von vielen Bausteinen“

“Der Gastronomie würde es sehr weiterhelfen“, meint Kai Uwe Stachelhaus vom Landgasthaus Stolberg. Dabei sei die Mehrwertsteuer lediglich einer von vielen Bausteinen, die die Wirte unter Druck setzen – sowohl die Kosten im Lebensmitteleinkauf als auch die Gas- und Energiepreise seien weitere Herausforderungen, die im kommenden Jahr auf die Gastronomen zukommen würden.

Landgasthaus Stolberg in Velbert: Inhaber Kai Uwe Stachelhaus sieht weitere Probleme neben der Mehrwertsteuer.
Landgasthaus Stolberg in Velbert: Inhaber Kai Uwe Stachelhaus sieht weitere Probleme neben der Mehrwertsteuer. © FUNKE Foto Services | Dirk A. Friedrich

Darüber hinaus sei es schwierig, nachzuvollziehen, dass in weiten Teilen Europas die ermäßigte Umsatzsteuer die Regel sei – in Deutschland jedoch nicht. „Ich hoffe es wirklich“, antwortet Stachelhaus auf die Frage, ob er glaubt, dass im Haushaltsausschuss Ende der Woche der reduzierte Steuersatz für ein weiteres Jahr beschlossen wird.

Steuererhöhung könnte bis Ende der Woche abgewendet sein

Sowohl am 15. als auch am 16. November tagt jeweils ab 14 und elf Uhr der nichtöffentliche Haushaltsausschuss im Bundestag. Laut Christoph Meyer, Bundestagsabgeordneter der FDP, würden die SPD und Bündnis 90/Die Grünen im Vorhinein eine Verlängerung der reduzierten Mehrwertsteuer in der Gastronomie gutheißen.

Gleichzeitig stehe der Finanzierungsvorschlag: „Je mehr Menschen arbeiten gehen & auf eigenen Füßen stehen, desto weniger muss der Staat für das Bürgergeld aufwenden“, schreibt Meyer in einem Post auf „X“ (ehemals Twitter).

Der Präsident des DEHOGA Bundesverbandes, Guido Zöllick, erklärte in einer Pressemitteilung: „Jetzt bleibt zu hoffen, dass die zuständigen Gremien der Verlängerung der sieben Prozent zustimmen.“ Folglich wäre damit die Steuererhöhung zum 1. Januar 2024 abgewendet.