Velbert. Seit zehn Jahren gibt es das allgemeine Rauchverbot in der Gastronomie. Wie die einschneidende Veränderung in Velberts Kneipen angekommen ist.

Vollgequalmte Luft in der Kneipe und stinkende Klamotten nach dem Gaststätten-Besuch gehören seit nunmehr zehn Jahren der Vergangenheit an. Der Grund: Zu diesem Zeitpunkt ist das allgemeine Rauchverbot in Kraft getreten. Wie ist es den Kneipen seither ergangen?

Die striktesten Rauchverbote gelten in den drei Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Bayern und Saarland. Dem gegenüber stehen die übrigen 13 Bundesländer, in denen Ausnahmeregeln – rauchen in Nebenräumen oder Einraumkneipen – gemacht wurden.

Laut Präsident des Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA NRW, Patrick Rothkopf, haben die Diskussionen um das Rauchverbot immer auf zwei Ebenen stattgefunden: Einerseits sei es um die grundsätzliche Frage gegangen, was der Staat vorschreiben dürfe und was nicht. Andererseits hätten die Auswirkungen auf die einzelnen gastronomischen Betriebstypen im Vordergrund gestanden. „Wie wir prognostiziert haben, spielte das Thema ‘Rauchverbot in Speisegaststätten’ nur eine sehr untergeordnete Rolle“, erläutert Rothkopf. Dabei hatten es die Kneipen schwieriger: Sie seien auch wirtschaftlich betroffen gewesen.

„Rauchverbot hat der Kneipenkultur insgesamt geschadet“

Manuel Salis war bis zum Januar 2020 Besitzer des „Pilsstübchen“, bevor er die alte Bierstube übernahm. Beim Rauchverbot schüttelt er direkt den Kopf. Bereits 2008, als das Gesetz, damals gab es allerdings noch Ausnahmeregelungen, durchgesetzt wurde, wäre in seinen Kneipen nicht mehr geraucht worden. Auf einen abgetrennten Raum habe er sich nie eingelassen – somit wurden auch keine unnötigen Kosten verursacht.

„Natürlich hat es gestunken. Aber das Rauchverbot schadet der Kneipenkultur generell“, sagt der Inhaber. Anfangs sei auch die Zahl der Besucher zurückgegangen, was sich wiederum wirtschaftlich ausgewirkt habe. Mittlerweile ist der Laden wieder voll: „Wir haben auch Glück, dass wir hinten noch eine Terrasse haben, sonst müssten alle immer vor die Tür gehen“, erklärt Manuel, der als starker Raucher selbst zu den „Geschädigten“ gehört.

In den Kneipen vermissen Göste die Zigarette – beim Essen nicht

Einen Schaden hätten vor allem die speisenorientierten Betriebe nicht davongetragen, so Rothkopf. „Aber heute wünscht sich keiner mehr ernsthaft die Zigarette zum Kaffee zurück“, heißt es – sicherlich gäbe es auch Gaststätten, die davon profitierten. Ganz im Gegenteil zu den Kneipen: Ihnen habe es nicht geholfen, was auch an deren schwindender Anzahl deutlich werde. „Gastronomie hat viele Facetten und bedeutet auch, es sich gut gehen zu lassen, vielleicht auch mal unvernünftig zu sein“, fügt Rothkopf hinzu.

Ob Manuel Salis der Aussage zustimmt? „Ja, klar! Gastro ist zum Wohlfühlen da“. Auf der anderen Seite der Kneipe leert sich ein Tisch, drei Männer gehen raus – zurück bleibt ein Nichtraucher: „Ich finde es ehrlich gesagt einfach traurig das Verbot“, sagt Ulrich Koetsier, „ich bin Nichtraucher, aber die Gemeinschaft leidet darunter“. Beim Essen sei es etwas anderes, er sei auch kein Fan des Rauchens im Restaurant.

Ein Gast kommt wieder: „Ich denke jedes Mal ans Rauchverbot, wenn ich rausgehe“, gesteht er, „damit geht die Gemütlichkeit verloren“. Er nennt ein einfaches Beispiel: Bei seiner Knobel-Runde seien immer viele Raucher dabei, aber wenn von 13 Leuten nur zwei im Inneren sitzenbleiben würden und warten müssten, reiße es die Runde auseinander. „Mittlerweile kommen die auch einfach mit“.

Zapfenstreich in der Gaststätte Veith ist abzusehen

Christa Ruppert (74) führt seit 50 Jahren die Gaststätte Veith. Für sie und ihre Gäste ist das Rauchverbot kein Thema mehr: „Ich habe hier ein älteres Publikum. Die meisten haben schon lange mit dem Rauchen aufgehört – aus gesundheitlichen Gründen“. Einen Stammtisch mit Jüngeren würde es geben, „die schicke ich zum Rauchen nach draußen auf den Hof“.

Für Ruppert war auch die Ausnahmeregel keine Option – schließlich gibt es bei ihr nicht nur reichlich Getränke, sondern auch verschiedenste Mahlzeiten, zu denen erst recht keine Zigaretten passen würden. Dementsprechend habe sich die Regelung auch nicht negativ wirtschaftlich ausgewirkt, heißt es. Stattdessen erzählt sie schmunzelnd: „Ich muss nicht mehr jedes Vierteljahr die Wände streichen und die Vorhänge tauschen“.

Obwohl die Gaststätte für die 74-Jährige schon länger kein gewinnbringendes Geschäft mehr ist, hat sie täglich für ihre Stammkunden und Freunde geöffnet. Trotz ihrer selbstlosen Art ist, wie bei vielen Kult-Kneipen, auch für die Gaststätte der Zapfenstreich absehbar: „Ob ich noch ein halbes oder ganzes Jahr weiter mache, ich weiß es nicht“, gesteht Ruppert.