Velbert. Wohl jeder wünscht sich seine Stadt liebenswert, lohnenswert und vor allem lebenswert. Die IHK hat für Velberts Zukunft Überlegungen angestellt.
Velbert-Mitte habe mit der Friedrichstraße eine „extremst lange“ Fußgängerzone, wird moniert; der ehemalige Hochbunker an der Bismarckstraße, hinter dem der Panorama-Radweg Niederbergbahn verläuft, könnte zum zentralen Baustein einer „Werkssiedlung 4.0“ werden. Gewerbe soll sich künftig nach oben in eine „gestapelte Nutzung“ ausdehnen statt in die Breite und Fläche zu gehen, und der „Stadtgalerie Velbert“ mit ihren Leerständen wird eine Umorientierung von überwiegend Einzelhandel zu „gemischter Nutzung“ angeraten. Und zwar eine Mixtur wohl aus Handel und Gastronomie, aber eben auch mit Wohnen, Arbeit, Kultur und Freizeit.
„Das ist verrückt gedacht“, räumt Marcus Stimler ein. Die vier hier eingangs skizzierten Ansätze bzw. Ideen stammen aus dem neuen IHK-Positionspapier „Stadt der Zukunft“. Und das dreht sich um Velbert, wohlgemerkt mit allen drei Stadtbezirken.
Mit für gute Rahmenbedingungen sorgen
Stimler leitet seit nunmehr sechseinhalb Jahren die hiesige Zweigstelle der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Düsseldorf, zu deren Kammer-Bezirk auch das Neanderland gehört. Die Kammer versteht sich als regionale Wirtschaftsorganisation, die die Gesamtinteressen der Unternehmen aus ihrem Beritt vertritt. Sie bietet für ihre Mitglieder wirtschaftsfördernde Maßnahmen, also Dienstleistungen, an und sieht ihre Rolle grundsätzlich darin, für die nötigen, adäquaten Rahmenbedingen Sorge zu tragen.
Widerstands- und Anpassungsfähigkeit
Hintergrund des Papiers: Städte sind eh permanent einem Wandel unterworfen. In jüngster Vergangenheit sind allerdings ziemlich abrupt Einflüsse und Faktoren aufgetreten, die zuvor so eher nicht vorstellbar gewesen sind. Pandemie, steigende Energiepreise, Lieferkettenprobleme, Inflation oder auch hoher Fachkräftemangel haben das Veränderungstempo beschleunigt. Nach Langenfeld und Düsseldorf hat sich die IHK nunmehr Velbert vorgeknöpft. Die zurückliegenden Jahre hätten gezeigt, wie wichtig es sei, dass sich Städte resilient aufstellten, sagt sie. Wobei Resilienz sowohl Widerstands- als auch Anpassungsfähigkeit meint. „Um bei Risiken und Krisen entsprechende Maßnahmen ergreifen zu können, die ihre Krisenfestigkeit erhöhen und eine wirtschaftliche Stabilität garantieren“, heißt es im Vorwort.
Workshops mit Teilnehmern aus der Wirtschaft
Die nunmehr vorliegenden Handlungsansätze entstanden seit Sommer 2022 in drei Workshops, für die die IHK insgesamt mehr als 100 Teilnehmer – „ausschließlich Wirtschaftsleute“ – gewonnen hat. Externe Unterstützung lieferte das – bereits mit dem Zentren-Management in Langenberg und Mitte betraute – Büro „Stadt + Handel“ (Dortmund). „Die Projekte umsetzen können wir natürlich nicht alleine“, sagt Marcus Stimler. „Persönlich am Herzen“ liege ihm der Ansatz, „Wohnraum zu vernünftigen Preisen“ zu schaffen. Hierbei könnte die eingangs erwähnte „Werkssiedlung 4.0“ ein Prototyp sein, heißt es. Unter dem Motto „Aus alt mach neu“, indem man leerstehende oder nicht mehr gefragte Immobilien attraktiv macht. In diesem Fall bis oben hoch zu einer Dachterrasse mit Weitblick.
Flächen schonen und in die Höhe gehen
Ein Netz aus Rad-Schnellwegen sei für die Unternehmen besonders wichtig, damit die Mitarbeiter vernünftig zu den Betrieben kommen könnten, berichtet der IHK-Mann. Und da Gewerbeflächen ein knappes, wertvolles Gut seien, müsste man sich einer gestapelten Nutzung zuwenden und in die Höhe gehen. „Gewerbegebiete und -bauten brauchen nicht so auszusehen wie vor 50 oder 60 Jahren.“ So werde sich das Areal „Große Feld“ „deutlich grüner, deutlich entzerrter“ darstellen.
„Einfach kann jeder“
Zum Stichwort Fußgängerzone heißt es, der Fokus solle „maximal“ von der Sternberg- bis hoch zur Grünstraße gehen; die Konzentration auf diesen Bereich ist ja mittlerweile ohnehin erklärter Wille. Das Positionspapier wurde wenige Tage nach der Ankündigung publik, die Modekette „Aachener“ wolle 2024 in die Stadtgalerie gehen. Mit einer weniger Einzelhandels-dominierten, stattdessen gemischten Nutzung, zeigen sich die Autoren überzeugt, könne es gelingen, die Galerie zu einem hochfrequentierten Standort zu machen.
Dass die Umsetzung der Ideen – auch in Teilen – keine unbedingt leichte Übung sein dürfte, ist selbstverständlich auch Marcus Stimler klar. „Einfach kann jeder“, hält er dagegen. Und er glaube, mit der Unterstützung der Stadt und ihrer Verwaltung rechnen zu können.
>>> IHK stellt ihr Papier im Fachausschuss vor
Das Positionspapier „Stadt der Zukunft“ ist am Dienstag, 7. November, um 17 Uhr Thema im Ratsausschuss für Stadtplanung und Mobilität. Das Gremium tagt im Saal Velbert (Rathaus, Thomasstraße 1). „Stadt der Zukunft“ kommt erst gegen Ende der öffentlichen Tagesordnung als 17. Punkt an die Reihe. Die Präsentation übernehmen Marcus Stimler, Zweigstellenleiter der IHK in Velbert, und Mike Richter, Vorsitzender des IHK-Ausschusses Velbert.
Zu den weiteren Themen der Sitzung gehören der Flächennutzungsplan „Nördliche Bonsfelder Straße“, die Bebauungspläne „Schanzenweg“ sowie Friedrich-/Grün-/Offerstraße (Hertie-Areal) und die Änderung der Stellplatz- und Stellplatzablösesatzung.