Velbert. Gerade erst hat die Stadt Velbert eine neue Unterkunft für Flüchtlinge geschaffen. Aber auch das reicht nicht. Bald geht’s an diese Sporthallen.
Die Ereignisse überschlagen sich, und die Zahlen stehen dem in nichts nach: „Es wird ein heißer Winter. Wir stehen mit dem Rücken zur Wand“, schildert Gerno Böll die aktuelle Situation und die absehbare Entwicklung. Man habe gerade einmal vor einer Woche begonnen, die von der Stadt angemietete und für die Unterbringung von Flüchtlingen hergerichtete Etage einer Gewerbe-Immobilie in der Röbbeck zu beziehen. „Die ersten 30 von 80 dort neu geschaffenen Plätze sind bereits belegt“, berichtet der Fachdezernent, „die übrigen werden es innerhalb von drei Wochen ebenfalls sein.“
Damit ist jetzt absehbar: Auch in Velbert werden aus Turnhallen wieder Unterkünfte.
Im nächsten Schritt womöglich die Halle Waldschlösschen in Velbert-Neviges
Es sei nicht auszuschließen, führte der Erste Beigeordnete nämlich auf Nachfrage dieser Zeitung weiter aus, dass noch in diesem Jahr die beiden benachbarten Turnhallen Fontanestraße/Papenfeld für den Schul- und Vereinssport geschlossen und umfunktioniert werden müssten. Dort könne man 100 Plätze schaffen. Bei 30 bis 40 Zuweisungen pro Monat sei auch das allerdings binnen kurzer Zeit ausgereizt. Womöglich werde dann eine weitere Halle Anfang nächsten Jahres erforderlich. Das wäre voraussichtlich die Halle Waldschlösschen, in der die Stadt schon einmal Flüchtlinge untergebracht hat. „Das würde sich anbieten.“
Zum Jahresende keine freien Kapazitäten übrig
„Um solche Schließungen und Umnutzungen vermeiden zu können, müssten die Zahlen bzw. Zuweisungen wirklich signifikant heruntergehen und das tun sie nicht.“ Böll weiter: „Wir haben natürlich Sorge, dass der soziale Zusammenhalt gefährdet ist.“ Ein Container-Dorf brauche zwölf bis 18 Monate Vorlauf, „auch da sind wir dran“. Überdies sei die Verwaltung schon lange tätig. „Wir haben zum Beispiel mittlerweile rund 120 Wohnungen für 400 Menschen angemietet und jetzt mit der Wobau ein weiteres Paket mit zehn Wohnungen vereinbart.“ Der Standort Hohlstraße sei quasi mit Inbetriebnahme voll gewesen, die Heeger Straße noch in Bau. Dort ist die Inbetriebnahme wohl Anfang 2025 möglich.
Gerüchte und Diskussionen
„Voll ausgelastet“ heißt es überdies auch bei den Unterkünften Siebeneicker-, Kuhler-, Hohenzollern- und Heidestraße. Fazit unterm Strich: „Zum Jahresende verfügt die Stadt über keinerlei freie Kapazitäten mehr.“ Gerüchte und Debatten im Netz, deren zufolge der Bereich Sonnenblume für zusätzliche Kapazitäten im Fokus sei, kommentiert der Fachdezernent auf Nachhaken so: „Das ist kein favorisierter Standort der Verwaltung.“ Mit Priorität unter die Lupe genommen würden „vielmehr ganz andere Standorte“.
Zuweisungszahlen steigen
Die NRW-weit dafür zuständige Bezirksregierung Arnsberg hat Velbert im Oktober bislang 97 und damit so viele Menschen zugewiesen wie noch in keinem Monat dieses Jahres zuvor. Im September waren es 41, im August 29 und davor zwischen einem und 13. Bei den Herkunftsländern dominiert Syrien, gefolgt von der Ukraine und Türkei. Derzeit leben 816 ukrainische Kriegsflüchtlinge in Velbert.
Mit Kantine, Schulungsraum und Kinderbetreuung
In der Röbbeck haben Kräfte vom DRK-Kreisverband Mettmann vor etwa 14 Tagen die eingangs erwähnte Unterkunft eingerichtet. So u. a. mit Betten und Spinden. Der Standort verfüge über einzelne Räume für bis zu acht Menschen und sei sowohl für Familien als auch für Einzelpersonen gedacht, berichtet Jürgen Wosimski, der die Ausstattung insgesamt als „gut“ bewertet. Das gelte nicht zuletzt für die ehemalige Kantine mit ihren Geräten, nennt der Leiter des Fachbereichs Bürgerdienste ein Beispiel. Es gebe einen Extra-Raum für die Kinderbetreuung und einen für Schulungszwecke wie Deutschkurse. Die Einrichtung werde vom DRK betrieben und betreut.
Menschenwürdige Unterbringung zunehmend problematischer
Für Böll und die Fachverwaltung stellt sich allerdings keineswegs bloß die rein quantitative Frage, sondern zunehmend auch eine qualitative. „Eine menschenwürdige Unterbringung wird immer schwieriger. Und wir werden leider auch prüfen müssen, ob wir bei den Einrichtungen an der Belegungsdichte etwas ändern müssen.“
>>> Zwei Hallen sind aktuell ohnehin schon gesperrt
Die Hallensituation ist vor Ort ohnehin angespannt. Neben der Halle Nizzatal in Langenberg – an der Panner Straße muss die Sperrung wegen der Deckensanierung verlängert werden – ist die stadtweit größte Halle Langenberger Straße in Mitte ebenfalls wegen Sanierung zu. Die Arbeiten dauern voraussichtlich bis incl. Februar.
Die Sporthallen im Bereich Fontanestraße haben nach Auskunft der Sportverwaltung u. a. folgende Nutzer: Kreis-Förderzentrum Nord, Gesamtschule Mitte, Gerhart-Hauptmann-Grundschule, VSG, SSVg, RSC Neviges, Kita Wordenbeck und KG Urgemütlich. Zudem trifft sich dort die Feuerwehr zum Dienstsport.