Neviges. Um viel Geld und Schmuck wurden auch schon in Velbert viele ältere Menschen betrogen. Polizei hat Tipps parat, wie man sich davor schützt.

Schockanruf, Enkeltrick, falscher Amtsträger: Immer wieder fallen Seniorinnen und Senioren auf dreiste Trickbetrüger herein, lassen sich einschüchtern, geben vor lauter Angst hohe Geldbeträge heraus. Erst vor wenigen Tagen hat ein falscher Wasserwerker einen 91-jährigen Velberter in dessen Wohnung bestohlen. Diese und viele andere Fälle nahm die evangelisch-reformierte Kirchengemeinde in Velbert-Neviges zum Anlass, eine Expertin ins Gemeindehaus Siebeneicker Straße einzuladen. Vorweg gesagt: Der Vortrag von Kriminalhauptkommissarin Ilka Steffens von der Kreispolizei Mettmann kam beim Publikum gut an.

„Sehr informativ“, lobt Anne Marthe Gutsche. Viele Menschen seien leider zu leichtgläubig. „Man darf nicht alles glauben“, betonte sie. Auch Hedwig Lukas gefiel der Nachmittag. Zwar habe sie nichts Neues aus dem Vortrag mitgenommen habe. „Ich kenne das alles.“ Aber auch eine Vertiefung von Wissen kann ja nicht schaden, wenn es um ein so wichtiges Thema geht.

Polizistin in Velbert warnt: Jeder kann Opfer von Trickbetrügern werden

Jede Menge Info-Material hatte Kriminalhauptkommissarin Ilka Steffens ins evangelische Gemeindehaus mitgebracht.
Jede Menge Info-Material hatte Kriminalhauptkommissarin Ilka Steffens ins evangelische Gemeindehaus mitgebracht. © FUNKE Foto Services | Sebastian Sternemann

Denn die Trickbetrüger werden immer dreister: Geben sich als Polizisten, Bankmitarbeiterinnen oder Anwälte aus. Sie halten ihre Opfer über Stunden am Telefon, tischen Lügen auf und verbreiten Angst mit Schockanrufen Angst, so Ilka Steffens. So verschieden die Masche, das Ziel sei immer gleich: Geld und Wertsachen zu erbeuten. Callcenterbetrug nenne sich diese Form der organisierten Kriminalität. Und niemand sei davor gefeit. „Da fall ich nicht drauf rein, ich bin ja nicht dumm.“ Diesen Satz höre sie öfters, sagte Steffens und betonte, dass jeder Opfer von Callcenterbetrug werden könne. „Es kommt nur darauf an, in welcher Situation Sie die Täter am Telefon erwischen. Jeder hat eine Lebensgeschichte, Erfahrungen und emotionale Momente.“

„Angst reduziert die Gehirnleistung“

Obwohl die Täter aus dem europäischen Ausland anrufen, seien sie nicht am Akzent zu erkennen. Sie seien vielmehr „brillante Rhetoriker“, energisch und dominant, sagte Steffens. Die Verbrecher nutzen demnach Triggerworte wie Gefahr, Polizei, Bürgerpflicht oder Vermögen, um die Opfer einzuschüchtern. Ziel der Anrufer: Ihre Opfer so lange wie möglich am Telefon zu halten und diesen keine Möglichkeit zum Nachdenken zu geben. Selbst beim Geldabheben in der Bank werde das Telefonat nicht unterbrochen, so die Kommissarin. „Angst reduziert die Gehirnleistung“, erklärte Steffens und betonte, dass meist intelligente Menschen auf die Maschen hereinfallen.

Das Publikum hört drei Betrugsmaschen

Diese drei Betrugsarten stellte Steffens vor: Der Enkeltrick, falsche Amtsträger und Schockanruf. Zum Enketrick: Das Telefon klingelt, am anderen Ende der Leitung sagt eine unbekannte Stimme „rate doch mal, wer hier ist“. Wer mit einem Namen, etwa eines Enkels, antwortet, gibt dem Täter unbeabsichtigt wichtige Informationen heraus. Der Täter gibt nun vor, dass er Enkel XY sei und unbedingt Geld brauche. Etwa, um beim Notar eine Anzahlung für eine Immobilie zu leisten. Man vereinbart einen Übergabetermin, kurz darauf ruft der „Enkel“ erneut an und sagt, dass er nicht kommen könne, aber eine Freundin vorbeischicke. Er nennt ein „Passwort“ für die Übergabe und legt auf – das Treffen findet statt und das Geld ist weg.

Täter rufen oft abends oder nachts an

Zum falschen Amtsträger: Bei diesem Trick ruft der Täter spät abends oder nachts an. Er gibt sich als Polizist aus und erzählt, dass in der Nachbarschaft eine bewaffnete Bande unterwegs ist und noch in der Nacht einen Einbruch verüben wird. Es wird Druck aufgebaut, der falsche Polizist bietet an, einen Kollegen zu schicken, der die Wertsachen, die vor der Tür abgestellt werden sollen, über Nacht in Sicherheit bringt. Ihren Schmuck und andere Wertsachen sehen die Opfer danach nie wieder.

Der „Schockanruf“ ist besonders perfide

Beim „Schockanruf“ wird besonders gemein mit den Gefühlen der Opfer gespielt: Meist vormittags klingelt das Handy und eine verzweifelt schluchzende, kaum zu verstehende Stimme meldet sich etwa mit den Worten „Mama, du musst mir helfen“. Das Schluchzen bricht ab und eine autoritäre Stimme übernimmt das Gespräch. Diese erzählt etwa, dass die Tochter ein Kind umgefahren hat und dem Haftrichter vorgeführt werden soll. Bei Zahlung einer Kaution müsse die Tochter jedoch nicht in Untersuchungshaft, versichert die Stimme und verlangt eine hohe fünfstellige Summe. Nach Anweisung soll das Geld übergeben werden, etwa auf dem Parkplatz eines Amtsgerichtes – auch in diesem Fall sieht das Opfer das Geld nicht wieder.

Erster Tipp: auflegen und durchatmen

Doch was tun, wenn das Telefon klingelt und eine unbekannte Stimme erklingt? Steffens erster Tipp: auflegen und durchatmen. „Danach sollten Sie selbstständig die Polizei über den Notruf oder die Nummer der Wache informieren. Und am besten eine Vertrauensperson kontaktieren“, rät die Kommissarin. Zum Schutz vor Betrugsanrufen lautet ihr Rat: Telefonbucheintrag verändern oder löschen, generell sparsam mit persönlichen Daten sein, niemals Handynummern herausgeben – auch nicht beim Onlineshopping oder Abschluss einer Kundenkarte im Laden. Nie am Telefon über Finanzen oder Wertgegenstände sprechen, unbekannte Telefonnummern erst gar nicht annehmen. Zum Telefonieren feste Rituale mit Angehörigen und Freunden einstudieren – diese müssen sich etwa mit Vor- und Nachname melden. Und den Router so einstellen bzw einstellen lassen, dass nicht alle Nummern durchgestellt werden. Und ein letzter Tipp: Wenn jemand klingelt, sich als Wasserwerker, Pflegedienst oder sonst wer vorstellt: Niemals fremde Menschen in die Wohnung lassen.

>>>Hier gibt es Informationen für Senioren

Die Kreispolizei Mettmann hat auf ihrer Homepage ein ganzes Informationspaket für Senioren geschnürt auf www.mettmann.polizeu.nrw/senioren.

Die evangelische Kirchengemeinde will auch in Zukunft immer mal wieder Experten einladen, die Vorträge zu aktuellen Themen halten.