Velbert. Die Lehrwerkstatt Velbert erfindet sich permanent ein bisschen neu. Zum Üben gibt’s jetzt eine Juniorfirma mit knallbunten Produkten.

Eine Einrichtung wie die „Gemeinschaftslehrwerkstatt der Industrie von Velbert und Umgebung“ (GLW) mag zwar mit Fug und Recht stolz auf ihre weit mehr als 80-jährige Tradition und Expertise sein, darauf ausruhen kann sie sich nicht. Im Gegenteil: Die GLW muss sich immer wieder und eigentlich permanent ein bisschen neu erfinden. Muss Schritt halten. Und deshalb passiert an der Poststraße auch schon längst weitaus mehr als Feilen und Fräsen. Erstausbildung und Weiterbildung – traditionell für Berufe in der heimischen Metall- und Elektroindustrie – sind das Kerngeschäft. Mit einer Junior-Firma, die allerdings erst einmal ausschließlich Übungszwecken dient, bringt die Werkstatt jetzt Kaufmännisches und 3-D-Druck zusammen.

Azubine in der Velberter Werkstatt

„Das ist die Technologie der Zukunft“, kommentiert Waltraud Reindl. Bislang ist die Übungsfirma – eine Initiative der Geschäftsführerin (seit 2019) – ein Ein-Frau-Unternehmen. Nämlich das von Jill Hammermeister. Die 19-jährige Velberterin ist Azubine im zweiten Lehrjahr und angehende Kauffrau für Büromanagement – übrigens für eigene GLW-Zwecke.

Beim Zukunftsprojekt für Automotive in der Region dabei

Die Ausbilder der Gemeinschaftslehrwerkstatt leisten jetzt auf Anfrage auch Hilfestellung für die Auswahl neuer Lehrlinge.
Die Ausbilder der Gemeinschaftslehrwerkstatt leisten jetzt auf Anfrage auch Hilfestellung für die Auswahl neuer Lehrlinge. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

„Sie ist Einser-Kandidatin, und ich will ihr mehr Entfaltungsspielraum geben“, schildert die Geschäftsführerin einen ihrer Beweggründe. Die Lehrwerkstatt habe aktuell 22 solcher Drucker, „aber wir rüsten immer wieder auf“. Mehr noch: Aktuell herrscht zwar an der Poststraße Ferien-Ruhe, aber innen läuft die Akquise für die Weiterbildung zum Maschinenanlagenführer. Zudem werden Renovierungsarbeiten durchgeführt und im Erdgeschoss ein Raum für die künftigen Cobots und Roboter gebaut bzw. eingerichtet. Das gehört zu dem Engagement der GLW bei dem Zukunftsprojekt „Transformation der Automotive-Industrie in der Bergischen Region“.

Knallbunt und aus Kunststoff

„Ich liebe 3-D-Drucker, seit ich sie das erste Mal gesehen habe“, schwärmt Jill Hammermeister und erzählt, dass es im Alltag der Juniorfirma nicht in erster Linie um ein „bierernstes Produkt“ geht, sondern vielmehr um die gesamten Prozesse: Kalkulation, Preisfestsetzung, Angebote etc. Produkte gibt es allerdings auch. Alle knallbunt und natürlich aus Kunststoff: etwa Schildkröte und Reh als Smartphonehalter, Flaschenverschlüsse, Energy-Boxen, „Steppkes“-Anhänger für die Kinder einer gleichnamigen Kita und – tja, ein Gesäß mit Ohren. In verschiedenen Größen, aber immer knackig in Form. „Auf Messen gehen die richtig steil“, gibt Jill Hammermeister die Reaktionen wieder.

Die GLW hat aktuell 22 3-D-Drucker in Betrieb. Das Foto zeigt die Geschäftsführerin Waltraud Reindl und die angehende Kauffrau für Büromanagement Jill Hammermeister.
Die GLW hat aktuell 22 3-D-Drucker in Betrieb. Das Foto zeigt die Geschäftsführerin Waltraud Reindl und die angehende Kauffrau für Büromanagement Jill Hammermeister. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Nach den Ferien bekommt sie Verstärkung. Dann stoßen fünf neue Azubis hinzu, „die Spaß dran haben“, so Reindl. Sie berichtet, dass im Zuge der erweiterten Ausbildung auch sämtliche gewerblichen Teilnehmer – also sowohl Metaller als auch Elektro – die 3-D-Drucker-Abteilung durchlaufen.

Hilfestellung beim Auswahlverfahren

Angesichts der sich mehrenden Berichten von Firmen in der Region, deren zufolge Bewerber nicht mehr die gewohnten (und auch gefragten) Kompetenzen und Fertigkeiten mitbringen, bietet die Lehrwerkstatt unter dem Motto „Jeder hat klein angefangen, aber welcher ist der Richtige?“ jetzt im Vorfeld des neuen Ausbildungsjahres ihre Unterstützung und Hilfe beim Auswahlverfahren an. „Wir müssen dabei auch andere Aspekte in den Fokus nehmen“, betont Waltraud Reindl. „Und unsere Ausbilder sind so erfahren, dass sie sofort sehen, was die Jungen und Mädchen draufhaben.“ Die Ergebnisse der Testung würden dokumentiert und seien eine professionell fundierte Entscheidungshilfe (Kontakt über www.glw-velbert.de oder unter 02051 63250).

>>> Enge Zusammenarbeit mit der Industrie

Die GLW arbeitet bei der Ausbildung eng mit der heimischen Metall- und Elektroindustrie zusammen. Sie kümmert sich um junge Auszubildende und Umschüler und bietet insgesamt 240 Ausbildungsplätze.

Die Ausbildung gliedert sich in die Bereiche Metall mit Industrie-, Werkzeug-, Zerspanungsmechaniker sowie Maschinen- und Anlagenführer und Elektronik mit Mechatroniker (KIA/KIS), Elektroniker (Geräte & Systeme), Elektroniker (Betriebstechnik), Elektroniker (Informations- und Systemtechnik), Elektroniker (Automatisierungstechnik) und Elektriker (Gebäude- und Infrastruktursysteme).