Velbert. Die meisten der von der Convivo-Pleite in Velbert betroffenen Senioren haben eine neue Bleibe gefunden. Wie es nun weiter geht.

Die gute Nachricht hat Kreissozialdezernent Marcus Kowalczyk ins Velberter Rathaus mitgebracht. Von den 102 Senioren, die wegen der Convivo-Pleite aus dem Seniorenheim am Wordenbecker Weg ausziehen müssen, sind 77 bereits mit neuen Heimplätzen versorgt. Am Dienstagabend tagten Haupt- und Sozialausschuss des Velberter Rates gemeinsam. Einziges Thema: die Lage nach der Convivo-Pleite.

Velberter Politiker entsetzt über Entwicklung im Convivo-Heim

Die Politiker aller Ratsparteien äußerten ihr Entsetzen über die Entwicklung in dem Velberter Seniorenheim. Auch, wenn für die meisten Bewohner eine neue Bleibe gefunden worden sei, so würden die alten Männer und Frauen doch aus ihrer gewohnten Umgebung gerissen und müssten sich jetzt neu orientieren. Immer wieder kam die Frage auf, ob nicht die Stadt selbst Seniorenheime betreiben könnte, wie es einige Städte schon machten.

Bürgermeister Dirk Lukrafka erklärte hingegen, dass andere Städte mit solchen Plänen vor Gericht gescheitert seien. Außerdem habe die Stadt keine Expertise zum Betreiben von Seniorenheimen. In nichtöffentlicher Sitzung forderten die Ratspolitiker schließlich die Stadtverwaltung auf, zu klären, welche Rolle die öffentliche Hand künftig für den Betrieb von Seniorenheimen einnehmen könnte.

Weitere Heim-Betreiber stehen vor der Insolvenz

Der Betrieb von Seniorenheimen ist keine einfache Aufgabe. Insolvenzverwalter Dr. Christoph Morgen berichtete – ohne Namen zu nennen – von weiteren Pflegeheimbetreibern, die kurz vor der Insolvenz stünden. Gründe dafür seien die Coronapandemie – die Heime seien in dieser Zeit nicht genügend ausgelastet gewesen. Es fehle zudem an Pflegepersonal, das dann oftmals teuer bei Leiharbeitsfirmen eingekauft werden müsse. Und schließlich seien die Pflegesätze schon länger nicht angepasst worden.

Bewohner, Angehörige, Spaziergänger und Mitarbeiter reagierten schockiert auf die Nachricht von der Schließung des Seniorenheimes in Velbert.
Bewohner, Angehörige, Spaziergänger und Mitarbeiter reagierten schockiert auf die Nachricht von der Schließung des Seniorenheimes in Velbert. © Tom C. Hoops | Tom C. Hoops

Bürgermeister Dirk Lukrafka und die Sprecher sämtlicher Fraktionen waren sich in der anschließenden nichtöffentlichen Sitzung einig, dass sie auf Bundes- und Landesregierung einwirken wollen, die derzeitige Pflegesituation auch aus gesetzgeberischer Sicht zu überdenken. Diese Situation stellt sich in der Weise dar, dass der Betrieb eines Seniorenheimes und das Eigentum am Grundstück und an den Gebäuden in den meisten Fällen – so auch im vorliegenden Fall – nicht in einer Hand sind und die daraus resultierenden Mieten für den Betreiber des Seniorenheimes oft nicht bezahlbar sind.

40 Senioren haben in Velbert eine neue Bleibe gefunden

Von den 25 noch unversorgten Senioren vom Wordenbecker Weg, so führte Kowalczyk weiter aus, seien fünf bereits in konkreten Verhandlungen. Auch für die anderen seine Plätze vorhanden. Insgesamt seien nach der Pleite 200 Heimplätze angeboten worden. Etwas 40 ehemalige Bewohner des Wordenbecker Weges hätten in Velbert einen neuen Platz gefunden – in einigen Heimen wurde dafür die Doppelzimmer-Quote erhöht. Für die anderen habe man in der Umgebung etwas gefunden – in den Nachbarstädten wie Wuppertal und im benachbarten Ennepe-Ruhr-Kreis. Einige hätten auf eigenen Wunsch einen Platz weiter weg gefunden, weil dort nahe Verwandte leben.

Bis zum 15. Juni sollen die Umzüge abgeschlossen sein. Nach Angaben von Insolvenzverwalter Dr. Christoph Morgen müsse das Heim zu diesem Termin geschlossen werden, weil danach kein Geld mehr vorhanden sei, um die Pflegekräfte zu bezahlen.

Auch der letzte Aufzug im Servicewohnbereich funktioniert nicht mehr

Am Wordenbecker Weg wohnen bleiben die Senioren, die dort einen Mietvertrag für das sogenannte Servicewohnen haben – sie werden von einem externen Pflegedienst und Caterer versorgt. Und ihre Situation hat sich dramatisch verschlechtert. Denn auch der letzte Aufzug im Haus funktioniert nun nicht mehr, so dass die gehbehinderten Menschen ihre Wohnetagen nicht mehr verlassen können, wie Kreisdezernent Kowaczyk schildert. Sie können nun nicht mehr zum gemeinsamen Essen in den Speiseraum, bekommen die Mahlzeiten in die Wohnung gebracht und müssen den Tag dort allein verbringen. Kowalczyk sicherte zu, dass man alles versuche, wenigstens einen Aufzug durch eine Firma wieder in Gang bringen zu lassen.

Dieses Convivo-Auto, das in Velbert geparkt ist, ist offenbar schon länger nicht mehr im Einsatz gewesen.
Dieses Convivo-Auto, das in Velbert geparkt ist, ist offenbar schon länger nicht mehr im Einsatz gewesen. © Tom C. Hoops

Heimplatzsuche in Velbert wird nun schwierig

Prekär ist die Lage auch für all diejenigen, die für sich oder für Angehörige in den nächsten Monaten einen Altenheimplatz in Velbert suchen. Denn hier sind alle Platzreserven ausgeschöpft. Und mit der Einrichtung am Wordenbecker Weg entfallen auf Dauer mehr als hundert Plätze in der Schlossstadt. Denn wenn nicht schnell ein Betreiber gefunden wird – danach sieht es derzeit nicht aus, allein schon, weil Personal fehlt –, erlischt der Versorgungsvertrag, eine Art „Betriebserlaubnis“ für das Heim. „Sollte diese dann später neu beantragt werden, müssen aktuelle Auflagen erfüllte werden“, so Kowalczyk. Rettungswege, Aufzüge und Brandschutz in dem Gebäude am Wordenbecker Weg erfüllten diese nicht. Sollte das Gebäude dann weiter als Heim geführt werden, müsste einiges geändert – und ordentlich investiert – werden.