Velbert. Das Convivo-Altenheim am Wordenbecker Weg in Velbert macht zum 15. Juni dicht: Angehörige und Bewohner stehen unter Schock und sind richtig sauer.
Mit dieser Schock-Nachricht hatte keiner gerechnet – nun herrscht im Seniorenzentrum Velbert am Wordenbecker Weg eine Mischung aus Fassungslosigkeit, Wut und Hilflosigkeit – bei Bewohnern, Angehörigen und Mitarbeitern gleichermaßen, denn alle stehen durch die Schließung des Heims zum 15. Juni vor einer ungewissen Zukunft.
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Auch ein Velberter, dessen 90-jährige Mutter dort am Wordenbecker Weg wohnt, hat von den Schließungsplänen aus der Presse erfahren – und fragt sich nun, wie viele andere auch: „Wo soll meine Mutter denn jetzt hin?“
117 freie Heim-Plätze – allerdings teilweise weit entfernt von Velbert
Mittlerweile wurden dem Kreis Mettmann, der eine entsprechende Liste erstellt hat, 117 freie Heimplätze in der Region gemeldet – „allerdings“, so Katharina Krause vom Kreis, sei der Begriff „Region“ recht weit gefasst und schließe beispielsweise nicht nur das gesamte Kreisgebiet ein (das im Süden ja bis Monheim reicht, knapp 50 Kilometer von Velbert entfernt), sondern auch Hattingen und den Ennepe-Ruhr-Kreis.
Mutter einer Velberter Heim-Mitarbeiterin spricht von einer „Schande“
Auf der Facebookseite der WAZ Velbert meldet sich die Mutter einer Mitarbeiterin zu Wort: „Schlimm, wie man mit Menschen umgeht. Man nimmt den alten, pflegebedürftigen Menschen ihr Heim weg – und den Mitarbeitern ihre Existenz.“ Banken und Fluglinien würden vom Staat gerettet, „aber wenn es um alte Menschen geht, die wirklich Hilfe brauchen, wird nichts unternommen. Es ist eine Schande!“
Angehörige berichten von emotionaler Achterbahnfahrt
Eine andere Angehörige, deren Schwiegervater in der Einrichtung lebt, schreibt über das emotionale Auf und Ab der letzten Monate seit der Convivo-Insolvenz: Die letzte Auskunft sei gewesen, dass ein Käufer gefunden und alles gut sei: „Wie bitte soll ein normaler Bürger in 14 Tagen etwas Neues finden? Unsere Heime sind doch eh überfüllt und am Limit.“
Immer wieder wird in den Kommentaren auch der Ruf in Richtung Stadt laut, etwas zu unternehmen – zumindest interimsweise den Betrieb zu übernehmen: „Warum steht die Stadt nicht für eine Zwischenzeit als Träger bereit?“, heißt es dort beispielsweise. Man könne doch nicht einfach in kürzester Zeit so viele alte Menschen aus ihrem Umfeld reißen.
CDU Velbert will sich des Themas annehmen – aber nicht im aktuellen Fall
Während sich die Stadt Velbert bis Montagmittag nicht öffentlich geäußert hat, hat die CDU Velbert ein Video vor Ort produziert, in dem sich Fraktionsvorsitzender Nico Schmidt und Fraktions-Pressesprecher Heinrich Röhr zu Wort melden: Man habe nicht mit einer solchen Nachricht gerechnet und sei fassungslos. Schmidt verweist darauf, dass man schon im Kommunalwahlprogramm 2020 „recht deutlich geschrieben“ habe, dass man darüber nachdenken müsse, ob es nicht Pflegeheime in kommunaler Trägerschaft geben könne. Jetzt sei der richtige Zeitpunkt, mit der Verwaltung noch einmal über Möglichkeiten zu sprechen, meint der Fraktionsvorsitzende – sagt aber direkt: „Das wird nicht einfach, das wird nicht schnell und das wird auch nicht billig.“ Auf eine konkrete Nachfrage stellt Schmidt auch klar, dass aus seiner Sicht im aktuellen Fall keine Übernahme der Trägerschaft durch die Stadt Velbert in Frage kommt: „Wir haben im ,Konzern Stadt’ aktuell nicht die notwendige Expertise um das Heim selbst zu betreiben.“
SPD kann sich Übernahme der Trägerschaft durch Stadt Velbert vorstellen
Das sieht die SPD offenbar anders – und beantragt eine Sondersitzung des Hauptausschusses zusammen mit dem Sozialausschuss, um über das weitere Vorgehen der Stadt zu beraten. „Denkbar wäre eine Übernahme des Heims durch die Stadt oder den Kreis“, so SPD-Chef Matthias Gohr: „Altenpflege muss wieder zur Daseinsvorsorge zählen, die Renditeerwartungen der Immobilienbesitzgesellschaften sind einfach zu hoch.“ Heute seien lediglich fünf Prozent der Alten- und Pflegeheime noch in kommunaler Trägerschaft, so unter anderem in Hilden. „Die beiden Seniorenheime werden getragen von den Seniorendiensten der Stadt Hilden, einer hundertprozentigen Tochter der Stadt“, so Fraktionsvorsitzender Rainer Hübinger: „So eine Gesellschaft könnte sich die SPD auch für Velbert vorstellen.“
Bewohner am Wordenbecker Weg weinen und sind völlig verzweifelt
In mehreren Mails von Angehörigen an die WAZ-Redaktion wird deutlich, wie verzweifelt die Stimmung am Wordenbecker Weg seit Freitag ist. „Viele Senioren sind in eine Schockstarre verfallen, begreifen den Umfang der Veränderungen gar nicht – dass sie schon in 14 Tagen aus ihrem gewohnten Umfeld raus müssen und – wenn ein Platz gefunden wird – der vermutlich weit weg von Velbert, weit weg von ihrer Familie ist, dass sie ihre Bekanntschaften verlieren werden. Die Tochter einer Bewohnerin schreibt von „bitteren Tränen“, die ihre Mutter vergossen habe: „Sie ist völlig verzweifelt.“