Velbert. Als der Insolvenzverwalter die Angehörigen am Wordenbecker Weg in Velbert über die Heim-Schließung informiert, kochen die Emotionen hoch.

Mit Buh-Rufen und bissigen Kommentaren werden Insolvenzverwalter Dr. Christoph Morgen und Einrichtungsleiterin Katja Ullmann in der Cafeteria des Seniorenzentrums Velbert am Wordenbecker Weg empfangen, wo sie Bewohner und Angehörige über die Gründe der Schließung und alternative Heimplätze informieren wollen. „Da ist die Altenheim-Mafia ja“, ist fast noch einer der netteren Kommentare, die ihnen entgegenschlagen.

Die Stimmung in der Cafeteria ist spürbar aufgeheizt: Angehörige sind stinksauer, dass das Heim schließt – und das auch noch so kurzfristig. Dazu mischt sich die Verzweiflung der Bewohner, die langsam verstehen, dass sich ihr Leben, ihr Alltag in nicht einmal zwei Wochen noch einmal komplett ändern wird.

Insolvenzverwalter erklärt in Velbert, wie es zur Not-Schließung kommen konnte

Insolvenzverwalter Dr. Christoph Morgen versucht es zunächst mit sachlichen Erklärungen: Convivo selbst besitze keine einzige Immobilie, sondern sei auch am Wordenbecker Weg nur Mieter gewesen. Er sei überzeugt gewesen, mit einem neuen potenziellen Betreiber auch für das Velberter Seniorenzentrum eine zukunftsfähige Lösung gefunden zu haben, so Dr. Morgen, dann jedoch habe der Eigentümer – eine Fondsgesellschaft – auch einen Insolvenzantrag gestellt. Das sei so nicht vorhersehbar gewesen, betont Dr. Morgen – und so könne er sich am Ende bei Bewohnern und Angehörigen nur entschuldigen: Der Betreiber sei an 17 Heimen interessiert gewesen, in 16 Fällen habe es geklappt, nur eben am Wordenbecker Weg leider nicht. Auch, weil die finanzierende Bank nicht kompromissbereit gewesen sei. „Wir haben schlicht kein Geld in der Kasse, der Betrieb macht jeden Monat Verluste“, so der Insolvenzverwalter.

Laut Insolvenzverwalter ist an „allen Ecken und Enden“ Geld verschwunden

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Als er im Januar bestellt worden sei, habe er auf dem Velberter Konto gerade einmal 1000 Euro vorgefunden. „Ich kann doch nur mit dem arbeiten, was ich vorfinde – und was ich vorgefunden habe, ist eine große Gruppe mit einem Haufen Chaos“, so der Rechtsanwalt. Es sei an allen Ecken und Enden Geld weggekommen. Dieses Geld werde man nun zusammen mit der Staatsanwaltschaft suchen.

Das Seniorenzentrum Velbert am Wordenbecker Weg wird geschlossen. Angehörige und Mitarbeiter sind noch immer schockiert.
Das Seniorenzentrum Velbert am Wordenbecker Weg wird geschlossen. Angehörige und Mitarbeiter sind noch immer schockiert. © Tom C. Hoops

So kann Dr. Morgen den Angehörigen und Bewohnern auch keine Antwort darauf geben, wo denn die Investitionszulagen, die gezahlt wurden, geblieben sind.

Taschengeldkonto der Bewohner in Velbert scheint weitgehend zu stimmen

Halbwegs gute Nachrichten hat er indes für die sogenannten Taschengeldkonten der Bewohner: „Wir haben in Velbert ein Taschengeldkonto, auf dem sich rund 80.000 Euro befinden – das müsste im Großen und Ganzen dem entsprechen, was geschuldet ist.“ Für andere Standorte sehe das ganz anders aus: Rund 1,5 Millionen Euro Taschengelder müssten in der gesamten Convivo-Gruppe eigentlich vorhanden sein – aktuell seien aber nur 750.000 Euro da. Das führe dazu, dass man mühsam aufarbeiten müsse, wem was gehöre.

„Wie lang soll das denn dauern? Wir brauchen das Geld“, ruft ein Angehöriger erbost. Auf ein fixes Datum will sich Morgen aber nicht festlegen: „Ich habe eine Buchhaltung, in der alle Zahlen falsch sind.“ Da könne er doch nicht blind Auszahlungen vornehmen. „Wir sind im Januar in die Convivo-Zentrale gekommen, da waren große Büros, nur noch die Hälfte der Menschen und riesige Aktenhaufen.“ Man versuche – auch mit Hilfe externer Wirtschaftsprüfer und Steuerberater –, alles so schnell wie möglich aufzuarbeiten.

Einrichtungsleiterin wehrt sich gegen Vorwürfe

„Taschengeld für täglichen Bedarf wird immer ausgezahlt – wir machen doch immer alles möglich, was möglich ist“, sagt Einrichtungsleiterin Ullmann – und erntet dafür Gelächter und wilde Zwischenrufe nebst persönlichen Anschuldigungen. „Ich habe kein Geld unterschlagen“, wehrt sie sich – sie habe nicht einmal eine Vollmacht für das Konto, aber eben auch keine Maschine im Keller, mit der sie Geld drucken könne. Und es seien auch keine Mitarbeiter in der Verwaltung mehr da.

„Alles Verbrecher – wir wollen unser Geld! Sofort!“, ist aus den hinteren Reihen zu hören. „4000 Euro pro Monat hat Convivo von der Krankenkasse und mir jeden Monat bekommen. Und jetzt bekommen wir nicht mal mehr ausreichend Klopapier!“ Das alles sei doch ein Skandal.

Applaus von Bewohnern und Angehörigen für die Velberter Convivo-Mitarbeiter

Applaus gibt es während der eineinhalbstündigen Veranstaltung nur an einer Stelle – und zwar, als Dr. Morgen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lobt, die leidgeprüft seien und dennoch einen tollen Job machen würden.

Die gute Nachricht zum Schluss der Veranstaltung: 65 von 102 Bewohnern haben laut Insolvenzverwalter bereits einen neuen Heim-Platz gefunden. Für die übrigen 37 sei ein Koordinator eingesetzt, der gemeinsam mit Bewohnern und Angehörigen versuchen werde, die jeweils bestmögliche Alternative zu finden. Es seien auf jeden Fall genügend freie Plätze gemeldet bzw. oder über Sondergenehmigungen realisiert worden – insgesamt weit über 200, davon 68 im Kreis Mettmann.

>>> Politik beschäftigt sich mit Schließung

Der Haupt- und Finanzausschuss und der Ausschuss für Soziales, Familie und Senioren kommen am Dienstag, 6. Juni, zu einer gemeinsamen Sondersitzung zusammen.

Die Sitzung findet im Saal Velbert des Rathauses (Thomasstraße 1, Velbert-Mitte) statt und beginnt um 17 Uhr.