Langenberg. 125 Jähriges feiert die Grundschule in Velbert-Langenberg in diesem Jahr. Im Rückblick wird deutlich: Schule unterliegt ständiger Veränderung.

Als die Grundschule Kuhstraße ihren Betrieb aufnahm, herrschte im Deutschen Reich noch Kaiser Wilhelm II., die Jahrhundertwende stand kurz bevor. 1898 zogen 442 Schülerinnen und Schüler mitsamt ihren Lehrern in den Neubau – im Schnitt hatte damals jede der sieben Klassen 63 (!) Kinder.

Heute zählt Schulleiter Wolfgang Köhler knapp 200 Kinder in den vier Jahrgängen. Er ist seit Juni 2007 im Amt, blickt also auch schon auf eine ganze Reihe von Jahren am Standort zurück. Und vor allem die letzten Jahre haben ihn und sein Kollegium vor große Herausforderungen gestellt, sagt er.

Viele Herausforderungen gemeistert

Nicht ganz aus der Gründerzeit, trotzdem alt: Dieses Foto – aus technischen Gründen ist hier nicht die ganze Schulgemeinde zu sehen – stammt aus dem Jahr 1908. Links ist der erste Schulleiter, Herr Schlaudraff, zu sehen.
Nicht ganz aus der Gründerzeit, trotzdem alt: Dieses Foto – aus technischen Gründen ist hier nicht die ganze Schulgemeinde zu sehen – stammt aus dem Jahr 1908. Links ist der erste Schulleiter, Herr Schlaudraff, zu sehen. © Grundschule Kuhstraße

„Flüchtlingsbewegung, Corona, Digitalisierung“, nennt er bloß drei Stichpunkte. „Wir haben früh gesagt, dass wir hier im ,Dorf’ mehr in Bezug auf Flüchtlinge leisten können als die Schulen in Velbert-Mitte.“ Es gebe eine sehr engagierte Schulgemeinde, auch die Zusammenarbeit mit Vereinen und den Kirchengemeinden funktioniere hervorragend.

„Die Kinder aus der Ukraine oder aus Afghanistan brauchen einfach viel mehr, als andere Kinder. Das war ein großer Umbruch für uns.“ Gut, dass auch die Elternschaft mitzieht, findet der Schulleiter: „Obwohl wir natürlich viel mehr Berufstätige haben, gibt es sehr viele interessierte und engagierte Eltern. Dieses Miteinander ist immens wichtig.“

Personal fehlt

Diese Bedürftigkeit der Kinder habe aber auch generell zugenommen, hat Wolfgang Köhler beobachtet. „Das liegt unter anderem daran, dass oft beide Elternteile arbeiten gehen müssen“, sagt er. Zuwendung benötigen auch die Kinder, die von der Stiftung Mary Ward kommen – mit der pflegt die Grundschule Kuhstraße eine enge Kooperation.

Und genau da liegt auch die Herausforderung: „Es fehlt einfach an Personal“, sagt Wolfgang Köhler. Dabei hat sich die Situation schon stark verändert: „Als ich hier angefangen habe, bestand das Kollegium aus den acht Klassenlehrern sowie zwei bis drei Teilzeitkräften.“ Mittlerweile habe sich die Zahl verdoppelt, weil etwa Sozialpädagogen und Inklusionshelfer hinzugekommen sind.

Wolfgang Köhler ist seit 2007 Schulleiter an der Grundschule Kuhstraße in Velbert-Langenberg – hier zu sehen im Corona-Lockdown im Januar 2021 bei der Produktion der digitalen Lesestunde.
Wolfgang Köhler ist seit 2007 Schulleiter an der Grundschule Kuhstraße in Velbert-Langenberg – hier zu sehen im Corona-Lockdown im Januar 2021 bei der Produktion der digitalen Lesestunde. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Doch um den einzelnen Kindern gerecht zu werden, reicht das einfach nicht. Nur: Damit ist die Grundschule Kuhstraße nicht allein, das gesamte Schulwesen leidet darunter. Verschärfen werde sich die Lage noch, wenn bald der Rechtsanspruch auf einen OGS-Platz kommt: „Wir haben es in diesem Jahr zum ersten Mal nicht geschafft, alle aufzunehmen, die einen Platz haben wollten.“

Corona und die Digitalisierung

Ein weiterer „gravierender“ Einschnitt war – nicht nur – für Wolfgang Köhler und seine Kolleginnen und Kollegen die Corona-Pandemie. „In dieser Zeit hat es einen Wahnsinnsschub in der Digitalisierung gegeben“, sagt er – obwohl die Langenberger Grundschulen noch nicht vom Glasfaserausbau profitieren.

Und dieser Wandel werde weitergehen: „Schule wird sich schnell entwickeln müssen“, sagt er, „wir werden noch digitaler werden.“ Nur dürfe bei dieser Entwicklung das Kind nicht aus den Augen verloren werden, mahnt der Schulleiter. „Vor allem die nicht, die sich ohnehin schon schwer tun.“

Kuhstraße bleibt „Lesende Grundschule“

Was sich auch in Zukunft nicht ändern wird: Die Grundschule Kuhstraße wird die „Lesende Kuhstraße“ bleiben, zumindest so lange Wolfgang Köhler noch deren Leiter ist. „Ich habe jetzt noch etwa zehn Jahre“, sagt er. „Und ich denke, dass wir mit dem Lesen den Schwerpunkt richtig gesetzt haben.“

Lesen sei einfach eine Kernkompetenz, die in allen Bereichen des Lebens benötigt werde: „Wenn ich nicht lesen kann, kann ich auch keine Sachaufgaben in Mathe lösen“, nennt der Schulleiter ein Beispiel. Damit die Kinder auch gerne schmökern, „machen wir ihnen das so schmackhaft wie möglich“. Etwa durch Plätze zum Wohlfühlen oder dadurch, dass die Kinder selbst bei der Auswahl von Büchern mit entscheiden dürfen.

Schulleiter hat Spaß am Job

Zum „tollen Team“ der Grundschule Kuhstraße in Velbert-Langenberg gehört auch Hausmeister Fred Manhold.
Zum „tollen Team“ der Grundschule Kuhstraße in Velbert-Langenberg gehört auch Hausmeister Fred Manhold. © Sascha Döring

Einen kleinen Ausblick auf die kommenden Jahre wagt Wolfgang Köhler dann auch: „Wir werde weiterhin zusehen, dass wir im Ortsteil gut vernetzt sind. Ich denke, davon profitieren alle.“ Außerdem sei es wichtig, die Kinder zur Bewegung zu motivieren: „Weiterhin viel Sport, auch mal raus in den Wald gehen und direkt wahrnehmen, nicht nur über Handy und Tablet.“

Und trotz aller Umbrüche und Herausforderungen: Spaß hat Wolfgang Köhler an seinem Job nach wie vor. „Sonst würde ich das auch gar nicht mehr machen“, sagt er. Was helfe, sei das „tolle, engagierte Team“. Und die tägliche Arbeit für und mit den Kindern.

>>>Veranstaltungen zum Jubiläum<<<

Zum Auftakt ins Jubiläumsjahr sind alle Schülerinnen und Schüler samt Lehrerkollegium und OGS zum Haus Friede gewandert. Nach Freizeitprogramm am Nachmittag gab es abends ein großes Lagerfeuer, anschließend haben alle zusammen in dem Haus übernachtet.

Für die Eltern steht bald ein gemeinsamer Abend mit „Dreizeit“ an, eine Band bestehend aus ehemaligen Eltern. Die Band ist an der Kuhstraße keine unbekannte – bereits drei Mal haben die Musiker ein gemeinsames offenes Singen angeboten.

Zum Abschluss steht Anfang Juni eine Projektwoche zum Thema „Leben & Lernen – damals, heute und in Zukunft“ an. Die Woche endet mit einem Schulfest am 9. Juni.