Velbert. In Zeiten teurer Energie wollen immer mehr Haushalte und Firmen in Velbert eine Photovoltaik-Anlage. Stadtwerke bieten Pacht-Lösungen an.

Lange Zeit wurden sie belächelt oder als „Ökos“ verspottet. Diese Zeiten sind vorbei – spätestens seitdem die Preise für Strom massiv angestiegen sind, beschäftigen sich viele Velberter mit alternativer Energiegewinnung. Wer heute eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach hat, wird nicht mehr belächelt, sondern von vielen beneidet.

Daniel Horstmann, Teamleiter Direktvertrieb bei den Stadtwerken Velbert, holt sein Smartphone aus der Tasche und wirft einen Blick darauf: Obwohl der Himmel über der Stadt bedeckt ist, produzieren die Solarzellen auf dem Dach seines Hauses aktuell genügend Energie, dass kein externer Strom nötig ist, um Kühlschrank & Co. am Laufen zu halten. „Die meiste Zeit wohnen wir autark“, so Horstmann.

1400 Solarmodule auf dem Dach der Stadtwerke Velbert

Gleiches gilt auch für seinen Arbeitgeber. Auf dem Dach der Stadtwerke an der Kettwiger Straße befinden sich auf einer Fläche von rund 2500 Quadratmetern etwa 1400 Solarmodule, die 370 Kilowattpeak (kWp) produzieren. So konnten im vergangenen Jahr 315.000 Kilowattstunden (kWh) erzeugt werden.

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Aktuell gibt es drei weitere große Dachflächen in Velbert, auf denen sich Photovoltaik-Anlagen, kurz PV-Anlagen, der Stadtwerke befinden – auf der Sonnenschule und der Regenbogenschule in Neviges und seit Juli 2019 auch bei der Firma Mauell, die ihren Firmensitz am Rosenhügel hat und unter anderem Leitwarten und Kontrollsysteme plant. Das Unternehmen hat 333 Solarmodule von den Stadtwerken gepachtet und kann so bis zu 86.000 kWh Strom pro Jahr erzeugen – und so ganz nebenbei auch noch etwa 37,5 Tonnen CO2 vermeiden.

Bernhard Mecking (rechts), Geschäftsführer der Firma Mauell, und Dennis Schmitter von der Enedi GmbH – einem Unternehmen der Stadtwerke Velbert – präsentieren die Photovoltaikanlage auf dem Dach der Firma Mauell in Velbert-Neviges.
Bernhard Mecking (rechts), Geschäftsführer der Firma Mauell, und Dennis Schmitter von der Enedi GmbH – einem Unternehmen der Stadtwerke Velbert – präsentieren die Photovoltaikanlage auf dem Dach der Firma Mauell in Velbert-Neviges. © FUNKE Foto Services | Ulrich Bangert

Größte Solaranlage in Velbert entsteht bei „Wissler & Rademacher“

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Ungleich größer ist ein weiteres Solarprojekt, das die Stadtwerke derzeit mit der Firma Wissler & Rademacher realisiert. Dort wurden auf 4500 Quadratmetern 2200 Solarmodule mit 840 kWp (unter Idealbedingungen 840.000 kWh pro Jahr) montiert, die spätestens Anfang 2023 in Betrieb gehen werden. „Im Vergleich zu unserer eigenen Anlage auf dem Stadtwerke-Dach sieht man, wie sich die Technik weiterentwickelt hat“, so Horstmann. Die Module würden immer leistungsfähiger und so effektiver. Der Jahresverbrauch des Unternehmens – nach Angaben der Firma rund 8,5 Millionen kWh, die vor allem auf das Konto der 45 Öfen an den Zinkdruckgießmaschinen gehen – kann selbst mit dem Titel „Größte Solaranlage Velberts“ nicht gedeckt werden, aber zumindest ein großer Teil.

In Wülfrath entsteht die größte Aufdach-PV-Anlage in ganz NRW

Da kann man dann nur etwas neidvoll in die Nachbarstadt Wülfrath schauen: Dort realisieren die dortigen Stadtwerke auf dem Dach eines neuen Gewerbe- und Logistikzentrums die derzeit größte Aufdach-PV-Anlage in ganz NRW – mit einer Leistung von rund 4.300 kWp (4,3 Millionen kWh unter Idealbedingungen pro Jahr). Die Anlage besteht aus knapp 11.000 PV-Modulen, mit denen etwa 1.400 Haushalte (also 15 Prozent aller Wülfrather Haushalte) versorgt werden können.

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Vergleichbare Flächen gebe es in Velbert leider nicht, sagt Horstmann, der berichtet, dass die Stadtwerke derzeit mit 13 Gewerbekunden in Verhandlungen über PV-Anlagen (100 bis 400 kWp) seien. Bei älteren Gewerbeimmobilien gebe es oft Probleme mit einer nicht geeigneten Unterverteilung und/oder der Dachstatik. Zudem würden Druckguss und Stanzereien häufig über die Dächer entlüftet – mit hohen Temperaturen. „Das würde sich mit einer PV-Anlage nicht vertragen“, so Horstmann.

Stadtwerke Velbert setzen auf große Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen

Photovoltaikanlagen und Landwirtschaft – das schließt sich nicht aus, wie dieses Solarprojekt in Niedersachsen zeigt.
Photovoltaikanlagen und Landwirtschaft – das schließt sich nicht aus, wie dieses Solarprojekt in Niedersachsen zeigt. © dpa | Philipp Schulze

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Daher setzen die Stadtwerke auf Freiflächen-Anlagen. Hier sei man aktuell in Abstimmungsgesprächen mit der Stadt, welche Flächen in welchem Umfang hierfür in Frage kommen könnten, so Horstmann. „Wir wollen nichts roden oder abreißen, sondern freie Flächen nutzen.“ Stadtwerke-Geschäftsführer Stefan Freitag hatte hierfür Flächen entlang der Autobahn 44 ins Gespräch gebracht. „Aber da ist noch nichts spruchreif“, so Horstmann. Man werde Anfang des kommenden Jahres damit auf die Politik zukommen, die dann die Entscheidungen treffe.

Stadtwerke Velbert verpachten Photovoltaikanlagen auch an Privatkunden

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Neben den Gewerbekunden bieten die Stadtwerke aber auch Pacht-Lösungen für Privatkunden an. Derzeit gebe es etwa 200 solcher Stadtwerke-Anlagen auf Velberter Hausdächern, weiß Horstmann – mit sechs bis zehn kWp. Die aktuelle Nachfrage sei „unbeschreiblich hoch“, so der Teamleiter Direktvertrieb weiter. In Kooperation mit Partnern konnten die Stadtwerke jedoch für 2023 bereits 170 PV-Anlagen einkaufen, die 2023 verbaut werden können. Derzeit betrage die Wartezeit für ein Vor-Ort-Beratungsgespräch, bei dem die baulichen und technischen Voraussetzungen geprüft werden, aber auch die optimale Leistung errechnet wird, etwa vier bis sechs Wochen, zwei bis drei Monate danach könne die Anlage im Idealfall auf dem Dach sein, so Horstmann.

Und was kostet eine solche Anlage? „Wir vermieten sie an die Hausbesitzer“, erläutert Horstmann. Für eine 8 kWp-Anlage mit Speichermedium müsse man mit 130 bis 140 Euro pro Monat rechnen – Einrichtung, Wartung und Garantie inklusive. „Damit sind wir günstiger als die meisten großen, nationalen Mitbewerber“, sagt Horstmann.

Mit einem „Balkonkraftwerk“ – den so genannten Stecker-PV-Anlagen – können auch die Mieter von Wohnungen Solarstrom erzeugen.
Mit einem „Balkonkraftwerk“ – den so genannten Stecker-PV-Anlagen – können auch die Mieter von Wohnungen Solarstrom erzeugen. © dpa | Stefan Sauer

>>> Solarförderung des Kreises Mettmann

Wie groß das Interesse an Solaranlagen ist, hat sich auch beim Förderprogramm des Kreises Mettmann für so genannte Stecker-PV-Anlagen – also Solarpaneele für die Balkonbrüstung – gezeigt.

Innerhalb weniger Minutenwar der Fördertopf von 50.000 Euro leer, 260 Anträge wurden bewilligt.

Im kommenden Jahr soll es dann erneut ein Förderprogramm – dann mit einem Volumen von 100.000 Euro – geben, so dass immer mehr Wohnungen in Mehrfamilienhäusern ebenfalls mit Solarstrom versorgt werden können.