Velbert. Die Energiepreise gehen durch die Decke, und das ist längst noch nicht das Ende. Die Verbraucherberater in Velbert kennen gute Stellschrauben.

Die Aktionswochen „Energiekosten steigen – Das ist jetzt zu tun!“ der Verbraucherzentrale (VZ) NRW laufen just in diesen Tagen aus – und haben natürlich durch den Überfall von Putins Armee auf die Ukraine zusätzliche geopolitische Brisanz und Aktualität bekommen. Aber Susanne Berger ist bei speziellen Beratungen zum Thema ohnehin schon auf Wochen, ja sogar Monate ausgebucht. „Die Leute sind total verunsichert. Sie wollen wissen, was sie tun und wie sie sich wappnen können“, berichtet die Energieberaterin der VZ. „Wir kümmern uns hier um die Fragen, die sich direkt stellen“, sagt Andreas Adelberger und erzählt von Anrufen von Vermietern, Mietern und Eigentümern, von Alleinstehenden und Familien. Die Palette der Emotionen, so der Leiter der VZ-Beratungsstelle Velbert, reiche von verunsichert über völlig ratlos und überfordert bis hin zu tief verzweifelt.

Auch viele Menschen in Velbert betroffen

Heizkörper sollten möglichst nicht zugestellt oder -gehängt sein, empfiehlt Susanne Berger. Die Energieberaterin der VZ rät dazu, Heizkörper vor der Saison gründlich zu säubern.
Heizkörper sollten möglichst nicht zugestellt oder -gehängt sein, empfiehlt Susanne Berger. Die Energieberaterin der VZ rät dazu, Heizkörper vor der Saison gründlich zu säubern. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

„Wir sind nicht in der Mitte und schon gar nicht am Ende, sondern gerade mal am Anfang der Entwicklung“, betont Adelberger. Alle Energieträger würden deutlich teurer; erhöhte Abschlagszahlungen, Belieferungsstopps durch einige Energieversorger und hohe Ersatz- und Grundversorgungstarife für Neukunden träfen auch die Menschen hier in Niederberg und im Kreis Mettmann hart. Und das oft auch unvermittelt.

Warnung vor Telefonwerbung

Allerdings: Die Abschlagszahlung von einem Tag auf den anderen jäh zu erhöhen, sei nicht statthaft. Andererseits solle sich aber der Kunde hüten, einfach nichts mehr zu zahlen. Damit setze er sich ins Unrecht. Überhaupt solle man Anschreiben von Versorgern ernst nehmen. Dringend warnt Adelberger auch vor Telefonwerbung. Das Faire-Verbraucher-Verträge-Gesetz sage zwar, dass ein Ja am Telefon für einen Vertragsabschluss nicht mehr ausreiche, sondern eine Bestätigung des Verbrauchers in Textform vonnöten sei, aber das solle man bloß nicht mal eben fix per SMS oder Mail machen. „Sondern besonnen und in Ruhe, und mit maximal einem Jahr Laufzeit.“

Schätzungen vermeiden

Manche hätten schon jetzt vierstellige Nachzahlungen. Preise, die plötzlich durch die Decke gingen, seien für den einen oder anderen durchaus existenziell, weiß der Verbraucherberater. „Gerade für Menschen, die knapp über dem Sozialhilfe-Satz sind mit einer kleinen Rente.“ Umso mehr sei Informiert-Sein das A und O. Etwa: Darf der Versorger schätzen? Und wann darf er das? Andreas Adelberger empfiehlt, Schätzungen zu vermeiden und seinen Zähler selbst – unbedingt rechtzeitig – abzulesen. Und das „zu Beweiszwecken möglichst per Einwurfeinschreiben“ zu übermitteln. „Bloß nicht mittels Kontaktformular!“, weil man dabei später nichts in der Hand habe.

Neue Kündigungsfrist gilt nicht für alte Verträge

Wärmepumpen-Technik und Photovoltaik kommen auch in der neuen Kita zum Einsatz, die die Stadt Velbert an der Fontane-/Ecke Ernst-Moritz-Arndt-Straße baut.
Wärmepumpen-Technik und Photovoltaik kommen auch in der neuen Kita zum Einsatz, die die Stadt Velbert an der Fontane-/Ecke Ernst-Moritz-Arndt-Straße baut. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Man müsse sich schlau machen, mit den Begriffen – etwa Grundversorgung oder Sondervertrag – vertraut machen und nicht zuletzt seine Abrechnung kennen und lesen lernen. Als Fortschritt wertet Adelberger die neue Regelung, der zufolge die Kündigungsfrist auch bei Energieverträgen nach der Mindestvertragslaufzeit nur noch einen Monat beträgt: „Das gilt aber nicht für Altverträge.“

Sechs Prozent Einsparung pro Grad

„Jedes Grad weniger spart sechs Prozent Heizenergie“, rechnet Susanne Berger vor. Sie steht – neben der eher rechtlichen – für die technische Seite. Viele ihrer Vorschläge sind eigentlich sattsam bekannt, finden aber immer noch zu selten Anwendung: Stoß- und Quer- statt Dauerlüften mit Fenster auf Kipp, Wohnung nicht auskühlen lassen, die Heizung frei und sauber halten, Untertischgeräte auf höchstens 50 oder 60 Grad runterdrehen, sie nur bei Benutzung anschalten und alternativ Durchlauferhitzer anschaffen.

Lampen heizen vor allem

Alte Halogenlampen, sagt sie zum Bereich Beleuchtung, heizten mehr als sie Licht gäben. Stromfresser könne man mit einem Messgerät entlarven, das die Velberter Beratungsstelle kostenlos gegen 20 Euro Kaution verleihe. Bei der Bewertung des Verbrauchs sei der „Stromspiegel“ hilfreich. Doch neben solchen und weiteren Stellschrauben gibt es auch größere Hebel. So bezeichnet es die Expertin als große Maßnahme, eben nicht mehr für 20 Jahre in Öl oder Gas zu investieren, sondern für Ein- und Zwei- sowie kleinere Mehrfamilienhäuser auf Wärmepumpentechnik umzusteigen, die auch noch zwischen 35 und 50 Prozent bezuschusst werde. Susanne Berger lebt’s selbst vor: Ihr Einfamilienhaus anno 1890 ist mit Wärmepumpe und Photovoltaik ausgestattet. Mit dem doppelten Effekt, dass auf Sicht Geld und CO2 eingespart werden.

Kostenlose Online-Verträge

Ratsuchende haben drei Anlaufstellen

Die zentrale Homepage der Landes-Verbraucherzentrale zur derzeitigen Aktion ist abrufbar auf www.verbraucherzentrale.nrw/energiepreise.

Die Energieberatung Ratingen findet man im Netz auf www.verbraucherzentrale.nrw/ratingen (Kontaktformular). Erreichbar ist sie zudem unter 02102 101-7890 und per Fax an 0211 91380-98306.

Die Beratungsstelle Velbert sitzt an der Friedrichstraße 107 (02051 8090-181, E-Mail an velbert@verbraucherzentrale.nrw). Die Öffnungs- und Beratungszeiten sind wie folgt: mo und do 9.30 - 13.30 sowie 14.30 - 18 Uhr, di und fr 9.30 - 13.30 Uhr. In der Beratungsstelle gelten u. a. die 3 G-Regel und Maskenpflicht.

Für Ratsuchende hat die VZ ganz aktuell an diesem Mittwoch, 2. März, um 18 Uhr ihren Online-Vortrag „Heizungstausch & energetische Dämmmaßnahmen“ und tags darauf am 3. März, 18 Uhr, noch „Strom- und Heizkosten sparen“ in petto (jeweils zu finden auf www.verbraucherzentrale.nrw/energiepreise unter der Rubrik „Veranstaltungen“). Die Teilnahme ist kostenlos. Das gilt am 3. 3., 18 - 19.30 Uhr, auch für den Online-Vortrag „Energiesparen mit der Wärmepumpe“ von Susanne Berger und ihrem Energieberater-Kollegen Thomas Bertram (näheres auf www.verbraucherzentrale.nrw/ratingen).