Velbert. In ein „klitzekleines Glücksdelirium“ verfiel das Velberter Publikum beim Auftritt der Kabarettistin und Musikerin Tina Teubner in Langenberg.

Tina Teubner verehrt Roger Willemsen im Gegensatz zu Carsten Maschmeyer, für den sie nur niederschmetternde Worte zurechtbaut. Und Ben? Nun, den therapiert sie. Bernd Süverkrüp, genannt Ben, ist seit rund 20 Jahren ihr Partner auf der Bühne. „Wenn du mich verlässt, komm ich mit“ heißt das Programm, mit dem das Duo im Alldie Kunsthaus gastiert. Knapp 100 Besucher danken es mit reichlich Zwischenlacher und Zwischenapplaus, kollektiv an Pointen.

Gleich zu Beginn macht die Chansonnette klar, dass die Pointen mit nach Hause genommen werden dürfen. Zwischenfragen akzeptiert sie, ist jedoch sicher, intime Nachfragen zu stellen. Mit dieser Begrüßung wirft sie ihren „mausgrauen Blumenstrauß“ verbal ins Publikum und freut sich auf das „Inklusionstheater“, denn sie macht Frauen-Kabarett. In Frack gekleidet mit weißer leger geöffneter Bluse steht die Musikerin auf den Alldie-Brettern, begleitet am Flügel von Ben und singt kraftvoll ironisch Selbstgeschriebenes, Selbstkritisches und wütend Gesellschaftskritisches.

Velberter Publikum feiert die Chansonnette

Auch einige Instrumente weiß Tina Teubner zu bedienen.
Auch einige Instrumente weiß Tina Teubner zu bedienen. © Nicole Krzemien

Ihre zusammengebauten Worte wirken wie kleine Bomben, die in einem implodieren. Der Körper hält den Erschütterungen stand, lacht, bleibt jedoch irritiert zurück, bis das Gehirn die nächste verbale Attacke zu entschlüsseln versucht. Ein Beispiel: Wir müssten doch „bestialisch in uns ruhen“, mit den Yoga-Büchern, die wir gelesen haben, singt sie. Alternativ sitzen die Wortkombinationen wie ein Pfeil im Bullseye: Im selben Lied besingt sie die „omnipotente Maximal-Zerstörerstimme“, die immer meckert, obwohl es uns doch gut geht, wir in warmen Betten liegen dürfen. Stattdessen; „Boa, jetzt stehen wir im Stau, wären wir mal lieber die A5 gefahren“. Ein wunderbares Chanson über größeres und friedvolleres Denken.

Sie ist wild entschlossen, nicht in das Lamento von Frauen über 40 einzusteigen, unsichtbar für die Männer zu sein. „Ihr Frauen“, erörtert sie ihren Vorschlag, „nehmt einfach mal 20 Kilo zu, dann kommen die Männer nicht mehr um euch herum.“ Sie ist eh genervt von den jungen „tiefenverkrampften“ Joggern im Park. Und erklärt: „Wenn eine Gazelle so schnell rennt, können wir Meter hinter ihr einen Löwen sehen. Wenn die Evolution gewollt hätte, dass der Mensch hektisch durch Parks rennt, wären dort Löwen.“ Aber dort stehen Bänke und nicht um beispielsweise die Nike Air Zoom Alphafly Next-Schnürsenkel nachzuziehen.

Virtuose Begleitung am Flügel

Nicht im Hintergrund, sondern seitlich am Flügel sitzt Ben. Er begleitet sie virtuos mit den klassischen Melodien eines Chansons, lässt Sticheleien über sich ergehen, antwortet immer brav und erhält - möglicherweise dafür - einen Spot von fünf Minuten. Den nutzt er grandios, schmettert ein Medley klassischer Komponisten, dirigiert darein Satire und den Telekom-Jingle.

Ben im blauen Nadelstreifen Anzug und Tina im schwarzen Frack, ein ungleiches Duo und doch so harmonisch ineinandergreifend. Witzig und geistreich, sympathisch und frech. Musikalisch professionell, stimmlich wie an Flügel, Geige und Ukulele. Eine Frage bleibt: Warum ist Ben nicht auf dem Programm-Cover? Ohne ihn geht es nicht. Oder hat Ben Tina verlassen und sie kommt doch nicht mit?

>>> Die Rote Box

  • Privates Anliegen: Zum Equipment von Tina Teubner und Bernd Süverkrüp gehört eine rote Box. In dieser Box sammeln sie Spenden für den afghanischen Frauenverein, dessen Schirmherr Roger Willemsen von 2006 bis zu seinem Tod 2016 war.
  • „Wenn wir denen 1000 Euro für einen Brunnen überweisen, schreiben sie, der Brunnen habe 964,40 Euro gekostet, dürfen wir den Rest behalten“, erklärt Tina Teubner. Die beiden Künstler haben bereits zwei Abendgagen gespendet, können das jedoch nicht immer tun.