Velbert. Das Problem kennen viele: Schultoiletten sind oft ekelhaft. Eine Grundschule sagte dem Dreck jetzt den Kampf an – und gründete einen Klo-Dienst.

In den Toiletten der Gerhart-Hauptmann-Grundschule klebte schon mal Kot an den Wänden. Kinder pinkelten auf den Boden neben die Pissoirs. Fast täglich war ein Klo verstopft, weil jemand zu viel Papier runterspülen wollte. Es roch nicht gut. Ging ein Kind auf die Toilette, hämmerte manchmal jemand an die Tür und fragte, wer sich da hinter der verschlossenen Türe verberge – einfach nur um zu stören und zu ärgern.

Den Zustand wollte die Schule nicht länger ertragen. Schon vor drei Jahren sagte sie dem Gestank und dem Dreck den Kampf an. Es bildete sich eine Schüler-Klo-AG. Sie einigte sich auf sechs Regeln, die sie in einem Heft zusammenfasste und an alle Schüler verteilte. Und: Sie richteten einen Klo-Dienst ein. Vor wenigen Wochen, am 15. November, hat er seine Arbeit aufgenommen – verzögert wegen der Pandemie. „Auf den Toiletten ist das jetzt ein Unterschied wie Tag und Nacht“, sagt Gabriele Theis, die Sozialpädagogin der Schule.

Die Gerhart-Hauptmann-Grundschule in Velbert richtet einen Klo-Dienst ein

In der großen Pause am Dienstagvormittag beginnt der erste Klo-Dienst von Beytullah und Yusuf, beide 9 Jahre alt, beide schon Viertklässler und beide ausgestattet mit einer gelben Weste, auf der „Klo ok!?“ steht. Beytullah kniet also im Vorraum des Männerklos und drückt seine Brille fest an die Nase, auf dem rechten Bein hat er die sogenannte Kladde, ein Formular, in das er jeden Klogänger registrieren muss.

„Wie heißt du, Junge?“, fragt Beytullah den ersten Besucher. „Ali“, antwortet dieser leise. Beytullah schreibt in die erste Reihe der Kladde den Namen und die Klasse. Dann klopft Yusuf Ali auf den Rücken, er darf weiter. Nur Dritt- und Viertklässler führen Aufsicht, Jüngeren fehlt noch die Autorität.

Duftstäbchen verströmen den Geruch von Bodylotion – es läuft gemütliche Popmusik

Dann erscheint ein zappelnder Zweitklässler vor Yusuf, am liebsten würde er sofort durchsprinten. Aber auch er muss sich erst von Beytullah eintragen lassen. Ali ist vom Klo zurückgekommen und steht am Waschbecken. „Mit Seife die Hände waschen“, ruft Beytullah ihm zu. Über dem Waschbecken stehen Duftstäbchen, der ganze Raum riecht nach einer Bodylotion. Dazu läuft ruhige Popmusik. Eine Idee der Klo-AG, damit die Mitschüler sich weniger gestört fühlen. In der AG kam auch die Frage auf, ob man statt der Musik Hörbücher spielen könne, aber die Schulleitung wollte das nicht – aus Sorge, die Kinder würden dann auf dem Klo die Zeit vergessen.

So sieht die Kladde aus. An der Gerhart-Hauptmann-Grundschule in Velbert gibt es seit kurzer Zeit einen Klo-Dienst – den Schüler in den Pausen übernehmen.
So sieht die Kladde aus. An der Gerhart-Hauptmann-Grundschule in Velbert gibt es seit kurzer Zeit einen Klo-Dienst – den Schüler in den Pausen übernehmen. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Plötzlich kommt der Zapplende zurück, der erst eine Sekunde vorher zu den Klos gerannt ist. Alarm. Auf Klo 4 habe jemand Klopapier auf dem Boden verteilt. Jetzt wird es ernst für Beytullah und Yusuf. Sie gehen vom Vorraum zu den Toiletten, und tatsächlich, rings um das Klo verteilt liegen Papierfetzen. Beytullah öffnet den Klodeckel, stellt aber keine weiteren Verstöße fest. Dummerweise geht aus seiner Kladde allerdings nicht hervor, wer der Übeltäter ist – auf Klo 4 hätte bisher niemand sein dürfen. Beytullah überlegt nicht lange, sammelt das Papier auf und spült es runter.

Am Tag der Einführung des Klo-Dienstes bildeten sich lange Schlangen vor den Klos

Als vor etwa vier Wochen der Klo-Dienst eingeführt wurde, bildeten sich lange Schlangen vor den Toiletten, erzählt die Sozialpädagogin Gabriele Theis. So neugierig waren die Kinder. Erst am dritten Tag habe sich die Anzahl der Klobesuche wieder normalisiert. Noch ist unklar, wie der Klo-Dienst für seine Arbeit belohnt wird. Ein Schüler der AG forderte 5 Euro pro Stunde. Für weniger als Mindestlohn, also 12 Euro, sagte ein anderes Kind, werde es sich nicht hergeben. Schulleiter Oliver Pistorius schmunzelt über die Vorstellungen. Erwischt der Klo-Dienst mehrmals einen Schüler, dass er Toiletten verdreckt, informiert die Schule die Eltern.

Beytullah und Yusuf sind mit ihrer Schicht fast zu Ende, die ersten Kinder gehen zurück in die Klassenzimmer. Die beiden Aufpasser sind zufrieden mit ihrem ersten Klo-Dienst. Beytullah sagt: „Es macht Spaß, die Namen aufzuschreiben. Und aufzupassen, ob was passiert. Auch die Musik ist cool.“

>> Die Regeln auf den Klos

Jede Schülerin und jeder Schuler haben ein rotes Heft bekommen, in dem sechs Regeln beschrieben werden, wie man die Toilette ordentlich benutzt. Es heißt: „Uns stinkt’s“ und wurde vom Grafiker Dirk Uhlenbrock hergestellt.

Weil noch nicht alle lesen können, sind die Regeln auch bebildert. Die Regeln lauten: Leise sein, Toilette nach dem Besuch säubern, alleine in die Kabine gehen, Spülung benutzen, Hände mit Seife waschen und Papierhandtücher in den Mülleimer werfen.

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