Velbert. Seit vielen Jahren schmückt ein Paar aus Velbert sein Haus an Halloween exzessiv. Um die Kinder zu erschrecken, haben sie nun eine besondere Idee

An der Gerhart-Hauptmann-Straße in Velbert, wo vor weiß getünchten Häusern noch Hortensien und Rosen blühen und wo man einen weiten Blick über Hügel und Felder bis nach Mettmann genießen kann, liegt das Grusel-Haus. Darin leben Siegfried Schütte und Corina Lamarta. Sie schmücken die gesamte Vorderseite ihrer Doppelhaushälfte jedes Jahr an Halloween mit abgehackten Köpfen, Skeletten und einem sprechenden Horrorclown.

Siegfried Schütte, 64, Glatze, grauer Schnäuzer und gelernter Dachdecker wohnt da seit zehn Jahren. Corina Lamarta, 62, lebte dort zuerst mit ihrem Ex-Mann, bis er verstarb. Als Schütte in einzog, waren die Nachbarn ihm gegenüber reserviert, sagt er, sie blickten ihn misstrauisch an. Das Paar lernte sich auf einer Rockerparty kennen. Er fährt für eine Firma Stanzteile aus. Sie geht putzen. Beide haben Kinder aus früheren Ehen.

Ein Paar aus Velbert verwandelt ihr Haus jedes Jahr in ein Grusel-Haus – Nur: Warum?

Und beide lieben Totenköpfe. Vor dem Haus wimmelt es davon, ein Skelett liegt im Sarg, von einer zehn Meter langen Leine baumeln zwischen Ratten, Ketten und Grabsteinen abgehackte, blutende Köpfe. „Andere erschrecken sich vor Totenköpfen. Warum? So sehen wir halt aus, wenn wir sterben. Das gehört doch zum Leben“, sagt er. Wenn Halloween vorbei ist, bleiben viele Totenköpfe im Haus. Schütte hat sogar auf dem Beifahrersitz seines Autos ein Skelett.

Siegfried Schütte und Corina Lamarta stehen in ihren Kostümen im Wintergarten ihres Halloween-Hauses. Bereit für die Party!
Siegfried Schütte und Corina Lamarta stehen in ihren Kostümen im Wintergarten ihres Halloween-Hauses. Bereit für die Party! © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Sie gehen in ihren Wintergarten, der schon für die Halloweenparty vorbereitet ist. Auch hier alles voller Totenköpfe. Schütte schlägt auf den Tisch, auf dem eine Plastiktischdecke mit Spinnenmotiven liegt, und befiehlt Angel, der Hündin, Platz zu machen. „Man muss sehr streng mit ihr sein“, sagt er. Er raucht 30 Zigaretten am Tag, sie verleihen ihm eine dunkle Stimme. Angel muss einen Maulkorb tragen, weil sie Fremde beißt. Sie zieht so stark an der Leine, dass nur Schütte mit ihr raus geht.

Das Halloween-Haus kam erst in volle Blüte als sich Schütte und Lamarta verbanden

Vor kurzem hat sie ihn beim Spaziergang so gezogen, dass sich vom Windzug sein linkes Auge entzündet hat. Eines seiner braunen Augen ist nun rot angelaufen. Er wirkt damit etwas gruselig, auch ohne Verkleidung. Er krempelt die Ärmel seines Sweatshirts hoch, um die Totenköpfe auf dem Arm zu zeigen. Er denkt, auch deswegen haben sich die Nachbarn anfangs vor ihm erschreckt. Sie brauchten, um zu lernen, dass er harmlos ist – trotz der Tattoos.

Corina Lamarta fragt, ob jemand Kaffee möchte. „Sehr gerne, mein Schatz“, sagt Schütte und lächelt sie an. Er trinkt ihn mit Kaffeeweißer und steckt sich eine Zigarette an. Er trägt einen Delfin-Ohrring, sein Lieblingstier „von den Wassertieren“.

Das erste Mal haben die beiden 2011 das Haus geschmückt. Das war im ersten Jahr, nachdem sie sich kennengelernt haben. Vorher haben sie ihre Häuser nicht so exzessiv dekoriert. Dabei war Lamarta schon früh von Halloween fasziniert, sie liebte als junge Frau die Halloween-Filme von John Carpenter. Erst als sie sich also verbanden, florierte ihr Faible für ausufernde Dekoration. Bud Spencer und Terence Hill des Halloweens.

Etwa 200 bis 300 Kinder klingeln an Halloween an dem Haus

Um das Haus gruselig zu verkleiden, brauchen sie zwei Wochen. Er schmückt das Vorderhaus. Sie den Wintergarten, wo sie am Sonntag eine Party mit Freunden feiern. Sofern sie dazu kommen: In der Vergangenheit besuchten 200 bis 300 Kinder und Eltern aus ganz Velbert das Haus. Lamarta hat zehn Kilo Bonbons gekauft. Schütte ist für Saures zuständig – vor dem Eingang will er eine Musikbox aufbauen und Geistermusik abspielen.

Fühlen sich die Nachbarn durch die viele Deko und den Lärm gestört? Zwei Häuser weiter wohnt Alexa Werny. Sie mag, dass sich Schütte und Lamarta so viel Mühe geben. Er führe die Nachbarn so zusammen. „Ich finde das super. Meine Tochter war auch schon drüben.“ sagt sie. Man kenne sich vom Grüßen auf der Straße, Schütte sei ein sehr netter Mann. Anneliese Schmitz, auch eine Nachbarin, sagt, das mache richtig Spaß, sich das anzusehen. Sowas hätte sie sich als Kind auch gewünscht. Lamarta und Schütte waren die ersten in der Straße, die ihr Haus halloweenmäßig schmückten. Heute sieht man in der Straße vor vielen Häusern Kürbisse. Die Straße etwas weiter runter steht sogar noch ein weiteres Grusel-Haus.

Im Wintergarten steht ein ausgestopfter Fuchs im Regal, verkleidet als Werwolf.
Im Wintergarten steht ein ausgestopfter Fuchs im Regal, verkleidet als Werwolf. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Schütte hat vor, sich am Sonntag als Clown zu verkleiden und aus dem Garten mit einer Motorsäge Jugendlichen zu erschrecken. „Am Liebsten sind mir die vorlauten Jugendlichen – die mit großer Klappe vor dem Haus stehen“, sagt er. „Und dann bekommen sie doch Schiss, wenn sie die Motorsäge hören.“ Er hat eine Schüssel mit Bonbons vorbereitet, bei der ein Maul zuklappt, wenn man mit der Hand hineingreift. Er beobachte immer gespannt, wie die Kinder reagieren. Wenn die Eltern sie trösten, verstehen sie, dass die Sorgen unbegründet waren. Nach dem Schreck folgt die Einsicht, das musste Schütte ja selbst erfahren.

>> Hintergrund: Die Dekoration

  • Insgesamt haben sie etwa 300 Deko-Artikel. Sie haben sie über die zehn Jahre angesammelt. Häufig kaufen sie sie kurz nach Halloween. Dann könne man sie viel günstiger kaufen, sagen sie.
  • Viele Figuren sind batteriebetrieben. Sie müssen sie in der Vorbereitung auf Halloween rund 60 Batterien auswechseln.
  • In der ganzen Straße lebt nur eine Frau, die dem Gruselhaus nichts abgewinnen kann. Irene Mühlhoff. Sie sagt: „Aus christlicher Sicht kann ich nichts mit Halloween anfangen.“ Im Christentum seien Geister etwas Böses. Wer von ihnen befallen werde, dem müssten sie ausgetrieben werden. Sie sei gegenüber vielen Trends, die aus Amerika hierher rüberschwappen, skeptisch.

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