Velbert. Corona-bedingt brechen der Stadt Velbert Einnahmen in Millionen-Höhe weg. Zum Teil springen Bund und Land ein. Aber die Unsicherheiten wachsen.

Die Folgen der Corona-Pandemie – wohlgemerkt die der ersten Welle – für die städtischen Finanzen zeigen sich immer deutlicher: Der Haushaltsplan 2020 für Velbert ist in zumindest einer sehr wichtigen Hinsicht mittlerweile Makulatur. Und das ist die Einnahmen- bzw. Ertragsseite. „Das, was wir mal in diesen Haushalt geschrieben haben, werden wir so sicher nicht umsetzen können“, hatte Christoph Peitz bereits Anfang Mai im Haupt- und Finanzausschuss berichtet. Mittlerweile haben schon 336 von insgesamt rund 1100 Gewerbesteuerpflichtigen einen so genannten Herabsetzungsantrag für ihre Vorauszahlung gestellt. Nach Auskunft des Stadtkämmerers „zum Großteil auf Null“.

Velbert finanziell erheblich unter Druck

Das heiße allerdings noch nicht zwingend, dass es in allen Fällen tatsächlich zu einem Komplettausfall komme, fügt Peitz hinzu, demzufolge die Ertragsseite „nach wie vor erheblich unter Druck“ ist. Beträgt der Gewerbesteuer-Ansatz 49,6 Millionen Euro, so sind bisher lediglich 27,5 gezahlt worden. „Wir wären froh, zum Jahresende in Richtung 33 Millionen zu kommen.“ Das sei eine sehr vorsichtige und optimistische Prognose. Viel wichtiger werde jedoch die mittel- und langfristige Entwicklung der Einnahmen.

Zusagen von Bund und Land

Stadtkämmerer Christoph Peitz (li.) und der neue stv. Abteilungsleiter Kämmerei, Tomas Zafirov, legten auf Anfrage der WAZ die Entwicklung der städtischen Finanzen dar.
Stadtkämmerer Christoph Peitz (li.) und der neue stv. Abteilungsleiter Kämmerei, Tomas Zafirov, legten auf Anfrage der WAZ die Entwicklung der städtischen Finanzen dar. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Die Firmen seien bemüht, mittels der Herabsetzungsanträge Liquidität im Unternehmen zu halten, erklärt der Kämmerer und sagt, dass sich wöchentlich etwas ändere bzw. entwickele. Man habe die Zusagen, dass der Bund eine Hälfte des Gewerbesteuer-Ausfalls übernehmen und das Land NRW die zweite. „Bisher gibt es aber noch nichts Konkretes über die praktische Umsetzung.“ Wann fließt das Geld? Zieht sich das womöglich bis 2021, bis die Firmen erst einmal ihre Jahresabschlüsse gemacht haben? Wird das volle Defizit bis zum Etat-Ansatz erstattet? Wie auch immer: „Das Geld ist auf jeden Fall liquiditätsmäßig erstmal nicht da.“

Einbußen auch bei anderen Steuern

Bezüglich des Gemeindeanteils an der Einkommen- und Umsatzsteuer – hier liegen die Etatansätze heuer bei 45 bzw. 9,3 Millionen Euro – gibt es zumindest bislang noch keine Signale, Ausfälle auszubügeln. „Wir gehen von erheblichen Einbußen aus“, so Peitz, noch fehle allerdings die Regionalisierung der jüngsten Steuerschätzung. In der Runde der Kämmerer-Kollegen im Kreis rechne man mit einem Minus von zehn bis 20 Prozent. Apropos Einnahmen: Der (Teil-) Verzicht auf Kita-Gebühren von März bis Juli summiert sich auf 550.000 Euro. Im OGS-Bereich waren das monatlich 80.000 Euro; hierbei hat das Land jedoch die Hälfte des Ausfalls übernommen.

Haushaltssperre ist nicht erwünscht

Bereits angestoßene Projekte wie zum Beispiel der Umbau des Forums zum Bürgerforum sollen weiter durchgezogen werden.
Bereits angestoßene Projekte wie zum Beispiel der Umbau des Forums zum Bürgerforum sollen weiter durchgezogen werden. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Wenn die Finanzlage (zu) klamm wird, wird üblicherweise auf die Bremse getreten. Das Land hat für 2020 jedoch sowohl den Kämmerern als auch den Räten den Griff zur Haushaltssperre untersagt. Das gilt überdies auch für eine in normalen Zeiten eigentlich angezeigte, ja sogar verlangte Nachtragssatzung. Bis auf eine Ausnahme: Wenn nämlich die Grenze der Liquiditätskredite – besser bekannt als Kassenkredite – überschritten wird. Vor Ort beträgt das Limit 170 Millionen Euro; 155 wurden bereits aufgenommen. Das könnte in Velbert also noch ein Thema werden. Das Eigenkapital – sozusagen die kommunale Rücklage – beträgt 22 Millionen Euro.

Weiterhin investieren

Bereits begonnene und beschlossene Projekte vor Ort würden fortgeführt, bekräftigt Christoph Peitz auf Nachfrage. Zudem sei es ausdrücklich erwünscht, dass Kommunen die Rezession nicht noch durch eigene Zurückhaltung verstärkten, sondern weiterhin Aufträge erteilten und investierten. Die Pandemie-Schäden sollten zwar nicht ausgeblendet, aber „bilanziell isoliert“ betrachtet werden. Das gelte auch noch für 2021.

Geld aus dem Stärkungspakt-Topf

Bund und Land übernehmen Eigenanteile der Stadt

Insgesamt 8,9 Milliarden Euro stellen Bund und Land den Kommunen mit dem „NRW-Programm I“ zur Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie und zur Stärkung der Zukunftsfähigkeit bereit. Hierdurch wird die Stadt Velbert von ihren Eigenanteilen bei Förderprogrammen von Bund und Land befreit, so auch bei der Städtebauförderung.

Es geht um insgesamt rund 775.000 Euro. In Velbert-Mitte z. B. im Zusammenhang mit dem geplanten Hertie-Abriss und in Neviges z. B. um Altstadtmanagement, Fassaden- und Wohnumfeldprogramm sowie Masterplan Licht. Diese Entlastung wirkt sich über Jahre verteilt aus.

„Trotz aller Unsicherheiten“, berichtet Tomas Zafirov, ist das derzeit noch drei- und bald vierköpfige Kämmerei-Team in die Aufstellung des Haushaltes für 2021 eingestiegen. Der stv. Abteilungsleiter Kämmerei (seit Monatsbeginn) hat darüber hinaus noch eine gute Nachricht: Da Velbert hierzulande zum Kreis der Stärkungspakt-Kommunen zählt, werden noch dieses Jahr rund 2,9 Millionen Euro ausgeschüttet, obwohl die Schlossstadt ja eigentlich schon seit 2017 keine stärkende Unterstützung mehr aus Düsseldorf erhält.