Velbert. Lea Fernau ist Denkmalpflegerin für zwei Stadtbezirke in Velbert. Zu ihren spannenden Projekten gehört auch die Alte Kirche mit großen Problemen.

„Wer ein Haus aus dem 17. Jahrhundert besitzt und dort wohnt, muss ja schließlich nicht wie im 17. Jahrhundert leben“, sagt Lea Fernau und spricht damit einen ganz wichtigen Punkt an: den klugen und besonnenen Umgang mit dem Ermessensspielraum, den es bei ihrer hauptsächlichen Arbeit gibt. Das sind nämlich die so genannten Erlaubnisanfragen, die die derzeit für die Bezirke Mitte und Neviges zuständige Denkmalpflegerin der Stadt Velbert bearbeitet. Ein ganz aktuelles Objekt, das die 31-Jährige betreut, ist die Alte Kirche im Herzen der Stadt, bei der sich die Entdeckung von Schimmelschäden an der Orgel lediglich als die Spitze eines Eisbergs entpuppte.

Erst getischlert, dann studiert

„Das wird was Größeres“, sagt Lea Fernau – und meint damit den Sanierungsbedarf der Alten Kirche in der Innenstadt.
„Das wird was Größeres“, sagt Lea Fernau – und meint damit den Sanierungsbedarf der Alten Kirche in der Innenstadt. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Aber ersteinmal zurück zu den Anfragen. Das kann sich um eine Fassadenerneuerung – und konkret deren Farbe – gehen oder z. B. um einen Fensteraustausch. „Das geht nicht einfach Stempel drauf und fertig“, sagt die Heiligenhauserin, die zunächst eine Tischlerlehre gemacht, anschließend Konservierungs- und Restaurierungswissenschaften studiert und seit Januar für die Stadt arbeitet. Vielmehr müsse sie die Unterlagen prüfen. Kommen die richtigen Materialien zum Einsatz und sind sie passend? Ist der Eingriff nötig und vertretbar? Und vieles mehr. Wenn für die Fachfrau alles in Ordnung ist, muss sie allerdings noch mit dem Landschaftsverband (LVR) Rheinland das „Benehmen herstellen“, bevor der Eigentümer grünes Licht bekommt.

Spielraum ist klar abgesteckt

Anderes Beispiel: Bei der Sanierung der Villa Herminghaus wurde nicht nur die ursprüngliche Treppenfarbe – ochsenblutrot – entdeckt, sondern auch eine irgendwann mal zugebaute Schiebetür freigelegt. „Wir können nur darauf pochen, dass die Tür erhalten bleiben muss“, erklärt Fernau. Wenn der Eigentümer sie nicht wolle und/oder brauche, dürfe er sie sehr wohl wieder zumachen.

Ein dreistufiges System

Alle Denkmäler sind aufgelistet

Weder allein das Alter noch ggf. ein perfekter Zustand sind ausschlaggebend, um etwa einem Gebäude Denkmaleigenschaften zu attestieren. Auch auf den ersten Blick Unscheinbares kann schützenswert sein. Maßgeblich ist der „historische Zeugniswert“ der Bausubstanz. Per Gesetz sind Denkmäler „Sachen“, bzw. Mehrheiten und Teile davon, „an deren Erhaltung und Nutzung ein öffentliches Interesse besteht“. Man unterscheidet zwischen Bau- und Bodendenkmälern, beweglichen Denkmälern und Denkmalbereichen, wie es sie vor Ort in Langenberg und Neviges gibt.

Die Stadt Velbert hat alle Denkmäler aufgelistet und mit Kurzbeschreibungen versehen. Die Liste kann im Netz über die Homepage www.velbert.de eingesehen werden. Auf der Stadt-Startseite erst Bürgerinfo anklicken, dann den Bereich Stadtentwicklung/Umwelt/Bauen aufrufen und dort auf Denkmalschutz/Denkmalpflege gehen.

In dem Drei-Stufen-System beim Denkmalschutz bildet unten die Stadt Velbert als Untere Denkmalbehörde die Vollzugsebene, die die Dinge vor Ort regelt. Darüber steht, wie Michael Hubben erklärt, der Kreis Mettmann als Obere Denkmalbehörde und zuoberst das NRW-Fachministerium. Der LVR fungiere als unabhängiges Fachamt und sei überwiegend beratend tätig. Übrigens gibt es nach Auskunft des Abteilungsleiters (Bauleitplanung und Denkmalschutz) im Stadtgebiet 283 Baudenkmäler. Plus sieben Bodendenkmäler, z. B. die Relikte der Burg Hardenberg sowie ein Rundbunker aus dem II. Weltkrieg.

Traumberuf und stets Plan A gewesen

Sie legen beide Wert darauf, dass es auch für den Eigentümer und Nutzer passt: Die Denkmalpflegerin Lea Fernau und ihr Chef Michael Hubben, Leiter der Abteilung für Bauleitplanung und Denkmalschutz, hier vor dem Offershaus.
Sie legen beide Wert darauf, dass es auch für den Eigentümer und Nutzer passt: Die Denkmalpflegerin Lea Fernau und ihr Chef Michael Hubben, Leiter der Abteilung für Bauleitplanung und Denkmalschutz, hier vor dem Offershaus. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Der Großteil der Baudenkmäler, die zumeist – es gibt kein Muss – ein Emailleschild mit dem NRW-Wappen und dem Schriftzug Denkmal als solche ausweist, ist Privateigentum. „Ein Denkmal braucht eine Nutzung“, erklärt Fernau. „Das spielt auch bei dem Ermessen eine Rolle, dass der Eigentümer es vernünftig nutzen kann“, ergänzt Hubben. Die Denkmalpflegerin hat sich bereits im Studium auf ihre heutige Profession kapriziert: „Das ist mein Traumberuf und war immer schon mein Plan A.“

Förderantrag geht ans Land

Als derzeit „sehr spannende“ Projekte nennt sie den Umbau von altem Rathaus und alter Post in Neviges, ferner die Überlegung, die ehemalige Funke-Fabrik in Langenberg für altengerechtes Wohnen umzubauen und, tja, in Mitte die Alte Kirche am Offers. Dort ist man bei der Ursachenforschung auf ein äußerst problematisches Innenklima gestoßen. Es gibt Schäden an Mauern, Dach und Fenstern. Die ev. Kirchengemeinde hat für die bisher auf 340.000 Euro taxierte Sanierung schon vom Bund eine Förderzusage über 170.000 Euro und hofft noch auf Hilfe vom Land. Ein Architekturbüro ist dabei, das Ganze genauer zu inspizieren.

„Das wird was Größeres“, sagt Lea Fernau, die diese Maßnahme ebenfalls begleitet. So sei absehbar, dass wohl alle im gotischen Stil gehaltenen Metallfenster gesandstrahlt und entrostet, dafür das Buntglas aus- und wieder eingebaut, und sie womöglich mit einem klaren Schutzglas versehen werden müssten.

Pauschale ist noch nicht ausgeschöpft

Apropos Geld: Wohlwissend, dass der Besitz eines Baudenkmals oft mit (finanziellem) Mehraufwand verbunden ist, verweist Michael Hubben erstens auf die steuerlichen Möglichkeiten und Vorteile. Und zweitens über die vor Ort existierende und heuer mit 30.000 Euro ausgestattete Denkmalpauschale. Sie besteht zu 70 Prozent aus Landes- und 30 aus städtischen Mitteln – und ist noch nicht ausgeschöpft. „Es ist noch Geld da.“