Sprockhövel. Die brutalen Angriffe auf Politiker in Essen und Dresden machen auch in Sprockhövel fassungslos. Wollen die Lokalpoliker nun Polizeischutz?

Eine ganz neue Art der Aggression findet gerade im Wahlkampf für die Europawahl am 9. Juni statt: Politiker unterschiedlicher Parteien werden beschimpft, beleidigt, gar körperlich attackiert. Die Angriffe auf die SPD-Politiker Matthias Ecke in Dresden und Franziska Giffey in Berlin sowie die Grünen-Politiker Rolf Fliß und Kai Gehring in Essen sorgen auch in Sprockhövel für Fassungslosigkeit.

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Doch wie genau ordnen Sprockhövels Ratsmitglieder das Thema ein? Welche Ursachen für die brutalen Attacken sehen sie und welche Lösungsstrategien haben sie? Und was sagen sie zu den Forderungen mancher, Politikern mehr Polizeischutz zu geben? Ein Stimmungsbild.

Thorsten Schulte (CDU): „Wir werden weiterhin Plakate aufhängen“

Thorsten Schulte (CDU): „Wir lassen uns nicht abschrecken, aber jedes Opfer ist natürlich ein Opfer zu viel. Franziska Giffey hat jetzt natürlich nicht mehr den Schutz, den sie als Bundesfamilienministerin hatte. Die Frage ist ja, wo macht man einen Schnitt? Es kann ja nicht jeder Politiker bewacht werden. Wir werden weiterhin Plakate aufhängen, wir alle sind ja im Ehrenamt unterwegs. Oft haben wir einen Bollerwagen dabei und arbeiten zu viert, um für die Wahl zu plakatieren. Aber sicher kann man sagen, dass die Aggressionen schlimmer werden.“

Dominik Napp (FDP): „Ich will definitiv keinen Polizeischutz“

Dominik Napp (FDP): „Gott sei Dank leben wir in Sprockhövel auf dem Land. Da sieht die Welt sicher noch anders aus als in Berlin. Ich habe bisher noch nie Bedrohungen bekommen, aber ich will auch definitiv keinen Polizeischutz. Da würde ich mich nicht mehr wohlfühlen. Einen tätlichen Angriff haben wir noch nie erlebt. Ich habe aber auch kein Rezept, wie man mit einer extremen Lage umgehen soll. Einen Grund für solche Eskalationen sehe ich in der extremen Politik, die in Berlin gemacht wird. Wir müssen definitiv wieder zu einer Politik der Mitte kommen. Es liegt mit Sicherheit auch am Handeln der Politiker.

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In Sprockhövel galt zum Beispiel der Beschluss, dass man Flüchtlinge dezentral unterbringt. Dieses Versprechen ist jetzt auch wieder gebrochen worden. Es ist doch klar, dass die Bürger dann zur AfD laufen. Das gilt auch für andere Themen wie Mobilität und Umwelt. Wenn ich Politik mit der Brechstange anstatt mit Augenmaß mache, muss ich mich über aggressive Reaktionen nicht wundern.“

Thomas Schmitz (Grüne): „Dass man angeblafft wird, das gibt es schon länger“

Thomas Schmitz (Grüne): „Keine wirklich gute Idee ist Polizeischutz für noch mehr Politiker. Wir sind allerdings kurz nach dem Vorfall in Essen von unserer Partei aufgefordert worden, möglichst zu dritt aufzutreten und uns vor allem deeskalierend zu verhalten. Dass man angeblafft wird, das gibt es allerdings schon länger. Die Polizei soll aber ihren Job machen und nicht noch für Politiker abgestellt werden. Im Gesundheitswesen, vor allem in der Psychiatrie, gibt es schon lange Schulungen, um deeskalierend auf aggressive Menschen zu reagieren, das ist die beste Methode. Das lernen ja auch Rettungssanitäter, Feuerwehrleute und Polizei.“

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Wolfram Junge (SPD): „Ich halte Polizeischutz für Kommunalpolitiker für überzogen“

Wolfram Junge (SPD): „Ich halte Polizeischutz für Kommunalpolitiker für überzogen. Bei uns ist ja niemand ganz alleine unterwegs. Wir haben uns im Rat darauf verständigt, dass wir - bei allen unterschiedlichen Positionen –gegen rechts zusammenhalten, das finde ich wichtig. Plakate wurden in der Vergangenheit immer mal wieder zerstört, aber Sprockhövel ist immer noch ein Kleinod. Natürlich gibt es immer einen Bevölkerungsanteil, der gegen alles ist. Da geht es immer in erster Linie um Emotionen und nicht darum, rational vorzugehen. Ein Problem sehe ich auch darin, dass niemand mehr den Wohlstand schätzt, den wir hier in Deutschland haben. Das hat etwas mit Demut zu tun und die hat kaum noch jemand.“