Sprockhövel. Klamotten aus und los: Beim Sprockhöveler FKK-Sportverein wird nicht nur nackt Sport gemacht. Der Verein erklärt seine absoluten No-Gos.
Herne hat Nacktfußball - in Sprockhövel sind die Nackten das ganze Jahr unterwegs. Blankziehen erwünscht: Der Sprockhöveler Familiensportverein „Lichtbund“ vereint Sport mit Freikörperkultur. 100 Jahre alt wird der Verein demnächst, und das Interesse, dort Mitglied zu werden, ist ungebrochen groß. Das Jubiläum ist Anlass, mal mit ein paar Vorurteilen aufzuräumen: Was beim „Lichtbund“ geht – und was nicht.
Das Paradies am Eichenhofer Weg
Das Paradies liegt nicht irgendwo, sondern am Eichenhofer Weg. 88.000 Quadratmeter ist das herrliche Waldgrundstück groß, alter Baumbestand, ein leises Rauschen in den Wipfeln. Gepflegte Rasenflächen, farbenprächtige, in der Sommersonne leuchtende Sträucher, Vogelgezwitscher. Und mittendrin ein türkisfarbener Solitär: Das Schwimmbecken, das mit Solarenergie immer auf mehr als 20 Grad Temperatur gehalten wird.
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Durch Wald und über Lichtungen, vorbei an hübschen Sommerhäusern schlängelt sich ein Trimmpfad, auffordernd laden die farbenfrohen Ringe auf den Schießscheiben zum Bogenschießen ein, das Ascherot der Tennisplätze leuchtet.
Gepflegte Sportanlage im Besitz des Vereins
Die überaus gepflegte Sportanlage ist im Besitz des Vereins, die Mitglieder hegen und pflegen sie, Mitgliedsbeiträge und die Pacht für die kleinen Parzellen, die der Verein Interessierten zur Verfügung stellt, werden auf der Vorzeige-Anlage reinvestiert. Modernste Sanitäranlagen, eine Gastronomieküche, freundlich-gelbe Trainingsräume, qualifizierte Trainerinnen und Trainer, ein professionelles Vereinsmanagement machen den Verein aus.
Erinnerung an die Goldenen Zwanziger
In der Kunst, der Literatur, Musik und aufgrund der zunehmenden Industrialisierung in Deutschland entwickelte sich der Wunsch nach Natürlichkeit, Freiheit, nach Aufräumen mit dem alten Mief der spießbürgerlichen Gesellschaft einerseits. Von der spielerisch-kindlichen Freude am Nacktbaden zeugen die Werke der Expressionisten Erich Haeckel und Karl Schmitt-Rottluff. Raus aus der Großstadt Berlin, rein in die Moritzburger Seen.
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Auch die Arbeiter in den dunstigen Ruhrgebietsstädten entdeckten den ungezwungenen Aufenthalt im Freien.
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Die Vorstandsmitglieder des Sportvereins Lichtbund amüsieren sich heute ein bisschen über die „Gesundheits-Apostel“, wie sie die Vereinskultur der früheren Jahre nennen: „Kein Alkohol, keine Zigaretten, kein Fleisch. Das war früher die Vorstellung vom natürlichen Leben. Heute spielen Geselligkeit, gemeinsame Freizeitaktivitäten und ein lebendiges Vereinsleben – neben dem Sport – eine wichtige Rolle“, erläutern Hans-Joachim Papsdorf und Joachim Stamm, die den Verein leiten.
Auf der Warteliste haben Familien den Vorrang
Der FKK-Sportverein hat 400 Mitglieder, darunter viele Familien. Einige kommen zum Sport und für die Geselligkeit auf die Anlage, andere haben ein Sommerhäuschen gepachtet, wieder andere einen Wohnwagenstellplatz. Die Warteliste ist lang, und der Vorstand hat ein überzeugendes Punktesystem erarbeitet, nach dem Bewerber aufgenommen werden. Familien haben Vorrang, und wer Mitglied wird und sich für den Verein engagiert, darf damit rechnen, beizeiten eines der hübschen Sommerhäuschen pachten zu können.
Bereitschaft, sich unbekleidet auf der Anlage zu bewegen
Die Bereitschaft, die weitläufige Anlage mit zu pflegen, das Interesse für mindestens eine der vielen angebotenen Sportarten und die Bereitschaft, sich entsprechend der Regularien auch unbekleidet auf der Anlage zu bewegen, sind ebenfalls Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft: „Wer sich unter FKK-lern bewegt, muss selbst natürlich auch Anhänger dieser Körperkultur sein“, fordert die Sportgemeinschaft und verwahrt sich entschieden gegen Gaffer, Voyeuristen oder eine vermutete Nähe zur Swinger-Szene. Zwei Jugendwartinnen kümmern sich um die Kinder und Jugendlichen, Ansprechpartner beim Thema „sexuelle Übergriffe“, wie sie erschreckenderweise in vielen Sportvereinen vorkommen, sind benannt.
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„Kleider machen Leute. Ohne Kleider macht Menschen.“
Hans-Joachim Papsdorf und Joachim Stamm erläutern die Philosophie, die so viele Menschen begeistert: „Kleider machen Leute. Ohne Kleider macht Menschen.“ Kleidung ist ideal, um Distanz zu schaffen, Status zu symbolisieren, auszugrenzen. Wer unbekleidet unterwegs ist, kommt als Mensch daher!“ Auch der Umgang mit Behinderungen sei nirgendwo einfacher als unter Unbekleideten. „Die schönen Körper aus der Werbung – wo gibt es diese denn“, fragt Papsdorf. „Unsere Mitglieder dürfen sich auch mit Operationsnarben oder anderen Versehrtheiten hier aufgehoben, geachtet und gewertschätzt fühlen“, beschreibt Joachim Stamm die Atmosphäre.
Keine Nackedeis auf dem Parkplatz
Die Lichtbund-Mitglieder schätzen die Freiheit, auch die der persönlichen Entscheidung: „Wer sich bei einer Sportart wohler fühlt, wenn man eine Hose, ein Oberteil oder einen BH trägt, der möge das tun. Auch die Anlage-Pflege-Stunden, die jedes Mitglied macht, finden bekleidet statt, Reparaturen, der Erweiterungsbau der Turnräume, ebenso wie der Gang zum Parkplatz. Hier sind keine Nackedeis zu sehen.
Dieser Text erschien zuerst am 15. April 2024.