Sprockhövel. Der Erbstollen in Sprockhövel hat beeindruckt: Der spannende Rundgang und die Einblicke unter Tage fasziniert die WAZ-Leser. Das bietet die Tour.

Während die Gummistiefel langsam durchs Wasser platschen, tropft es von oben auf den Helm: Zum 75-jährigen Bestehen der WAZ wurden Leserinnen und Leser in eine andere Welt geführt – und dafür mussten sie nicht einmal eine Fernreise antreten: Es ging in den Stock und Scherenberger Erbstollen. Mit Bergmannskleidung, Helm und Lampe wird die Wanderung in die Dunkelheit im Gänsemarsch angetreten. Nichts für Menschen mit Klaustrophobie.

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Darum kehrt nach einigen Minuten Kirstin Hagedorn auch lieber um. Sie hat es nur bis zum Mundloch des Erbstollens gebracht. „Da sind mir zu viele Menschen“, merkt sie gleich. Sie ärgert sich über sich selbst, weil sie unbedingt einmal in einen solchen Stollen hineingehen möchte. Jetzt wohnt sie zwar in Sprockhövel, kommt aber ursprünglich aus Bochum und kennt natürlich das Bergbaumuseum, aber noch keinen echten Stollen. Eins ist für sie aber klar: Sie wird einen zweiten Anlauf nehmen, wenn weniger Menschen vor Ort sind. Dann wird sich die magische Welt auch ihr eröffnen.

75 Jahre WAZ: Führung durch den Erbstollen in Sprockhövel.
75 Jahre WAZ: Führung durch den Erbstollen in Sprockhövel. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Drinnen lernen die Leserinnen und Leser viel über die Ruhrgebietsvergangenheit, über den Bergbau und über die Geschichte unserer Erde. Denn die kann man an den schräg liegenden Gesteinen ablesen. Spannend und kenntnisreich erzählt Lasse Knährich über die Schichtungen. Etwa dass vor 320 Millionen Jahren Sprockhövel am Äquator lag. Lange bevor die Dinos vor 65 Millionen Jahren ausstarben. Seine und die anderen Grubenlampen lassen die Wände leuchten. Was für eine Farbenpracht. Gelb weist auf Schwefel hin, rot auf Eisen.

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Einen einzigen Zentimeter pro Tag kamen die Bergleute damals voran, als sie sich in den Erbstollen hineinarbeiteten. Das ist auch das Beeindruckendste, was alle nachher sagen: „Der Respekt vor der Arbeit der Bergleute ist noch einmal enorm gewachsen. Was für eine schwere Arbeit.“

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Das finden auch Uwe und Marc Wegener: Vater und Sohn sind beeindruckt von der Tour. Selbst Marc mit seinen 1,90 Meter hat es gut hinter sich gebracht. Von Beklemmungen in der engen Röhre keine Spur. Aber den Rücken merkt er schon. Deutlich mehr als eine Stunde in gebückter Haltung durchs Wasser waten, das geht auf die Knochen.

Über den Namen und die Führungen

Woher hat der Erbstollen seinen Namen? Der Vorstandsvorsitzende des Vereins Bergbauaktiv Ruhr, Lasse Knährich, kennt die Antwort: Es geht um das Wasser, das der Betreiber von anderen angeschlossenen Zechen erbt und ableitet. Dafür konnte er eine Erbstollengebühr erheben.

Die Führungen, die der Verein anbietet, sind auf der Internetseite stock-und-scherenberg.de zu sehen. Sie finden in Kleingruppen von zwei bis sechs Personen statt, Helm und Geleucht, sowie Gummistiefel können vor Ort ausgeliehen werden. Kleidung, die dreckig werden darf, ist Voraussetzung. Kinder ab neun Jahren in Begleitung eines Erwachsenen und Grundschüler in der 4. Klasse können teilnehmen. Die Termine sind auf der Seite einzusehen.

Aber die beiden sind beeindruckt: „Wir gehen den Spuren von Großvater und Urgroßvater nach“, erzählt Uwe Wegener. Sein Opa war Steiger auf der Zeche Alte Haase, der ehemaligen Kohlezeche in Sprockhövel. Das Bergwerk baute vom Anfang des 17. Jahrhunderts bis 1969 die im südlichen Ruhrgebiet befindlichen Kohleflöze der ältesten Schichten ab und zählt zu den ältesten Steinkohlenzechen im Ruhrgebiet.

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Dass Sprockhövel die Wiege des Steinkohlebergbaus ist, das weiß offenbar jeder und stolz sind die Menschen darauf immer noch. Auch wenn kaum noch jemand beruflich mit Kohle zu tun hat.

Gute Vorbereitung: Sarah Lambrecht hilft WAZ-Leser Wilhelm Schulze in die Stiefel.
Gute Vorbereitung: Sarah Lambrecht hilft WAZ-Leser Wilhelm Schulze in die Stiefel. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Und es gibt sie immer noch, die Personen, die mit dem Bergbau selbst heute eng verbunden sind. Zum Beispiel Jan (31) und Werner Vettermann (66). Die Mutter und Ehefrau arbeitet für den Bergbau, den es in unseren Regionen ja nicht mehr gibt. „Aber natürlich in anderen Teilen der Welt“, sagt der Vater. Seine Frau stellt Teile für Tragförderbänder her, die dann in die Welt geschickt werden. Präsent ist offensichtlich der Bergbau im Ruhrgebiet nach wie vor. Und in den Köpfen der nachfolgenden Generationen. Nach der Tour sind viele Leser dankbar für die neue Erfahrung und stellen entschlossen fest: „Wir kommen auf jeden Fall wieder.“

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