Oberhausen. . Die Sterkraderin Roswitha Hartsch erzählt wie sich sich aus Hartz IV kämpfte. Jobcenter:Weiterqualifikation zu Unrecht in der Kritik. 70 Prozent Erfolgsquote bei Umschulungen. Die Weiterbildungsmaßnahmen kosten jährlich 4,3 Millionen Euro.

Fürs Schlafen blieb nicht viel Zeit. Roswitha Hartsch erinnert sich noch gut an die zwei Jahre, in denen sie täglich zur Umschulung nach Düsseldorf pendelte. Jeden Tag klingelte der Wecker um 5.30 Uhr. Die 37-Jährige machte die Kinder schulfertig, dann ging’s schon los. Zwischendurch nur wenig Zeit für eine Mittagspause. Gegen 16 Uhr ging’s zurück zu den Kindern nach Sterkrade. Nach dem Abendessen büffelte die Alleinerziehende für Prüfungen. „Oft bis nach Mitternacht.“

Kein Zuckerschlecken

Umschulungsmaßnahmen seien kein Zuckerschlecken, sagt Jobcenter-Sprecher Josef Vogt. „Das macht man nicht nebenbei.“ Die Behörde will mit alten Vorurteilen gegen die jährlich 4,3 Millionen Euro teuren beruflichen Weiterbildungsmaßnahmen in Oberhausen aufräumen.

698 Menschen hatten sich im Vorjahr für eine Umschulung entschieden, etwa doppelt so viele für andere Weiterqualifikationen wie Staplerscheine. Vogt lobt die gute Erfolgsquote: Bei den Umschülern hätten nach sechs Monaten 70 Prozent endlich wieder einen versicherungspflichtigen neuen Job gefunden.

An Anfang ohne Job

Roswitha Hartsch stand Anfang 2010 ohne Job da. Sie hatte eine Ausbildung als Zahnmedizinische Fachangestellte gemacht. Nach der Kinderpause reichten die Qualifikationen nicht mehr. Der Röntgenschein war abgelaufen. Ihr fehlte die praktische Erfahrung.

Auch die Arbeitszeiten in der Zahnarztpraxis ließen sich nicht mit der Betreuung der eigenen Kinder vereinbaren. Perspektive: schlecht. Und von den Sozialleistungen des Jobcenters (Hartz IV) wollte sie auch nicht für immer leben.

Ausbildung zur Reiseverkehrskauffrau

Die junge Mutter entschied sich für die Ausbildung zur Reiseverkehrskauffrau. „Das konnte ich mir schon immer gut vorstellen.“ Die Behörde prüfte Roswitha Hartschs Antrag. Das Jobcenter finanzierte die Ausbildung über Bildungsgutscheine. Es gab Fahrtgeld und sogar für die Kinderbetreuung etwas dazu.

Dass jemand nur die finanzielle Unterstützung abgreifen wolle oder die Ausbildung schleifen lasse, komme eher selten vor, sagt Josef Vogt und geht auch gegen dieses Vorurteil an. „Wenn sich jemand entscheidet, diesen Schritt zu gehen, dann hat er sich das in der Regel gut überlegt.“

Neue Stelle im Osterfelder Reisebüro

Für Roswitha Hartsch hat sich das Engagement ausgezahlt. Die Sterkraderin trat gerade ihre neue Stelle im Osterfelder Reisebüro an. „Ich verdiene jetzt mein eigenes Geld.“ Vorbei die Zeit der Sozialleistungen. Und, dass sie den neuen Beruft beherrscht, beweist die 37-Jährige: „In diesem Sommer ist die Türkei besonders gefragt.“