Oberhausen. . Eine aktuelle Befragung der Grünen Bundestagfraktion zeigt, dass privat Versicherte bevorzugt werden und schneller Termine erhalten. Gesetzlich Versicherte mussten hingegen eine Wartezeit von 25 Tagen hinnehmen. Die von der großen Koalition geplanten Terminservicestellen seien teilweise sinnvoll
Gesetzlich Versicherte Oberhausener müssen im Schnitt auf einen Arzttermin deutlich länger warten als privat Versicherte. Dies geht aus einer aktuellen Erhebung hervor, welche im Auftrag der Grünen Bundestagfraktion durchgeführt wurde. In 90 Arztpraxen im Ruhrgebiet sollten Termine vereinbart werden – gesetzlich Versicherte mussten dabei eine Wartezeit von 25 Tagen hinnehmen, privat Versicherte dagegen konnten im Schnitt bereits nach sechs Tagen einen Termin erhalten.
„Es ist nicht hinnehmbar, dass es solche Unterschiede gibt, gerade für Kassenpatienten mit ernsthaften Problemen,“ kommentiert Bärbel Höhn, Grüne Bundestagsabgeordnete aus Oberhausen, die Ergebnisse. „Wenn Ärzte aber für einen Privatpatienten mehr als das doppelte an Honorar bekommen, ist eine Bevorzugung bei der Terminvergabe nachvollziehbar“, sieht sie eine Erklärung der Ungleichbehandlung.
„Das wollen wir mit einer Bürgerversicherung ändern. Hier zahlen alle nach ihrer Leistungsfähigkeit in einen gemeinsamen Topf ein und der Arzt hat keine Gründe bestimmte Patienten zu bevorzugen.“
Bessere Chancen mit Überweisung vom Hausarzt
Die von der großen Koalition geplanten Terminservicestellen seien teilweise sinnvoll. „Sie werden aber nicht die großen Unterschiede bei der Terminvergabe verändern“, ist Höhn überzeugt. „Die meisten Kassenpatienten bekommen einen Termin innerhalb eines Monates, aber eben am Ende dieses Zeitraumes. Fast 70 Prozent der privat Versicherten bekommen hingegen ein Terminangebot innerhalb der ersten drei Tage, vielfach sogar noch am gleichen Tag.“
Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNO) betont, dass Patienten, die eine Überweisung ihres Hausarztes vorweisen können, relativ schnell einen Termin erhalten. „Das gilt natürlich auch für gesetzlich Versicherte“, heißt es auf Anfrage einer Sprecherin.
Jeder Arzt habe jedoch das Recht zu sagen, dass er keine weiteren Patienten aufnimmt. „Aber gerade im Ruhrgebiet ist es keineswegs so, dass es Praxen gibt, die nur noch privat Versicherte aufnehmen.“ So eine Situation gebe es vielleicht in einer Beamtenstadt wie Bonn, so die Sprecherin.
Eigene Praxis wird immer unattraktiver
Zudem gibt sie zu bedenken, dass seit der Honorarreform im Gesundheitswesen 2009 niedergelassene Ärzte eine Pauschale pro gesetzlich versicherten Patienten erhalten. „Wenn dieser jedoch mehrmals kommt, ist diese schnell aufgebraucht.“
Dr. Ulrich Kröll, Internist und Sprecher der KVNO in Oberhausen, kann bestätigen, dass eine Ungleichbehandlung besteht. „Das ist jedoch systembedingt.“ Er und viele seiner Kollegen seien unzufrieden. „Es ist doch so, dass es immer unattraktiver wird, eine Praxis aufzumachen“, so Kröll. „Wenn Kollegen in den Ruhestand gehen wollen, haben sie große Schwierigkeiten, einen Nachfolger für ihre Praxis zu finden.“
Eine Bürgerversicherung, wie sie von den Grünen gefordert wird, biete kurzfristig keinen Beitrag zur Lösung. „Das wäre ein Riesenprojekt.“