Oberhausen. . Das Bertha-von-Suttner-Gymnasium in Oberhausen feiert sein 50-jähriges Bestehen ab dem 22. September mit einer Festwoche. Die Stoag schenkte der Schule im Knappenviertel zum Geburtstag einen neuen Haltestellen-Namen. Ehemalige beschwören anlässlich des Jubiläums den besonderen Geist der Schule.

Das waren noch Zeiten, als neue Schulen gebaut wurden, weil es so viele Schüler gab. Vor 50 Jahren war das in Oberhausen so, die örtliche Zeitung meldete 1964, dass „ein Prachtbau mit leuchtenden Mosaiken“ an der Bismarckstraße entstanden sei. 5,4 Millionen D-Mark kostete die Errichtung des Bertha-von-Suttner-Gymnasiums, das seinen 50. Geburtstag in der nächsten Woche ab dem 22. September feiern wird (siehe Festprogramm).

„Dr. Elsa Fink leitete damals das Oberhausener Mädchengymnasium, das quoll aus allen Nähten“, erinnert sich Hanna Schroer, die 1973 die Leitung des „Bertha“ übernahm, als Fink in Pension ging. Mit 478 Schülerinnen startete das neue Gymnasium vor 50 Jahren, erst 1975 kamen die ersten Jungen, „Rabauken“, sagt Hanna Schroer lächelnd. Wenn es nach ihr gegangen wäre, hätte das neue Oberhausener Gymnasium den Namen des damals ermordeten US-Präsidenten John F. Kennedy bekommen. Aber der Vorschlag des Kollegiums, die Friedenskämpferin und Nobelpreisträgerin Bertha von Suttner als Namenspatronin zu wählen, stieß auf breite Zustimmung bei den Verantwortlichen. Ein charakterlicher Grundstein für die Schule.

Kontrovers und demokratisch

Denn einig sind sich viele Ehemalige, die in der Festschrift zu Wort kommen, was den besonderen Geist, das besondere Klima am „Bertha“ angeht: Es fallen Begriffe wie Respekt, Offenheit, politische Bildung. Dinge kontrovers, aber „offen demokratisch auszutragen“, sei eine Tradition, so Michael von Tettau, seit 2000 Schulleiter. Für ihn ist Bertha von Suttner ein Vorbild in der Art des Denkens.

An dem Gymnasium im Knappenviertel würde nicht nur für Schulnoten gepaukt, sondern tatsächlich fürs Leben gelernt, schreibt der Oberhausener CDU-Landtagsabgeordnete Wilhelm Hausmann, ein „Bertha“-Schüler. „Vielfach erkennt man Ehemalige noch daran, wie sie diskutieren oder sich im Leben für die Gesellschaft einsetzen.“

Das drückt sich in Schildern am Eingang aus: „Nazifreie Zone“ steht da, „Schule ohne Rassismus“, aber auch „Kulturschule“ oder „Mint-freundliche Schule“. Viele Etiketten, die täglich mit Leben gefüllt werden (müssen). Mit Schwerpunkten im musikalischen und naturwissenschaftlichen Unterricht. Mit Debatten, zu denen Politiker eingeladen werden, mit Besuchen in Konzentrationslagern, mit der langjährigen Antifa-AG.

Das „Bertha“ war und ist auch immer ein bisschen quer gebürstet. Ein Experiment zum Thema Antirassismus sorgte Ende der 80er Jahre für erregte Debatten, sogar der damalige NRW-Kultusminister Hans Schwier schaltete sich ein (Kommentar: „nicht in allen Konsequenzen durchdacht“). „Geweint habe ich“, erinnert sich Hanna Schroer, sie sei zwar generell über die Vorbereitungen zum Gedenktag anlässlich des 50. Jahrestages des Novemberpogroms informiert, aber nicht in Details eingeweiht gewesen. Sie war geschockt und dann überzeugt.

Bei dem Unterrichtsversuch wurden Schüler mit bestimmten Vornamen aus den Klassen geholt. Ihnen wurde ein fingierter Erlass vorgelesen, wonach Studien ergeben hätten, dass Kinder mit diesen Vornamen weniger lernfähig seien. Wie es ist, ausgestoßen zu sein und diskriminiert zu werden, sollten die Teenager lernen. Dafür gab es Anerkennung, aber eben auch heftige Kritik.

Laut Chronik besuchen aktuell 1002 Schüler aus 36 Nationen das Gymnasium. „Wir haben sehr früh angefangen, Kinder mit Migrationshintergrund an unserer Schule aufzunehmen und sie zu fördern“, sagt Michael von Tettau, „aber wir sind keine Ausländerschule, sondern so aufgestellt, dass wir auch für typische Bildungsbürger attraktiv sind.“ Überhaupt falle im Schulalltag gar nicht auf, dass die Schüler aus so vielen Ländern kommen. „Integration wird gelebt“, meint Tettau.

Schüler bilden Menschenkette rund ums „Bertha“

Die Feiern zum Jubiläum starten am Montag, 22. September. Ab 10 Uhr werden die Straßen rund um das Bertha-Gymnasium gesperrt, alle Klassen laden zu Mitmach-Aktionen ein. Auf dem Schulgelände gibt es eine große Bühne, auf der Schüleraktivitäten gezeigt werden. Der Schultag endet mit einer Menschenkette rund um das Schulgelände.

Der offizielle Festakt findet am Mittwoch, 24. September, ab 12 Uhr in der Aula statt. Vertreter der Bezirksregierung, der Stadtverwaltung, der Politik und Mitglieder der aktuellen und ehemaligen Schulgemeinde werden das Jubiläum feierlich begehen.

Zum Abschluss der Woche sind am Freitag, 24. September, Nachbarn, Freunde und Ehemalige zum Schulfest eingeladen. Beginn ist um 14 Uhr. Neben zahlreichen Cafés und Spielständen gibt es eine Tombola, ein Kulturpogramm in der Aula (18 Uhr) und Führungen durch die Schule. Ehemalige können sich klassenweise in Räumen treffen. Um 21 Uhr wird ein Feuerwerk den Himmel über dem Bertha-von-Suttner-Gymnasium erstrahlen lassen. Auf die nächsten 50 Jahre – denn eigene Haltestellen bekommen nur Orte mit langer Lebensdauer.