Oberhausen. . Multiresistente Erreger sind eine tödliche Gefahr. Seit 2011 haben sich die Oberhausener Kliniken auf Anregung des gesundheitsamtes zusammengeschlossen, um des Problems Herr zu werden. Ein Netzwerk hat nun die Kliniken für deren Hygienestandards ausgezeichnet. Wachsamkeit ist weiter geboten.
Multiresistente Erreger (MRE) – eine tödliche Gefahr: Bis zu 15 000 Patienten sterben nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums jährlich an einer Infektion, die sie sich im Krankenhaus zugezogen haben. Dabei hätten bis zu 30 Prozent (4500 Betroffene) durch die Einhaltung von Hygieneregeln gerettet werden können. „Handeln wir nicht, sind wir auf direktem Weg ins Mittelalter und bekommen auch in Oberhausen bald jede fünfte Infektion nicht mehr in den Griff“, warnt Dr. Henning Karbach, Leiter des hiesigen Gesundheitsamtes. „Viele Arzneien gegen Bakterien sind nicht mehr verlässlich, weil diese resistent geworden sind.“
Niederlande als Vorbild
Damit das Problem in Oberhausen nicht ausufert, wurde auf Anregung des Gesundheitsamtes 2011 das MRE-Netzwerk gegründet: Alle sechs Krankenhäuser in Oberhausen wurden nun sogar mit dem Qualitäts- und Transparenzsiegel des Eursafety Health-Net für Patientensicherheit und Infektionsschutz ausgezeichnet, das nach dem europaweit führenden Hygiene-Vorbild der Niederlande arbeitet.
Hauptursache der zunehmenden Unwirksamkeit von Antibiotika ist nach Angaben von Amtsarzt Karbach der unsachgemäße Einsatz beim Menschen, aber auch in der Tiermast. „Seit den 1940er Jahren wird bei fast jedem Infekt ein Antibiotikum verschrieben. Dabei sind sie oft nicht notwendig. Gegen Viren wirken sie nicht einmal, nur gegen Bakterien“, erläutert Henning Karbach.
Kontrolle, Weiterbildung, Information
In Oberhausen wurde ein Bündel von Maßnahmen in den Kliniken umgesetzt: Ärzte und Pflegepersonal werden zum Thema MRE in allen Häusern laufend weitergebildet. Das Eingangsscreening auf MRSA sowie die Isolation und Behandlung bei positivem Befund gehören zum Standard. Es wird überprüft, ob alle Hygienemaßnahmen tatsächlich durchgeführt werden. Für den Rettungsdienst und für Krankentransporte seien Übergabebögen erarbeitet worden – damit sich das Personal schützen kann und der Wagen fachgerecht desinfiziert wird.
Nach der Entlassung von Patienten mit MRE werden Hausarzt oder Seniorenheime informiert.
Und so komme es, dass gerade ältere Menschen im Laufe ihres Lebens zu viele Antibiotika erhalten hätten. Folge: „Die Bakterien werden gegen den Wirkstoff immun.“ Die meisten Träger merkten davon nichts. „Für Gesunde stellen sie keine Gefahr dar.“ Bedrohlich würden die Erreger aber für Menschen mit einem geschwächten Immunsystem – und damit für die meisten Krankenhauspatienten und eben auch ältere Menschen.
Pflegeheime nehmen an Studie teil
Wie gefährlich die Situation ist, sieht man an der Entwicklung des resistenten Erregers MRSA. 2011 starteten die hiesigen Krankenhäuser damit, alle Patienten auf diesen Keim hin zu testen. „Damals waren 1,5 Prozent der Patienten betroffen“, sagt Karbach. Diese Zahl ist seitdem angestiegen. Doch nicht nur der MRSA-Keim breite sich aus. „Fast fünf bis zehn Prozent aller Bundesbürger tragen bereits weitere resistente Keime in sich.“ Tendenz steigend.
Nach einer aktuellen Studie der Krankenkasse HKK betrafen 49 Prozent aller MRE-infizierten Krankenhausfälle Patienten im Alter von 70 bis 89 Jahren. Dem Leiter des Gesundheitsamtes gelang es im Rahmen der Arbeit des MRE-Netzwerkes, mehr als die Hälfte der Oberhausener Langzeitpflegeeinrichtungen zu einer Teilnahme an der HALT II-Studie (Pflege- und Therapie-assoziierte Infektionen und Antibiotikaeinsatz in der stationären Pflege in Europa) zu bewegen. „Mit ersten Ergebnissen rechnen wir frühestens Ende des Jahres.“