Oberhausen. Ein Netzwerk zur Bekämpfung von multiresistenten Keimen in Krankenhäusern ist in Oberhausen vor einem Jahr gegründet worden. Das Ergebnis der Untersuchung zeigt: Testen Kliniken nur Risikopatienten auf MRSA-Erreger, geht ihnen ein Drittel der Fälle durch die Lappen.

Multiresistente Erreger und ihre Bekämpfung stehen derzeit ganz oben auf der Liste der Themen, mit denen Ärzte, Kliniken und Gesundheitsämter sich auseinandersetzen müssen. Es handelt sich um Bakterien, bei denen die meisten Antibiotika nicht mehr helfen – was mitunter einen tödlichen Ausgang haben kann. „Krankenhauskeime“ werden die MRE auch genannt, denn viele Menschen infizieren sich ausgerechnet an dem Ort, an dem sie eigentlich gesund werden wollen. Auch in Oberhausen reift jetzt die Erkenntnis heran, dass wirksame Abhilfe nur möglich ist, wenn die Kliniken sämtliche neuen Patienten auf die Erreger testen – nicht nur die so genannten Risikogruppen. Hintergrund ist eine vor Ort durchgeführte Studie, die überraschende Ergebnisse zeitigte.

Um die Verbreitung von multiresistenten Erregern zu bekämpfen, wurde vor etwa einem Jahr hier in Oberhausen ein „MRE-Netzwerk“ mit Vertretern von Kliniken, Krankenkassen und der lokalen Gesundheitsverwaltung gegründet. Eine Einschätzung, wie verbreitet der bekannteste multiresistente Keim – MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) – unter den Patienten ist, liefert nun ein sogenanntes „Prävalenz-Screening“, das im November 2011 in allen Oberhausener Krankenhäusern eine Woche lang durchgeführt wurde.

1146 Patienten gaben bei der Aufnahme eine Probe ab

Alle 1146 in dieser Zeit stationär aufgenommenen Patienten wurden gebeten, Fragen zu möglichen Risikofaktoren zu beantworten und einen Nasenabstrich machen zu lassen, da man MRSA-Erreger auf der Nasenschleimhaut tragen kann, ohne es zu bemerken. Lediglich 100 Patienten verweigerten sich. Jetzt sind die Ergebnisse ausgewertet und werden am 25. April im Sozialausschuss präsentiert.

Wie zu erwarten, ergab etwa ein Prozent der Abstriche einen positiven Befund. 43 Prozent der stationär aufgenommenen Patienten hatten mindestens einen Risikofaktor. Solche Risikofaktoren können etwa eine chronische Pflegebedürftigkeit, eine Antibiotika-Therapie im letzten halben Jahr, ein Krankenhausaufenthalt im letzten Jahr oder ein Harnwegskatheter sein.

Personen, die mindestens einen solchen Risikofaktor aufwiesen, hatten dreimal häufiger einen positiven MRSA-Befund als diejenigen ohne Risikofaktor. Was allerdings überraschte: 30 Prozent der Patienten mit einem positiven MRSA-Befund hatten keinen einzigen Risikofaktor. Testete man bei der Aufnahme in die Klinik nur die Risikogruppen, bliebe ein Drittel der MRSA-Träger unbemerkt.

So überlegen die Mitglieder des Netzwerks jetzt, die Strategie beim Screening zu ändern. „Es wäre denkbar, künftig nicht nur die Risikopopulation zu screenen, sondern alle Patienten. Sonst riskieren wir ja, dass uns 30 Prozent durch die Lappen gehen“, erklärt Hans-Henning Karbach, Leiter des Bereichs Gesundheitswesen. Einige Krankenhäuser sind schon zu dieser Strategie übergegangen, doch flächendeckend ist die Überprüfung noch nicht. Das soll nun innerhalb des Netzwerks diskutiert werden.

Hausärzte werden nun einbezogen

Die Kliniken bekommen nun ihre jeweiligen Ergebnisse zur Verfügung gestellt, um das eigene „Risikoprofil“ schärfen zu können, wie Karbach sagt: „Die Kliniken können so mehr darüber erfahren, welche Personen mit welchen Risikofaktoren in ihrem Krankenhaus aufgenommen wurden.“

Hygiene im Krankenhaus

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    Zudem gibt es zwei Neuerungen: Die Krankenhäuser geben den entlassenen Patienten nun einen Überleitungsbogen für den weiterbehandelnden Arzt und Seniorenheime mit – so soll die Verbreitung der Krankheit verhindert werden. Außerdem werden seit Anfang April auch die niedergelassenen Ärzte in die Bekämpfung der multiresistenten Keime mit einbezogen. Bislang wurden aus dem Krankenhaus entlassene Patienten beim Hausarzt nämlich nicht weiter auf die Erreger behandelt, weil die Krankenkassen diese Behandlung nicht übernommen haben. Eine Änderung im Infektionsschutzgesetz macht eine Abrechnung durch den Hausarzt nun möglich, was den Kampf gegen die Keime erleichtert.