Oberhausen. . Nun ist es offiziell: Hartmut Schmidt will nun doch nicht für das Amt des Oberbürgermeisters in Oberhausen kandidieren. „Das Amt des Oberbürgermeisters hat mich gereizt, aber ich habe mich aus familiären Gründen gegen eine Kandidatur entschieden“, sagte der Vater zweier Töchter.
Als die Stimmung in Osterfeld gerade besonders hoch kochte, griff Hartmut Schmidt zum Mikrofon. Es war schon spät an diesem Montagabend. Über 200 Besucher drängten sich im Erdgeschoss des umstrittenen Skandal-Baus HDO, den die OGM gekauft hatte und möglichst schnell abreißen wollte. Das gefiel den Bürgern gar nicht, sie gingen Schmidt als Manager der Stadttochter hart an. Der Sozialdemokrat reagierte ganz gelassen, schritt mit dem Mikro in die Menge und sprach wie aus heiterem Himmel: Das HDO bleibt, bis 2015.
Bis heute ist nicht klar: War das ein spontaner Alleingang? Hat Schmidt die teure Entscheidung abgesprochen? So oder so, der Spruch kam an. Die Kritiker verstummten, selbst sie attestierten danach dem geschickten Rhetoriker Oberbürgermeister-Qualitäten. Der Oberhausener SPD-Führung war das schon lange klar: Nicht nur Parteichef Michael Groschek hielt ihn für den besten Kandidaten fürs höchste Stadtamt.
Einer, der Probleme benennt
Dass der noch bis 2016 als OGM-Geschäftsführer unter Vertrag stehende Hartmut Schmidt nun die Kandidatur nicht mehr will, erstaunt viele: Er gilt auch aufgrund seiner Arbeit als früherer SPD-Chef, Verwaltungsangestellter bei der Stadt und Personalrats-Chef als einer der am besten vernetzten Entscheider in Oberhausen. Mit seiner bodenständigen, direkten Art gelang es „Hardy“, wie ihn nicht nur Freunde nennen, auch Skeptiker zu überzeugen. Er wird von vielen als jemand gelobt, der Probleme benennt und anpackt.
Der 52-Jährige ist damit nicht unumstritten in der Partei; er eckt im Zweifel lieber an als seine Hände in den Schoß zu legen – und verfolgt sein Ziel, oft ohne lange zu fragen.
Zeit für die Familie ist wichtig
Nun will Schmidt nicht kandidieren, er begründet dies ausschließlich damit, dass ihm sonst Zeit für seine Familie fehle, die ihm sehr wichtig sei. „Als Oberbürgermeister ist man Verwaltungschef und Repräsentant, das ist eine reizvolle, aber zeitintensive Aufgabe.“ Es gelte in diesem Amt politische Kontakte zu pflegen und zu nutzen; dies sei oft mit langen Treffen verbunden. Zudem sei er der Typ Mensch, der bei Problemen auch wisse wolle, was schief gelaufen sei. „Das nimmt viele Stunden in Anspruch.“ Schon im April habe er sich gegen die Kandidatur entschieden – nach Rücksprache mit seiner Frau.
Bei einem so politisch denkenden Menschen wie Schmidt dürften allerdings auch andere Faktoren nicht unbedeutend sein. Schon früh ahnte die SPD, dass die Kommunalwahl im Mai alles andere als positiv verlaufen würde. Nur mühsam hielt sich die noch bis 2009 allein regierende SPD in Oberhausen an der Macht – mit Grünen und FDP zusammen: Die Ampel hat nur eine Stimme Mehrheit.
Eine bedauerliche Entscheidung
Es ist schade, dass sich Hartmut Schmidt entschieden hat, sich lieber mehr um seine Familie zu kümmern, als sich an oberster Stelle für die Stadt zu verausgaben. Schmidt ist ein echter Typ, ein Macher, der die Willens- und Handlungskraft hat, Oberhausen nach vorne zu bringen. Er hat die Stadtpolitik an vielen Positionen schon so lange mitbestimmt, dass er nicht nur die großen Schwachstellen im Stadtgeflecht kennt, sondern auch die kleinen, die versteckten. Wäre er Oberbürgermeister geworden, wäre ihm zuzutrauen, dass er im Rathaus und bei Stadttöchtern aufgeräumt hätte. Schmidt kann einen ganzen Saal voller Kritiker auf seine Seite ziehen.
Doch der Sozialdemokrat ist auch ein Polarisierer: Wenn er marschieren will, dann denkt er nicht daran, ob er damit einen Beliebtheitspreis gewinnen kann. So was mag man – oder man mag es nicht. Hätte die SPD Schmidt aufgestellt, wäre sie kein kleines Risiko eingegangen, zumal Schmidt für die alte Kungel-SPD steht. Auch wenn er persönlich lernfähig wie flexibel ist und auf Bürger zugehen kann, hätte er als OB-Kandidat nicht gerade für einen Neustart der Oberhausener SPD gestanden.
Die SPD hat in ihren Reihen durchaus auch andere Leute, die die Führung einer Stadt unter den neuen Zeichen einer wachsamen Bürgerschaft packen können. (ps)
Sozialdemokratische Ur-Tugend eines Kümmerers
Viele SPD-Stammwähler waren zu Hause geblieben – und angesichts der Stimmung in der Stadt ist auch die Oberbürgermeisterwahl im September 2015 alles andere als ein Selbstläufer: Erst recht, wenn der Kandidat keinen Amtsbonus mitbringen kann. Und selbst wenn die SPD mit ihrem Kandidaten gewinnt: Ihm stünden angesichts der dünnen Mehrheit schwierige Regierungsjahre bevor.
Auch wenn Schmidt nicht antritt, die Leitlinien in der Partei wird er weiter mitbestimmen wollen. So nennt er klare Voraussetzungen für den künftigen SPD-Kandidaten: „Er sollte ein Netzwerker sein und die Stadtverwaltung kennen – bis ins kleinste Detail“, meint Schmidt. „Er sollte die sozialdemokratische Ur-Tugend eines Kümmerers mit sich bringen – und Dinge umsetzen.“ Seine Partei selbst sieht er in einer Glaubwürdigkeitskrise. „Wir brauchen jemanden, der zeigt, dass die SPD nicht abgehoben, sondern bodenständig ist.“ Werde er gefragt, wolle er im Wahlkampfteam helfen. (stew)