Oberhausen. . Die Multi, der internationale Jugendaustausch in Oberhausen, bietet den 170 Besuchern aus aller Welt auch viel Zeit für private Kontakte. Bei der Familie Müller aus Oberhausen-Biefang kamen nun sieben Austausch-Mädchen und ihre Gasteltern zusammen - gleich zweimal sah man dort doppelt.
Der riesige Garten der Familie Müller an der Weidenstraße in Biefang ist ideal für ein Treffen bei bestem Sommerwetter. Jana und Laura (beide 15), die Zwillinge von Sabine und Andreas Müller, verstehen sich auf Anhieb prächtig nicht nur mit Annika Schwarz (14) aus Königshardt, sondern sie alle zusammen auch mit ihren vier polnischen Gästen, den Zwillingen Natalia und Julia (beide 15) sowie Monika und Sofia (beide 16). Die vier aus Danzig sind im Rahmen von „Multi“, dem internationalen Jugendaustausch, für 14 Tage in Oberhausen.
Wie es sich für Mädchen ihres Alters gehört, schwätzen sie auch in ihrem nicht perfekten Englisch unentwegt. Natalia und Monika sind bei den Müllers untergebracht, die beiden anderen bei Bettina Schwarz, Annikas Mutter. Von dort aus erleben sie abwechselnd Familientage und „Multi-Treffen“.
Gegenbesuch folgt 2015
„Wir wollten schon vor vier Jahren mitmachen“, sagt Sabine Müller. Aber da waren ihre Töchter noch zu jung. Auch Bettina Schwarz ist erstmals Gastmutter. Beide Mütter sind sich einig: Multi sei eine einmalige Gelegenheit, Gleichaltrige aus anderen Kulturen kennenzulernen, sich im Englischen zu üben und vielleicht Freundschaften fürs ganze Leben zu knüpfen. Andreas Müller hofft, dass auf diese Weise Vorurteile aus dem Weg geräumt werden.
Die beiden Windsurfing-Asse aus Danzig
Sabine und Andreas Müller hätten gern gesehen, wenn ihre Zwillingstöchter die beiden polnischen Zwillinge aufgenommen hätten. Aber das ließ sich nicht machen, weil Julia und Natalia nachgereist sind und auch wieder früher abreisen müssen. Die beiden Mädels aus Danzig sind nämlich hochkarätige Windsurferinnen und daher viel beschäftigt.
„Mit neun Jahren haben wir mit dem Segeln auf den Masurischen Seen angefangen“, berichtet Julia. „Und ein Jahr später mit dem Windsurfen.“ Mittlerweile trainieren die Schwestern im Sommer fünfmal in der Woche auf den schwimmenden Brettern. Den Winter über halten sie sich mit anderen Sportarten fit.
Nach Oberhausen konnten sie erst am Donnerstag anreisen, weil sie daheim an der polnischen Windsurfing-Meisterschaft teilgenommen haben. „Ich habe dabei den dritten Platz belegt, Julia den fünften“, erzählt Natalia. Jetzt wollen sie sich für die Teilnahme an den Olympischen Spielen im Jahre 2016 qualifizieren.
Annika hat als Gastschwester sogar auf eine Jugendfreizeit in Holland verzichtet. Sie will auf jeden Fall 2015 zum Gegenbesuch nach Polen reisen. Jana und Laura zögern noch.
Die Mädchen haben schon vor Monaten via Internet Kontakt aufgenommen. Und dabei erfuhren sie, dass Julia, Natalia und Monika Pferdenärrinnen wie sie sind.
Bei ihren zahlreichen Gesprächen hier lernen sie viel über das jeweils andere Land. „In Polen sind die Schulklassen viel kleiner als bei uns, maximal 18 Schüler“, berichtet Laura. Sofia, auch das eine Neuigkeit, kann sich ihre Stunden auf der Oberschule so legen, dass möglichst viel Zeit für ihre Leidenschaft, das Akkordeonspiel, bleibt. Sie widerspricht energisch, dass sie darauf bloß Volksmusik spielt. „Es gibt sehr gute polnische und russische klassische Komponisten“, sagt sie und nippt an ihrer Limo.
Nahverkehr und Sprudel
Natürlich haben sich die Polinnen Gedanken über Deutschland gemacht. Danzig war ja mal deutsch. „Unser Haus wurde von einem Deutschen gebaut“, erzählt Natalia. Und Monika weiß, dass längst nicht alle Deutschen Nazis waren. „Hitler war am Krieg schuld“, sagt sie. Der Austausch sei „very cool“, betont Natalia, weil eben Jugendliche aus 17 Ländern zusammentreffen.
In Oberhausen sind die Mädels von Bussen und Bahnen angetan. Sie haben freie Fahrt damit. Daheim, heißt es, warte man stundenlang darauf. Dafür wundert sich Monika, dass hier der Sprudel fast immer mit Kohlensäure versetzt ist.
Ihre Gastgeberinnen wiederum erfahren, dass nicht alle Polen fromme Katholiken sind. Julia: „Wir sind als kleine Kinder sehr ungern zur Kirche gegangen“. „Genau wie bei uns“, kommentiert das Bettina Schwarz.