Oberhausen. . Feiert das Ruhrgebiet zu sehr seine vergangenen Großtaten in der Bergbauindustrie? Sollte der Blick nicht auf aktuelle Erfolge, nach vorne gerichtet sein? Einem Kommentar aus der Redaktion Oberhausen zur Bergmannskleidung des Teams der Multi-Jugendbegegnung Multi antworten Leser in einer breiten Debatte.
Auf ihren engagierten Kommentar zu der Bergmannskleidung des Teams der Jugendbegegnung Multi am Eröffnungstag („Glück auf ist uncool. Es muss mal Schluss sein mit dem Kohle-Image. Bergbau war gestern und prägt nicht mehr die Stadt-Optik.“) erntete WAZ-Redakteurin Gudrun Mattern viele ähnlich leidenschaftlich formulierte Kommentierungen unserer Leser. Wir veröffentlichen Auszüge:
Karl-Heinz Bendorf meint: „Wenn junge Oberhausener sich seit Monaten damit beschäftigen, wie die Multi gestaltet werden soll und dann so derb abgewatscht werden, dann tut es weh. Sollten wir uns nicht freuen über so viel Einsatz für Völkerverständigung?“
„Ziehe den Hut vor Multi-Machern“
Inge Meyerhoff wendet ein: „Der Strukturwandel in Oberhausen war nur durch den Bergbau überhaupt möglich. Ohne diese Wurzeln ist das heutige Bild von Oberhausen undenkbar! Dies den vielen jugendlichen Gästen der Multi nahe zu bringen, erachte ich als selbstverständlich. Ein Glück, dass junge Menschen, die sich in sehr langer ehrenamtlicher Vorbereitungszeit zur Multi engagieren, sich darüber bewusst sind. Tradition und Werte zu bedenken, ist ein Schatz und ich ziehe den Hut vor diesen jungen engagierten Leuten, die diesen Spagat so weltoffen präsentieren können. Rathausgesteuert ist dies sicher keineswegs, sondern Einfall der Jugend.“
Zu viel Bergbau-Folklore im Revier?
Die Debatte lohnt sich: Feiert das Ruhrgebiet zu sehr seine längst vergangenen Großtaten in der Bergbau- und Stahlindustrie? Wirbt es nach außen zu häufig mit Bergbau-Folklore statt sich viel mehr über die großartigen neuen Technologien der zahlreichen mittelständischen Firmen und der hervorragenden Forschungsleistung der Universitäten und Institute zu definieren?
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Sigrid Martin schreibt: „Als ich 1982 zusammen mit meinen Eltern nach Oberhausen zog, war ich beeindruckt von der großen Stadt, vom Stahlwerk. Schnell begriff ich, dass es unser schönes Oberhausen ohne den Kohlebergbau nie gegeben hätte. Immer wenn ich von meinen ausländischen Freunden angesprochen werde, beschreibe ich Oberhausen und das Ruhrgebiet, indem ich vom Kohlebergbau und der dazugehörigen Industrie erzähle. Jedem meiner Freunde zeige ich stolz den Gasometer, die Zechenhäuser in Eisenheim oder die Antony-Hütte. Inzwischen lebe ich nicht mehr in Oberhausen und bin extra für die Multi aus dem über 2000 km entfernten Bukarest angereist. Das Thema der diesjährigen Eröffnung war der Bergbau. Ich fand und finde die Idee toll, denn sie beschreibt am besten unsere Identität. Für die aus den Partnerstädten angereisten Jugendlichen ist das eine Selbstverständigkeit, denn ohne Bergbau und Industrie wären wir uns nie begegnet. Für die Neuankömmlinge aus Spanien und Chile ist es wichtig zu erfahren, wo sie gelandet sind. Es ist wichtig zu wissen, dass die Großeltern und Urgroßeltern der meisten Multi-Teilnehmer auf Zeche malocht haben. Glück auf!“
Die Wiege der Schwerindustrie
Andrea Schreiber kritisiert: „Da hat Oberhausen etwas worauf es richtig mega-stolz sein kann, eine einzigartige Veranstaltung und Sie müssen mit Ihrem Kommentar darauf rumhacken? Oberhausen ist nun mal die Wiege der Schwerindustrie, das sind die Wurzeln! Wie schön, dass die jungen Leute sich daran erinnern oder ist Ihrer Auffassung nach Oberhausen gleich Deutschland??? Eine WM als Motto, na super, das hätte ja ganz viel mit unserer Stadt zu tun!“
Siegfried Lohmann mailt uns Folgendes: Glück auf ist im Revier ein herzliches Willkommen! Was ist daran uncool? Ist das Tragen des Bergmannshemdes uncool? Nein, Frau Mattern, ‘Glück auf’ und das Hemd sind Zeichen von Heimat und Tradition und das ist cool – auch für die jungen Organisatoren der Multi 2014.“