Oberhausen. Angesichts steigender Austrittszahlen setzt Stadtdechant Peter Fabritz auf die persönliche Ansprache. Die Kirchensteuer sei nicht mehr zeitgemäß, so der Pfarrer der Gemeinde Herz Jesu. „Die Kirche besteht nicht aus Heiligen, sondern aus Menschen, die auch Fehler machen.“

Die katholische Kirche in Oberhausen hat im vergangenen Jahr erneut Hunderte Mitglieder verloren. 473 Gläubige kehrten der Kirche 2013 den Rücken, im Jahr zuvor waren es dagegen mit 310 deutlich weniger Austritte. Häufig werden dabei finanzielle Gründe ins Feld geführt. Stadtdechant Peter Fabritz kritisiert denn auch die seiner Meinung nach nicht mehr zeitgemäße Kirchensteuer, sagt aber auch: „Wer sich in Kirchenkreisen allein darauf ausruht, dass die Kirchensteuer ursächlich an den Austritten schuld ist, denkt zu kurz.“ Deswegen will Fabritz verstärkt die persönliche Ansprache suchen – und dazu gehöre auch das ganz profane „Klinkenputzen“.

Wenig aktive Kirchgänger

84.710 Mitglieder verzeichnete die katholische Kirche in Oberhausen zum Stichtag 31. Dezember 2013. Das sind 1496 Menschen weniger als noch 2012, damals waren es 86.206. Mehr noch als die Austritte sorgt auch der deutliche Überhang an Sterbefällen gegenüber Taufen für diesen Rückgang. Auch im gesamten Bistum Essen ist die Mitgliederzahl rückläufig – 2013 ging die Katholikenzahl um 13.565 auf nun 830.623 zurück.

Selbst diejenigen, die noch Mitglied der Kirche seien, würden sich häufig aus dem aktiven Gemeindeleben zurückziehen. „Im Bistum Essen haben wir den geringsten Anteil an Kirchgängern in Deutschland“, berichtet der Stadtdechant. Nur 9,3 Prozent der Katholiken im Bistum würden regelmäßig an den sonntäglichen Messen teilnehmen – das habe eine Erhebung im vergangenen Jahr ergeben.

Auch die katholischen Verbände, etwa die Kolping-Familien und die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB), haben zunehmend unter Mitgliederschwund zu leiden. „2013 hat sich die KAB-Gruppe in meiner Gemeinde aufgelöst“, berichtet Fabritz. Der demografische Wandel mache sich bemerkbar, so der Stadtdechant.

Die Kirchen-Skandale der vergangenen Jahre, etwa um den Limburger Bischof, will er nicht kleinreden. Doch: „Die Kirche besteht nicht aus Heiligen, sondern aus Menschen, die auch Fehler machen. Es gibt auch viele Menschen in der Kirche, die Gutes tun.“

Gegen den demografischen Wandel

Die Kirchensteuer, die in der Diskussion immer wieder genannt wird, müsse reformiert werden, ist der Stadtdechant überzeugt: „Es ist nicht mehr zeitgemäß, die Mitgliedschaft in der Kirche an eine Steuer zu koppeln.“

Gegen den demografischen Wandel, der zum Mitgliederschwund führt, ist Fabritz machtlos. Um zumindest weiteren Austritten vorzubeugen, will er auf die persönliche Ansprache setzen. „Die Deutsche Bischofskonferenz hat beschlossen, Briefe an all die zu schreiben, die der Kirche entsagen.“ So ein Schreiben habe er auch schon vorher an diejenigen geschrieben, die aus der Kirche austreten. Zudem habe eine Umfrage der Evangelischen Kirche gezeigt, dass Gläubige seltener aus der Kirche austreten, wenn sie ihren Pfarrer persönlich kennen.

Besuche bei Familien

In den kommenden Wochen will er außerdem Familien in seiner Gemeinde Herz Jesu besuchen – Anlass sind die Vorbereitungen für die Kommunion im kommenden Jahr. „Hier im Innenstadtbereich gibt es viele Menschen mit Migrationshintergrund und viele, denen es in finanzieller Hinsicht nicht rosig geht.“ Da überlagerten die materiellen Nöte oft alles andere. „Ich kenne die Sorgen. Darum versuche ich im persönlichen Gespräch auf die Menschen zuzugehen.“