Oberhausen. Apostolos Tsalastras, Stadtkämmerer in Oberhausen, kritisiert den Plan des Bundesfinanzministers Wolfgang Schäuble (CDU), 5 Milliarden Euro Eingliederungszuschüsse erst 2018 zu zahlen. Die SPD-Bundestagsabgeordneten im Ruhrgebiet setzen sich ein, dies zu verhindern.
Auf den Bundesfinanzminister ist Oberhausens Stadtkämmerer nicht gut zu sprechen: „Ich bin stocksauer, wie alle meine Kollegen“, sagt Apostolos Tsalastras. Der Grund: Wolfgang Schäuble (CDU) will den Städten erst ab 2018 fünf Milliarden Euro für die Eingliederungshilfe von behinderten Menschen zahlen und die für dieses Jahr avisierte eine Milliarde Euro wurde auf 2015 verschoben.
„Das macht für Oberhausen rund elf Millionen Euro weniger als geplant“ sagt Tsalastras (SPD). Ein dicker Batzen: „Gut ein Drittel unserer Kosten für Eingliederung.“
„Prioritäre Maßnahmen“
Dabei hatte der im November geschlossene Koalitionsvertrag „Deutschlands Zukunft gestalten“ die Mittelzusagen unter die Überschrift „Prioritäre Maßnahmen“ gestellt. Doch Schäubles mittelfristige Finanzplanung will, dass die Umsetzung erst nach Ende der großen Koalition erfolgt. Der Grund: Der Finanzminister möchte endlich mal einen ausgeglichenen Etat präsentieren können.
Über seine Einsparidee habe es in der SPD-Bundestagsfraktion eine hitzige Debatte gegeben, sagt der Bundestagsabgeordnete Dirk Vöpel. Die Verwunderung über Schäubles Vorgehen sei schon sehr ausgeprägt gewesen. Vöpel setzt darauf, „dass der Zug noch nicht abgefahren ist“. Auch weil sich die Abgeordneten aus dem Ruhrgebiet im Wahlkampf stark für mehr Bundeshilfe eingesetzt hätten, um die Städte von ihren Soziallasten zu erleichtern. „Da halten wir zusammen.“ Rund 46 Milliarden Euro an Soziallasten schultern mittlerweile die Städte bundesweit, 50 Milliarden Euro müssen sie sich dafür kurzfristig bei Banken leihen.
Resolution des Rates
Wortbruch zu Lasten der Städte und Gemeinden werfen die Oberhausener Grünen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und der schwarz-roten Koalition in Berlin vor. Deshalb wollen sie für die nächste Sitzung des Stadtrates gemeinsam mit ihrem Koalitionspartner SPD eine Resolution einbringen.
Darin heißt es, der Rat solle die Soforthilfe schon in diesem Jahr fordern – etwa durch die befristete Erhöhung des Bundesanteils bei den Kosten der Unterkunft im Sozialbereich. Ab 2015 sollen dann fünf Milliarden im Jahr fließen. Weiterhin geht es um die Forderung nach umgehender Reform der Eingliederungshilfe durch ein neues Bundesteilhabegesetz mit dauerhafter Beteiligung des Bundes an den Kosten. Hier wären dann auch die Kosten für die Schulsozialarbeit gesichert.
„Wir können nicht hinnehmen“, erklärt Fraktionssprecherin Regina Wittmann „dass Bundesfinanzminister Schäuble seinen Haushalt auf Kosten der Gemeinden ausgleicht.“ Der Rat, so fordert der Grüne Vorstandssprecher Andreas Blanke, müsse gemeinsam mit anderen Kommunen ein Zeichen setzen. Die Oberhausener Finanzlage erfordere dies. „Bereits jetzt hat der Hauptausschuss des Deutschen Städtetags mit Verweis auf die nach wie vor prekäre Haushaltslage in den Kommunen eine sofortige Entlastung der Kommunen gefordert“, so Wittmann abschließend. „Wir fordern, dass in den Beratungen zum Bundeshaushalt entsprechende Korrekturen vorgenommen werden. In diesem Punkt ist sich die kommunale Familie unabhängig von der Parteizugehörigkeit ihrer Delegierten einig.“
Gibt es noch Hoffnung? Bei der Ankündigung des Bundesfinanzministers handelt es sich erst mal nur um eine Planung. „Das ist nicht in Stein gemeißelt“, sagt Tsalastras. Entscheidend sei das vom Parlament zu verabschiedende Gesetz, betont auch Vöpel.
Die SPD-Fraktion habe noch mal im Ministerium nachgebohrt. Die Antwort: Man wolle alles für ein zügiges Gesetzgebungsverfahren tun, damit ein entsprechender Beschluss 2016 gefasst werden kann. „Dann könnte bereits ab 2017 Geld fließen“, wenn auch nicht gleich fünf Milliarden Euro.
Druck machen wollen auch viele Städte. Mülheims Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld ist Sprecherin des Städtebündnisses „Raus aus den Schulden“. Neben 27 NRW-Städten und Kreisen, darunter auch Oberhausen, hat sie 15 weitere in ganz Deutschland gefunden, die sich dem Widerstand anschließen wollen, große wie Frankfurt und Mannheim, kleine wie Pirmasens oder Lahnstein, insgesamt so großkoalitionär wie die Regierung in Berlin. Am heutigen Freitag, 21. März, kommen sie alle in Mülheim zusammen, um Entschlossenheit zu demonstrieren.