Oberhausen. . Die Zahl der Empfänger der Grundsicherung im Alter steigt immer weiter. Verbände und Gewerkschaften warnen vor einer Gefahr für den sozialen Zusammenhalt. Gerade Frauen sind betroffen, die sich zu Hause um ihre Kinder gekümmert haben und keine großen Rentenansprüche aufbauen konnten.

Immer mehr Oberhausener sind auf die Grundsicherung im Alter angewiesen. 2012 bezogen 1578 Mitbürger, die 65 Jahre oder älter sind, diese Leistung auf dem Niveau der Sozialhilfe – 391 Euro im Monat. Seit Jahren nimmt ihre Zahl stetig zu, 2007 waren noch 1463 ältere Oberhausener in der Grundsicherung.

Sozialverbände und Gewerkschaften sehen darin eine Gefahr für den sozialen Zusammenhalt. „Immer mehr Senioren verlieren so den Anschluss“, berichtet Sabine Köther vom Caritas-Zentrum in Osterfeld. Das mache sich auch im Stadtbild bemerkbar. „Man sieht deutlich mehr ältere Mitbürger, die den Müll nach Pfandflaschen absuchen.“

Kein Geld für Medikamente

„Die soziale Vereinsamung ist ebenfalls eine sehr bedrohliche Entwicklung“, so Köther. Denn wer kein Geld übrig hat, um sich selbst eine einfache Tasse Kaffee oder ein Glas Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt zu leisten, der bleibt lieber daheim und geht nicht unter die Leute.

„Ein großes Problem ist auch, dass viele ältere Mitbürger gesundheitliche Gebrechen haben“, so Köther. Denn viele Medikamente, auf die Senioren angewiesen sind, sind rezeptfrei erhältlich. „Kein Arzt verschreibt eine Rückensalbe. Deswegen müssen die Rentner selbst Geld in die Hand nehmen.“ Und das sei bei 391 Euro im Monat immer eine knappe Rechnung. „Natürlich wird die Miete durch das Wohngeld abgedeckt. Aber es kommen noch die Lebenshaltungskosten dazu, etwa für Lebensmittel und Kleidung.“ Wenn dann auch noch eine neue Brille angeschafft werden muss, ist für viele Rentner nur das Basismodell mit geringer Zuzahlung erschwinglich.

Zusätzliche Leistungen sind nicht ausgeschlossen

Nach § 41 ff. SGB XII sind diejenigen Mitbürger berechtigt, die Grundsicherung zu erhalten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen bedienen können.

Die Höhe der Grundsicherung beläuft sich auf 391 Euro im Monat, sie wurde zuletzt zum 1. Januar 2014 angehoben. Kosten für Unterkunft und Heizung werden ebenfalls übernommen. Zusätzliche Leistungen sind nicht ausgeschlossen.

Auch Dagmar Kampmann, Schuldner- und Insolvenzberaterin der Caritas in Oberhausen, sieht die Entwicklung mit Sorge. „Es ist bedenkenswert, dass vor allem die Generation betroffen ist, die Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut hat.“ Gerade Frauen seien oft auf die Grundsicherung angewiesen, da viele von ihnen mit der Erziehung ihrer Kinder beschäftigt waren. Große Rentenansprüche konnten so nicht aufgebaut werden. „Und wenn dann der Ehemann plötzlich verstirbt, ist das eine schwierige Situation.“

"In Wahrheit ist es noch viel schlimmer"

In vielen Fällen müssten die Berater der Caritas Aufklärung leisten. „Es geht oft erst einmal darum, auf die bestehenden Ansprüche hinzuweisen“, so Kampmann. Das habe auch viel mit Scham zu tun, ergänzt Sabine Köther. „Ich kenne Senioren, die sehen die Grundsicherung als Almosen und verzichten darum darauf.“

„Das ist schockierend“, beurteilt auch Yvonne Sachtje, Geschäftsführerin der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) im Ruhrgebiet, die Entwicklung. „Aber in Wahrheit ist es noch viel schlimmer: Es ist davon auszugehen, dass die Dunkelziffer der Menschen, bei denen die Rente zum Leben nicht reicht, noch sehr, sehr viel höher ist“, befürchtet sie.

Sozialdezernentin Elke Münich kann die negative Entwicklung bestätigen. „Die Zahlen zeigen leider, dass es immer mehr Betroffene gibt.“ Glücklicherweise gebe es jedoch ein funktionierendes Netz von Wohlfahrtsverbänden vor Ort. „Wir als Kommune müssen dennoch unseren Teil leisten.“