Oberhausen. . 225 Kinder und Jugendliche leben in Oberhausen in Pflegefamilien. Etwa 30 Neu-Vermittlungen verzeichnet die Stadt pro Jahr. Familien werden dringend gesucht – auch für Kinder mit Migrationshintergrund

Heimkind, Pflegekind, Findelkind – sie alle haben etwas gemeinsam. Sie sind Kinder, die nicht bei ihren leiblichen Eltern leben. Und davon gibt es in Oberhausen eine ganze Menge. Allein 225 Kinder und Jugendliche im Alter von bis zu 19 Jahren werden hier in insgesamt 220 Pflegefamilien betreut.

Die Zahl der jährlich vermittelten Pflegekinder ist in den vergangenen Jahren weitestgehend stabil geblieben. Wie die Caritas Oberhausen mitteilt, finden etwa 30 bedürftige Kinder und Jugendliche pro Jahr eine Pflegefamilie. Darunter sind nicht selten auch Kinder mit Migrationshintergrund. Kulturelle Unterschiede in einer deutschen Pflegefamilie stellen im Zusammenleben jedoch keine Probleme dar.

Gewalt und Verwahrlosung

Elf der 225 Kinder in Oberhausener Pflegefamilien befinden sich zur Zeit in der sogenannten Bereitschaftspflege. „Dabei handelt es sich um Kinder, die aus einer Not- oder Krisensituation heraus vermittelt wurden“, erklärt Uschi Sieweke, Leiterin des Pflegekinderdienstes der Caritas Oberhausen, die für die Unterbringung von pflegebedürftigen Kindern und Jugendlichen in der Stadt zuständig ist. Eine solche Situation könne entstehen, wenn im Elternhaus etwa Gewalt ausgeübt wird und dadurch eine Gefährdung des Kindswohl vorliege. Auch verwahrloste Kinder finden in einer der insgesamt 13 Bereitschaftspflegefamilien vorübergehend ein Zuhause. Wie lange sie dort leben, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. „Die familiären Umstände werden überprüft, anschließend entscheidet sich, ob das Kind zurück in seine Familie kommt“, beschreibt Sieweke das Vorgehen im Not- oder Krisenfall.

Mutter hielt nur sporadisch Kontakt

Manchmal finden Pflegekinder allerdings auch dauerhaft ein neues Zuhause. Wie im Fall der beiden rumänischen Jungen Viorel und Eduard (Namen geändert). Die heute 13 und 16 Jahre alten Brüder wurden im Alter von vier und sieben Jahren an Familie Bojek vermittelt. Das war vor acht Jahren. Heute leben die beiden Jugendlichen immer noch dort.

Pflegeeltern werden

Die Caritas Oberhausen ist laufend auf der Suche nach Paaren oder Familien, die sich vorstellen können, ein Pflegekind bei sich aufzunehmen. Interessierte, die sich um oftmals unverschuldet in gravierende Notsituationen geratene Kinder und Jugendliche kümmern möchten, sind aufgerufen sich bei Uschi Sieweke zu melden.
Tel.: 0208/9404442

Pflegeeltern, die sich über Probleme und Erfahrungen austauschen möchten, Fragen an langjährige Pflegefamilien haben oder Hilfestellung und Unterstützung benötigen, können sich bei der Oberhausener Interessengemeinschaft für Adoptiv- und Pflegeeltern e.V. informieren.
Weitere Informationen gibt es unter: www.oig-online.de

„Anfangs hielt ihre leibliche Mutter noch sporadisch den Kontakt, doch das ließ schnell nach“, erzählt Pflegevater Horst Bojek. Die Mutter habe gesagt, Eduard und Viorel seien Muslime, doch im Zusammenleben sei davon nichts zu spüren gewesen. „Es gab keinerlei religiöse Bräuche, die sie pflegten“, sagt Bojek. Da auch an den Essgewohnheiten der Jungs nicht abzulesen war, ob sie dem muslimischen Glauben angehören, „gab es absolut keine Umstellungen für uns“, bestätigt der Familienvater.

Neue Pflegefamilien erwünscht

Kulturelle Barrieren zwischen deutschen Pflegefamilien und Pflegekindern mit Migrationshintergrund sieht auch Ute Brunow nicht. „Ich habe in solchen Fällen noch nicht von Problemen gehört“, sagt die Vorsitzende der Oberhausener Interessengemeinschaft für Adoptiv- und Pflegeeltern (OIG), die seit mehr als 20 Jahren Familien, die Adoptiv- oder Pflegekinder in ihrer Mitte aufgenommen haben, betreut.

Insgesamt rund 70 Familien sind Mitglied in dem Verein. In regelmäßigem Turnus treffen sie sich zum Frühstück, um Probleme zu diskutieren oder Fragen auszutauschen. Neuzugänge in der Runde seien laut Brunow ausdrücklich erwünscht. Es sei enorm wichtig, eine große Auswahl an potenziellen Pflegefamilien zu haben. Der Grund dafür liege auf der Hand: „Nicht die Familie sollte sich das Kind aussuchen, sondern das Kind eine passende Familie finden.“