Oberhausen.

Ein trauriger neuer Höchststand: 180 Mal musste das Jugendamt im vergangenen Jahr Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen ergreifen, deren Wohl akut gefährdet war, meldet IT NRW. 90 Mal waren Kinder unter 14 Jahren betroffen, 90 Mal 14- bis 17-Jährige. Im Jahr zuvor hatte es 161 „vorläufige Schutzmaßnahmen“ gegeben.

Den stärksten Eingriff in Familien bilden dabei die sogenannten „Inobhutnahmen“: Dabei werden Kinder oder Jugendliche, für deren Wohl akute Gefahr – etwa durch familiäre Gewalt – besteht, durch Jugendamtsmitarbeiter aus ihren Familien herausgenommen und vorläufig in Bereitschafts-Pflegefamilien oder Heimeinrichtungen untergebracht. 142 Mal war das im Jahr 2012 nötig, 65 Mal waren Jungen, 77 Mal Mädchen betroffen. 28 Mal wurden Kinder und Jugendliche dabei auf ihren eigenen Wunsch hin aus ihrer Familie genommen, 114 Inobhutnahmen gingen auf die Initiative des „sozialen Umfelds“ zurück – Nachbarn, Lehrer oder Jugendamtsmitarbeiter erkannten eine Notsituation der Kinder. Häufig auch die Polizei.

Engmaschigeres Netz

Den Grund dafür, dass sich der Schutzbedarf gegenüber dem Vorjahr um gut zehn Prozent erhöht hat, sieht Stadtsprecher Uwe Spee nicht unbedingt als Indiz für einen Anstieg der Notfälle an: „Es ist vielmehr so, dass wir ein engmaschigeres Netz geknüpft haben.“ Vor allem die Schulsozialarbeit spiele dabei eine wachsende Rolle: „Manchmal vertrauen sich Kinder oder Jugendliche ihren Schulsozialarbeitern an und suchen Hilfe, wenn’s in der Familie akute Probleme gibt. Oder wir erfahren, dass ein Kind mehrere Tage unentschuldigt der Schule ferngeblieben ist.

Dann schauen die Jugendamtsmitarbeiter sehr genau hin“, so Spee. Mitunter steckten gravierende familiäre Probleme dahinter – etwa wenn Vater oder Mutter Alkohol- oder Drogenprobleme oder psychische Krankheiten haben und sich die Kinder oder Jugendlichen um ihre jüngeren Geschwister kümmern müssten, statt zur Schule zu gehen.

24-stündiger Bereitschaftsdienst

Die Herausnahme aus der Familie sei aber immer nur das letzte Mittel: Vorher versuche man, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, den Familien anderweitig Hilfe angedeihen zu lassen. Ist allerdings das Kindeswohl akut gefährdet, ist die Inobhutnahme unvermeidlich: Kinder unter zehn Jahren würden vorzugsweise in Familien untergebracht, Ältere häufiger in Heimen.

Um auf solche Notfälle sofort reagieren zu können, hat das Jugendamt einen 24-stündigen Bereitschaftsdienst: Bei entsprechenden Hinweisen, etwa nach Polizeieinsätzen wegen häuslicher Gewalt, schließen sich die Mitarbeiter kurz und fahren, wenn unverzüglich Handlungsbedarf besteht, sofort zu zweit raus. Innerhalb von 24 Stunden wird dann das Familiengericht informiert, das die Entscheidung der Behörde überprüft.