Oberhausen. Von harscher Kritik bis hin zu optimistischen Prognosen: Vier Statements zu den gesunkenen Zufriedenheitswerten im aktuellen NRZ-Bürgerbarometer.
Das sagt Oberbürgermeister Klaus Wehling: „Es freut mich, dass die weitaus meisten Oberhausenerinnen und Oberhausener sich in ihrer Heimatstadt wohl fühlen. 72% sind immer noch ein sehr guter Wert. Das Ergebnis 2011 mit 90% Zufriedenheit war natürlich super. Das schlechtere Abschneiden hat bestimmt mehrere Ursachen. In Oberhausen haben wir in den letzten zwei Jahren nach intensiver Diskussion ein neues Konsolidierungspaket geschnürt, dass auch den Bürgerinnen und Bürgern einiges zumutet. Die teilweise sehr emotionalen Debatten um einen neuen Standort für das Haus der Jugend und um die Zukunft der GMVA haben bestimmt auch ihre Spuren hinterlassen.
Alles zusammen führt wahrscheinlich dazu, dass einige Bürger ihre Heimatstadt nicht mehr so positiv wahrnehmen. Aber die Diskussionen zeigen auch, es bewegt sich was in Oberhausen. Ich bin sicher, wenn wir ein noch größeres Augenmerk darauf haben, die Bürger von Anfang an stärker in die Projekte mit einzubeziehen, wird die Zufriedenheit auch wieder steigen.
Es lohnt sich natürlich auch, das Barometer sehr genau zu lesen. Interessant und erfreulich sind die kontinuierlich guten Ergebnisse bei der Attraktivität Oberhausens für Familien trotz unserer schlechten finanziellen Rahmenbedingungen. Oberhausen zeichnet sich durch ein hervorragendes Freizeitangebot z.B. im Kaisergarten, eine gut ausgebaute Betreuung im Grundschulganztagsangebot und im U3-Bereich für Familien aus. Das sind wichtige Standortfaktoren.“
Verfilzung und Vetternwirtschaft
Das sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende Daniel Schranz: „Wir sollten nicht den Fehler begehen, den Oberhausenern vorzuwerfen, sie würden ihre Heimatstadt nicht lieben. Oberhausen bleibt liebenswert, der Menschenschlag ist über die Grenzen hinweg für seine Warmherzigkeit und seine spontane Ansage bekannt. Was die Menschen allerdings nicht mehr aushalten, sind Verfilzung und Vetternwirtschaft oder Steuererhöhungen en masse, Abzocke bei Müllgebühren und die Arroganz der Macht, die ihnen von der angeblich so bürgernahen rot-grünen Stadtregierung beinahe täglich vorgeführt wird.
Ein Meinungsbild der Bevölkerung
Das Bürgerbarometer ist eine Studie, die die NRZ gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Marketing & Handel der Universität Duisburg-Essen durchgeführt hat. Ziel ist es, ein möglichst genaues Meinungsbild aller Oberhausener Bürger zu zeichnen.
Dazu wurden in der Zeit vom 14. bis zum 27. Oktober 2013 insgesamt 400 Personen aus Oberhausen befragt.
Die Stichprobe entspricht in ihrer Struktur hinsichtlich der Merkmale Alter, Geschlecht und Stadtteilzugehörigkeit der Struktur der gesamten Oberhausener Bevölkerung. Sie spiegelt also die reale Verteilung der Bevölkerung über diese Merkmale wider.
Die Top-Werte von 2011 kann man wieder erreichen durch Redlichkeit, Transparenz und Bürgerbeteiligung, die ihren Namen tatsächlich verdient, aber auch durch saubere politische Arbeit. Erst heute habe ich wieder eine Rangliste nach Wirtschaftskraft zur Kenntnis genommen, auf der Oberhausen wie üblich ganz unten rangiert. Wir brauchen Wirtschaftsförderung aus einem Guss. Wir müssen mehr sparen statt Steuern zu erhöhen und den Menschen bei Gebühren dauernd in die Tasche zu greifen. Die Bürger spüren den Stillstand in der Stadt. Nach jahrelanger Agonie soll kurz vor der Wahl nun hektischer Aktionismus und sozialdemokratische Spatenstich-Optik bei Gartendom, HDO und Markthalle folgen. Statt solcher Tricks brauchen wir Konzepte für eine nachhaltige Stadtentwicklung und dabei kann es auch nicht schaden, mal auf die Bürger zu hören, die einfach nicht wollen, was die SPD zum Beispiel in Osterfeld plant.“
Licht am Ende des Tunnels
Das sagt der Superintendent des Kirchenkreises Oberhausen, Pfarrer Joachim Deterding: „Die finanziellen Kürzungen sind an Punkten spürbar, die viele Menschen betreffen – beispielsweise bei den Öffnungszeiten der Bibliotheken oder bei der Taktung von Bussen und Bahnen. Das hat natürlich Auswirkungen aufs Wohlbefinden der Bürger. Ich möchte die Sparmaßnahmen nicht im einzelnen kommentieren, aber grundsätzlich halte ich diesen Weg für richtig. Denn die finanzielle Situation ist das eigentliche Problem in Oberhausen, alles andere sind Folgeprobleme. Wir müssen daher gerade durch einen dunklen Tunnel gehen, aber bald wird an dessen Ende Licht zu sehen sein. Ich bin sehr optimistisch, was die Zukunft Oberhausens und des ganzen Ruhrgebiets angeht.“
Viele positive Aspekte
Das sagt Ursula Jakobs, Geschäftsführerin des Paritätischen Wohlfahrtsverbands in Oberhausen: „Oberhausen ist zu einem Synonym für die arme Ruhrgebietsstadt geworden. Dieses Image und diese öffentliche Meinung färben offenbar auf die gefühlte Lebenslage ab. Sicher kann man Fakten wie etwa die Jugendarbeitslosigkeit nicht ignorieren, aber ich sehe auch viele positive Aspekte in der Stadt: Es gibt zum Beispiel viele Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren. Und es gibt junge Familien, die sich ganz bewusst dafür entscheiden, hier in Oberhausen zu wohnen. Auch in den Bereichen Inklusion oder interkulturelle Öffnung ist viel positive Tatkraft zu sehen. Ich denke, insgesamt gesehen ist das Umfrageergebnis auch immer noch ein recht gutes.“