Das NRZ-Bürgerbarometer löst Diskussionen aus. Dass bei vielen der Befragten die Liebe zu ihrer Heimatstadt in den vergangenen zwei Jahren deutlich abgekühlt ist, sorgt bei Politikern und Bürgern für Gesprächsstoff.

Die ersten Ergebnisse des NRZ-Bürgerbarometers haben in Oberhausen eine breite Diskussion angestoßen. Dass bei vielen der Befragten die Liebe zu ihrer Heimatstadt in den vergangenen zwei Jahren deutlich abgekühlt ist, sorgt bei Politikern und Bürgern gleichermaßen für Gesprächsstoff. „Es ist ein Signal, über das man nachdenken muss. Diese Entwicklung dürfen wir nicht so einfach auf die leichte Schulter nehmen“, sagt etwa Wolfgang Große Brömer, Vorsitzender der SPD-Fraktion, dazu.

Ein Meinungsbild der Bevölkerung

Das Bürgerbarometer ist eine Studie, die die NRZ gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Marketing & Handel der Universität Duisburg-Essen durchgeführt hat. Ziel ist es, ein möglichst genaues Meinungsbild aller Oberhausener Bürger zu zeichnen.

Dazu wurden in der Zeit vom 14. bis zum 27. Oktober 2013 insgesamt 400 Personen aus Oberhausen befragt.

Die Stichprobe entspricht in ihrer Struktur hinsichtlich der Merkmale Alter, Geschlecht und Stadtteilzugehörigkeit der Struktur der gesamten Oberhausener Bevölkerung. Sie spiegelt also die reale Verteilung der Bevölkerung über diese Merkmale wider.

Das aktuelle Bürgerbarometer hatte einen markanten Rückgang bei den Zufriedenheitswerten ergeben: War die Frage „Leben Sie gerne in Oberhausen?“ 2011 noch von 90 Prozent der befragten Oberhausener Bürger mit „sehr gerne“ oder „gerne“ beantwortet worden, so waren in diesem Jahr nur noch 72 Prozent derartig zufrieden – ein Minus von 18 Prozentpunkten.

Streit um Jugendhaus und GMVA hinterließ Spuren

„Wir haben in den letzten zwei Jahren ein neues Konsolidierungspaket geschnürt, das auch den Bürgern einiges zumutet. Die teilweise sehr emotionalen Debatten um einen neuen Standort für das Haus der Jugend und die Zukunft der GMVA haben bestimmt auch ihre Spuren zu hinterlassen“, benennt Oberbürgermeister Klaus Wehling mögliche Gründe für das aktuelle Ergebnis des Bürgerbarometers.

Und Ursula Jakobs, Geschäftsführerin des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, ergänzt: „Oberhausen ist in den letzten Jahren so eine Art Synonym für die arme Ruhrgebietsstadt geworden. Das färbt offenbar auf die gefühlte Lebenslage ab.“

Sie plädiert jedoch für eine differenzierte Betrachtung der Umfrage. „Insgesamt gesehen ist es immer noch ein positives Ergebnis. Und ich sehe beispielsweise in den Bereichen Ehrenamt, Inklusion oder interkulturelle Öffnung viele positive Aspekte in dieser Stadt.“

Deutlich schärfere Töne sind dagegen von CDU und der Linken Liste zu vernehmen, die die Hauptschuldigen vor allem in den Reihen von SPD und Grünen ausgemacht haben. „Was die Menschen nicht mehr aushalten, sind Verfilzung und Vetternwirtschaft oder Steuererhöhungen en masse, Abzocke bei Müllgebühren und die Arroganz der Macht, die ihnen von der rot-grünen Stadtregierung beinahe täglich vorgeführt wird“, wettert der CDU-Fraktionsvorsitzende Daniel Schranz.

Busnetz ausgedünnt, Freibäder geschlossen

Ähnlich kritisch äußert sich Yusuf Karacelik, Fraktionsvorsitzender der Linken Liste: „Die Lebensqualität wird von der Stadtregierung geradezu weggekürzt. Buslinien werden ausgedünnt, Freibäder geschlossen, Spielplätze seltener saniert, Büchereigebühren teurer und Grünflächen zugebaut.“ Mitschuld daran sei der von Rot-Grün beschlossene sogenannte Stärkungspakt, der die Stadt zum Sparen zwinge, so Karacelik.

Hans-Otto Runkler, Fraktionsvorsitzender der FDP, sieht in der Entwicklung der Zufriedenheitswerte einen „Abbau von Euphorie“, dem nun eine angemessene Einschätzung der Situation folgen müsse. „Es muss ein realistisches Bild davon entstehen, was die Stadt leisten kann und was sie nicht mehr leisten darf.“ Dritte müssten sich stärker engagieren – beispielsweise in den Bereichen Kultur und Stadtentwicklung.

Optimistischer klingt da An­dreas Blanke, Vorstandssprecher der Grünen. „Wir haben nach vielen Jahren jetzt endlich wieder die Möglichkeit, in Attraktivität zu investieren – auch wenn das natürlich ein längerer Prozess ist.“ Leerstände und unattraktive Wohnquartiere müssten verschwinden, die Marktstraße neu gestaltet werden.