Oberhausen.

Was Gutes lesen, was Leckeres essen, Zeit für Zigarette und Kaffee wäre da locker auch noch drin für die Pendler, die zwischen Oberhausen und Essen mit der Bahn unterwegs sind. Denn seit der Verkehr am Essener Hauptbahnhof wegen Bergschäden ins Stocken geraten ist, muss man auch in Oberhausen mit Verspätungen und sogar Ausfällen rechnen. Einige Pendler haben offenkundig schon Konsequenzen gezogen und sind umgestiegen auf Rad, Bus oder andere Strecken.

„Die Leute warten manchmal bis zu zwei Stunden und sind sauer“, erzählt die Mitarbeiterin eines Zeitungsgeschäfts. Deswegen würden aber leider nicht mehr Magazine gekauft. Auch beim Bäcker und Imbiss verspürt man keinen erhöhten Umsatz: „Man merkt es eher noch, wenn Schnee liegt“, sagt A. Peters, Schichtleiterin bei Horsthemke.

Informationswirrwarr

Und im Blumenladen von Ursula Uhde werden ebenfalls nicht mehr Sträuße etwa als Entschuldigung fürs Zuspätkommen gekauft: „Das wäre aber eine schöne Geste“, ergänzt sie. Dass das Nadelöhr in Essen allerdings ein Aufreger ist, bekommt sie täglich von den Kunden zu hören. „Einige Pendler versuchen deswegen auf andere Strecken auszuweichen, mit der Regionalbahn nach Altenessen“, weiß sie.

Vielleicht ist das eine Erklärung, warum das Gleis 11, wo die S-Bahn S3 nach Essen steht, im dicksten Berufsverkehr fast leer ist. Mancher ist auf die Straßenbahn 112 umgestiegen, wie ein Pendler empfiehlt, der heute nur ausnahmsweise hier ist. „Mit der 112 geht’s eigentlich ganz flott nach Mülheim, dort kann ich auf die U-Bahn wechseln.“ Ein anderer ‘Mitstreiter’ rät zur Regionalbahn nach Duisburg, dann weiter nach Essen. So ist er aber morgens und abends eine Stunde länger unterwegs – „seit zwei Wochen. Frustrierend“, findet er.

Der Frust der Fahrgäste, manchmal wäre er nicht nötig. Wenn’s nicht diesen Informationswirrwarr gäbe. Auf der S3 nach Essen steht „Hattingen“, die fährt aber nur eine Haltestelle bis Styrum, wo man wieder umsteigen muss in die S-Bahn S1. Auf der Gleisanzeige läuft hingegen ein Schriftband durch: „S-Bahn fällt heute aus.“ Aber die S3 fährt ja gerade ein. Vielleicht ist ja die S1 in Styrum gemeint?

"Da blickt man nicht mehr durch."

„Nein“, antwortet der Bahn-Mitarbeiter am Info-Schalter, und betet die Anschlusszeiten vom Monitor runter. Aber die Anzeige ...? Erneut werden zur Antwort die Uhrzeiten stoisch runtergebetet. Offenbar ist er nicht zum ersten Mal gefragt worden. „Lassen Sie ruhig“, winkt eine ältere Dame in der Reihe ab. „Ich studier’ das schon seit einer Woche. Da blickt man nicht mehr durch.“

Auf die Mühe sich den Durchblick zu verschaffen, hat der Essener André Tacke inzwischen ganz bewusst verzichtet: „Warum die S3 nicht wenigstens bis nach Mülheim Hauptbahnhof fahren kann, verstehe ich bis heute nicht. Es wäre doch für die Pendler einfacher.“ Stattdessen stieg der 26-jährige Landschaftsbauer einfach um: aufs Rad.

Sportlich strampelt André Tacke seit 14 Tagen von Essen aus nach Oberhausen – und zurück. „Ich brauche mit dem Fahrrad etwa eine Stunde pro Strecke, das ist immer noch besser als ewig mit der Bahn unterwegs zu sein.“ Nur angesichts des anbahnenden Sturms hat er es sich diesmal anders überlegt.