Oberhausen. Zeitzeugen berichten über ihre Erfahrungen im Käthe-Kollwitz-Berufskolleg. Themenwoche „KKBK gegen Rechts“ lud Schüler zur Podiumsdiskussion ein.

Was in der Zeit des Nazi-Regimes geschehen ist, darf sich niemals wiederholen. „Vor allem jetzt, da sich rechtsradikal Gesinnte wieder vermehrt zusammen finden“, sagt Otto Marx - das ist die Botschaft, auf die der Oberhausener, Alice Czyborra und Margret Rest mit ihren Erzählungen über die bewegte Vergangenheit ihrer Familien hinaus wollen. Die zwei Essenerinnen und der Rentner sind Zeitzeugen, obwohl sie sich selbst nicht so betiteln würden, schließlich sind es vielmehr ihre Mütter und Väter die unter der Schreckensherrschaft gelitten hatten.

Ihre Erinnerungen teilten sie mit den Schülern des Käthe-Kollwitz-Berufskollegs. Im Rahmen ihrer Themenwoche „KKBK gegen Rechts“ und der Ausstellung „Neofaschismus in Deutschland“ lud das Kolleg die drei Zeitzeugen zu einer Podiumsdiskussion ein. Rund 450 Schüler lauschten größtenteils andächtig den bewegenden Erzählungen. Den Kontakt zu den drei Zeitzeugen erhielt das Kolleg über die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN).

Das Umfeld hat einen geprägt

Als die Nationalsozialisten an die Macht kamen, wuchs Marx gerade zu einem Jugendlichen heran. „Mein Lehrer war ein klarer SS-Mann.“ Vieles habe man den Schülern verschwiegen, auch nach Kriegsende. Deutschland sei großes Unrecht widerfahren, hörte Marx von allen Seiten. „Aber das Umfeld hat einen mitgeprägt. Ich wusste, was Zuhause erzählt wird, darüber darf ich draußen nicht sprechen, das würde Ärger mit dem Regime geben.“

Otto Marx erzählt von der Pogromnacht, die sich am 9. November zum 75 Mal jährt, wie sein Bruder ins Zimmer kam und von brennenden Kaufhäusern sprach und beide neugierig auf die Straße liefen; er spricht vom Lehrer, der den Hitlergruß verweigerte. Die Bedeutung dahinter verstand er erst später. Und von seiner Verschickung auf einen Bauernhof und den ansässigen Zwangsarbeitern, die seine Bezugspersonen wurden.

Alice Czyborra stammt von einer jüdischen Familie ab. Sie war zu der Zeit, als ihr Vater als Widerstandskämpfer gegen das Regime vorging, gerade erst geboren. 1933 emigrierte die Familie nach Frankreich, nachdem das Regime zum Boykott gegen jüdische Geschäfte aufgerufen hatte.

Sicher waren sie dort nicht. Die Widerstandsgruppe um ihren Vater, die mit Hilfe eines Kinderdruckkastens Parolen wie „Nieder mit Hitler“ oder „Schluss mit dem Krieg“ niederschrieb, flog durch einen Spitzel auf. Czyborras Vater wurde verhaftet, konnte jedoch fliehen und kämpfte weiter gegen die Nazis.

Mit Flyern Bevölkerung darauf aufmerksam gemacht

Auch Margret Rest erzählt von ihrem Vater, der die Rüstungsmaschinerie bei Krupp mehr als sechs Jahre vor Kriegsbeginn aufdeckte. Mit Flyern wollte er auch die Bevölkerung darauf aufmerksam machen.

„Damit sie beim Verteilen nicht erwischt wurden, haben sie die Zettel zum Beispiel auf das Dach stehender Züge gelegt“, beim Anfahren flogen die Flyer in alle Richtungen. Auch im St-Joseph-Hospital in Oberhausen legte Rests Vater diese Flyer aus. Irgendwann wurde er jedoch erwischt, kam ins Gefängnis, wo er gefoltert wurde.

Mit der Haftentlassung war es nicht vorbei. Er wurde unter anderem als Zwangsarbeiter für Rodungsarbeiten für das Konzentrationslager Buchenwald eingesetzt.

Seine Freiheit währte nicht lange, als „unsicheres Element“ also als Staatsverräter wurde er zu Kriegsbeginn erneut verhaftet.

Über Zeit in Gefangenschaft nie gesprochen

Margret Rest erfuhr von seiner Geschichte erst in ihrer Jugend, als er anfing vor Jugendgruppen zu referieren. Bis dahin hatte er über seine Zeit in der Gefangenschaft nie gesprochen.

„Meinem Vater war es wichtig, den Jugendlichen zu verdeutlichen, dass sich so etwas nicht wiederholen darf.“ Doch Alice Czyborra warnt: „Wir erleben noch immer einen Rassismus, der nicht stattfinden dürfte. Eine Wiederholungsgefahr besteht vielleicht nicht, aber es sind Ansätze da. Und so hat es damals auch angefangen.“