Oberhausen.

Die deutliche Kritik von Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck an der Ruhrgebiets-Politik der vergangenen Jahrzehnte hat die Oberhausener Rathaus-Führung empört.

Overbeck hatte im ausführlichen Interview mit der WAZ die lang andauernden Subventionen in die klassischen Industriezweige wie etwa in die Bergbaubranche bemängelt, weil sich so das Ruhrgebiet nicht viel früher auf moderne Technologien eingelassen habe.

„Fürchterliche soziale Folgen“

„Die Ausführungen von Bischof Overbeck haben mich schon sehr erstaunt und geärgert“, schreibt Oberbürgermeister Klaus Wehling nach Anfrage der WAZ in einer Stellungnahme. „Wie bitte hätten denn soziale Verwerfungen im großen Stil verhindert werden können, wenn nicht durch eine gezielte Unterstützung der Montanindus-trie? Viele tausend Kumpel und Stahlarbeiter wären von heute auf morgen arbeitslos gewesen. Die sozialen Folgen wären für die Region fürchterlich gewesen. Kann dies Ziel katholischer Politik sein?“

Wehling, der auch Aufsichtsratsvorsitzender der Wirtschaftsförderung Metropole Ruhr (WMR) ist, hält vor allem auch das Bischofslob Richtung Bayern für falsch. Overbeck hatte betont: „Bayern hat auf die richtigen Felder gesetzt, auf moderne Technologien. Wir erleben im Ruhrgebiet nun eine Art Kassensturz für eine Politik, die nicht genügend zukunfts- und zielorientiert gewesen ist.“ Dazu meint Wehling: „Bei seinem Lob bayerischer Politik unterschlägt der Bischof, dass Bayern jahrzehntelang Nutznießer von Zahlungen aus NRW, insbesondere des Ruhrgebietes, war. Sind das keine Subventionen?“

Die provozierende These des Bischofs, dauerhafte Subventionen würden den Charakter der Menschen und deren Leistungsbereitschaft verderben, empört das Stadtoberhaupt regelrecht: „Ich kann nicht erkennen, dass die Subventionen, die ins Ruhrgebiet geflossen sind, den Charakter der Menschen hier verdorben haben. Wir leben hier seit 40 Jahren im ständigen Veränderungsprozess und den Menschen ist dabei schon viel abverlangt worden.“

Viele erfolgreiche Projekte im Ruhrgebiet

Es gebe gerade im Ruhrgebiet viele erfolgreiche Projekte, die heute ein ganz anderes Bild des Ruhrgebietes zeichneten, als es Herr Overbeck skizziere. „In Oberhausen haben wir mit dem Centro und seinem breiten kulturellen Angebot im Umfeld einen Magneten, der weit über Oberhausen und das Ruhrgebiet hinaus zieht.“

Wehling fordert Overbeck auf, die Linie von Ruhrbischof Hengsbach nicht zu vergessen: „Dieser trat engagiert für die Menschen im Ruhrgebiet ein.“

Nur in einem Punkt gibt Wehling dem Bischof Recht: „Das Geld des Solidaritätspakts darf nicht nach Himmelsrichtungen verteilt werden, sondern nach dem regionalen Bedarf.“