Oberhausen. Der Krankenstand bei der Oberhausener Verkehrstochter Stoag ist doppelt so hoch wie normal. Der Betriebsrat macht den neuen Dienstplan dafür verantwortlich. Das Unternehmen will keine zusätzlichen Einsatzwagen im Schulverkehr rollen lassen.

Die Stoag kämpft ausgerechnet in diesen Tagen, in denen der Schulstart die städtische Nahverkehrstochter vor enorme Herausforderungen gestellt hat, mit einem außergewöhnlich hohen Krankenstand. Nach Darstellung des Betriebsrates ist mehr als jeder siebte der 350 Beschäftigten im Fahrdienst krankgeschrieben und deshalb nicht im Einsatz. Das Unternehmen räumt einen „relativ hohen Krankenstand“ ein. Es zeigt sich gleichzeitig unbeeindruckt von Forderungen aus der Politik, zusätzliche Einsatzwagen bereitzustellen, um zu verhindern, dass überfüllte Busse Schüler morgens an Haltestellen zurücklassen.

„Der Krankenstand ist exorbitant hoch“, sagt Stoag-Betriebsratsvorsitzender Michael Stemmer im NRZ-Gespräch. „Normalerweise wird mit einer Krankenquote von sieben Prozent kalkuliert. Derzeit haben wir aber 14 Prozent.“ Dieser hohe Krankenstand habe sich nach dem Fahrplanwechsel zum 9. Juni aufgebaut. Über einen so langen Zeitraum, sei dieser noch nie so hoch gewesen. Hintergrund sei, dass der neue Dienstplan, nach dem seit dem Ende der Sommerferien wieder gefahren wird, die Belegschaft überfordere.

Einigungsstelle tagt

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„Durch den neuen Dienstplan müssen die Mitarbeiter im Fahrdienst acht Tage mehr im Jahr arbeiten bei einer Erhöhung der täglichen Arbeitszeit um bis zu 30 Minuten. Das ist der Knackpunkt“, so Stemmer. Am Mittwoch tage die angerufene Einigungsstelle. Sie könnte eine arbeitsgerichtliche Auseinandersetzung um den vom Betriebsrat nicht genehmigten Dienstplan noch verhindern.

Bei einer Betriebsversammlung am Samstag habe die Geschäftsleitung den Widerstand gegen den Dienstplan als „Luxusdebatte“ abgetan, so der Betriebsratschef. „Dabei geht es um die Sicherheit von Personal und Fahrgästen.“ Es sei gedroht worden, Überstunden anzuordnen. „Dann gibt es den nächsten Prozess“, warnt er. Die Stoag erklärt dazu: Überstunden würden auf freiwilliger Basis geleistet. Sie anzuordnen sei nicht beabsichtigt.

Schulen und Stoag an einen Tisch

Es sei nur sehr schwer nachzuvollziehen, dass die Stoag jedes Jahr nach den Sommerferien mit den gleichen Problemen zu kämpfen habe, kritisiert jetzt auch die örtliche CDU. „Die Schülerinnen und Schüler kommen gewissermaßen mit Ansage zu spät, weil die Zahl der eingesetzten Busse nicht ausreicht. Wer soll das noch verstehen?“, erklärt der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Ratsfraktion, Denis Osmann.

„Aber die unter Kostendruck stehende Stoag, die gleichzeitig mit dem Unmut ihrer Beschäftigten zu tun hat, ist hier nicht alleine in der Pflicht. In der sozialdemokratisch dominierten Verwaltung herrscht wieder einmal eine merkwürdige Sprachlosigkeit.“ Die CDU schlägt eine gemeinsame Konferenz mit Schulleitern und Verkehrsbetrieben vor, damit Lösungen erarbeitet werden könnten. Darüber hinaus müsse bei der Stoag endlich auf breiter Front Ruhe einkehren.

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„Gleich doppelt gefordert wäre an dieser Stelle eigentlich Klaus Wehling, der bekanntlich nicht nur Oberbürgermeister ist, sondern auch Vorsitzender des Stoag-Aufsichtsrates“, so Osmann. „Wie so oft, wenn es Probleme gibt, ist aber von Wehling wieder einmal nichts zu hören und nichts zu sehen.“

Wehling (SPD) weist den Vorwurf zurück, im Streit zwischen Belegschaft und Management der Stoag untätig zu sein. Zweimal habe er in Briefen vom 12. Juli und 22. August Betriebsrat und Geschäftsführung angeboten, ein Klärungsgespräch zu organisieren und zu moderieren, „um den Sachverhalt aufzuklären und Wege zu einer interessengerechten Lösung auszuloten“. Weil aber eine Seite Vorbedingungen gestellt habe, sei ein Klärungsgespräch nicht zustande gekommen.

Grundsätzlich seien die Mitarbeiter bereit, Sonderschichten zu machen, um etwa für Entspannung im Schulverkehr zu sorgen, so Stemmer. „Doch bei vier von fünf Fahrern zeigt der Computer gleich rotes Licht“, weil sie sonst Probleme mit der gesetzlich vorgeschriebenen Wochenruhezeit bekämen. „Wir würden gern – aber wir können nicht.“

Ein weiteres Problem: Die Fahrzeugreserve sei aus Kostengründen reduziert worden. „Und die paar Wagen sind nicht fit, weil die Werkstatt nicht genügend Leute hat.“

Stoag-Sprecherin Sabine Müller widerspricht dieser Darstellung und weist die Politiker-Forderung, im Schülerverkehr zusätzliche Einsatzwagen rollen zu lassen, zurück: „Es mangelt nicht an Fahrzeugen. Die Busse sind morgens zwar voll. Aber insgesamt reicht die Kapazität. Im Moment passt es nur nicht 100 Prozent zusammen.“