Oberhausen. Wenn’s mal ganz eng wird und alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, können Familien unbürokratisch Hilfe aus einem Caritas-Fonds bekommen.
Es gibt Situationen, da ist die beste Beratung von vorneherein zum Scheitern verurteilt – nämlich dann, wenn die akute Notsituation alles überlagert, die Gedanken gefangen hält und den Schlaf raubt. Mitunter kann schon ein kaputter Herd solch eine Situation heraufbeschwören. Denn was den Durchschnittsverdiener ärgert und meist kurzfristig zum Gürtel-enger-Schnallen zwingt, kann für Familien, die keine Notgroschen mehr haben, weil sie schon länger am Existenzminimum leben, eine mittlere Katastrophe bedeuten – etwa für eine alleinerziehende Mutter, die Säuglingskost zubereiten oder aufwärmen muss. Sozialberater oder Familienhelfer hier in Oberhausen, wo laut Bertelsmann-Studie jedes dritte Kind in ärmlichen Verhältnissen lebt, kennen viele solche Situationen aus ihrer täglichen Praxis. Situationen, in denen schnelle, konkrete Hilfe not tut. Die Caritas Oberhausen hat deshalb für solche Notlagen von Familien vor knapp zwei Jahren den Hilfs-Fonds „Kinder im Blick – ich mach mit“ gegründet.
Aus diesem „Feuerwehr-Topf“, der allein aus Spenden gespeist wird, konnten seither Einzelfallhilfen für Familien, in denen insgesamt 34 Kinder und Jugendliche von Notlagen betroffen waren, geleistet werden. Im Einzelfall wird dabei in der Regel den Wert von 300 Euro (Geld- oder Sachleistung) nicht überschritten. Die Bandbreite der Situationen, in denen schlicht ein bisschen Finanzhilfe oder Unterstützung durch Sachmaterialien gebraucht wird, ist in Oberhausen groß.
Drei Beispiele aus dem Beratungsalltag des Wohlfahrtsverbandes
Da ist die vierköpfige Familie M., die mit ihrem Einkommen so gerade eben über dem Hartz-IV-Satz liegt und normalerweise mit Ach und Krach über die Runden kommt: Mitte Juli gibt der Kühlschrank endgültig seinen Geist auf. Ein neuer kann per Ratenkauf angeschafft werden – aber am 25. Juli ist dadurch vorzeitig Ebbe in der Familienkasse und nichts mehr drin im neuen Kühlschrank. Der Fonds springt übers Wochenende mit einer Lebensmittelhilfe ein.
Stefanie D. (17) hat eine schwere, chronische Darmerkrankung. Trotz Operation und fortlaufender Behandlung hat die Jugendliche, die bei ihrer Großmutter lebt, körperlich massiv abgebaut und wog zeitweilig nur 36 Kilo. Trotz ihrer Schwerbehinderung hat Stefanie per Internetschule ihren Realschulabschluss geschafft. Ihre weitere schulische und berufliche Perspektive hängt nun vom Erfolg einer medizinischen Rehabilitation ab. Die dafür nötige Zuzahlung sowie die Fahrtkosten übernimmt der Versicherungsträger. Aber für die Reha braucht’s noch mehr Dinge, für deren Anschaffung Stefanie und ihre Großmutter kein Geld haben – Sport- und Badeschuhe, Trainings- und Badeanzug. Diese Anschaffungen wurden aus dem Hilfsfonds übernommen.
Brigitte L. (29) ist Krankenschwester in Teilzeit und seit drei Jahren alleinerziehende Mutter einer fünfjährigen Tochter. Beruf, Erziehung, Haushalt, dazu ständige Geldknappheit: Die junge Frau ist überfordert und erleidet einen Hörsturz, der das Tragen eines Hörgeräts nötig macht. Mit Hilfe ihrer Sozialberaterin hat sie eine Mutter-Kind-Kur beantragt – bei der Finanzierung des Eigenanteils hilft der Caritas-Fonds. Überdies wurde bei ihrer Tochter, die kurz vor der Einschulung steht, eine angeborene Fehlstellung der Hüfte diagnostiziert: Das Mädchen braucht gutes Schuhwerk und einen besonderen Tornister. Das Geld dafür kann Brigitte L. nicht aufbringen. Auch dafür springt der Hilfsfonds ein.
"Familien Brücken bauen"
Solche Einzelfallhilfen werden nie losgelöst von der familiären Gesamtsituation geleistet: Entweder werden die Familien bereits durch eine der Einrichtungen des Caritasverbands begleitet, so dass dessen Fachkräfte die Situation schon gut beurteilen können, oder die Notfallhilfe wird zum Einstieg in einen weiteren Beratungsprozess – um auszuloten, ob schon alle Möglichkeiten und Ansprüche ausgeschöpft sind, die Lebenssituation der Familie auf Dauer zu verbessern: „Wir haben mit dieser Verknüpfung gute Erfahrungen gemacht.
Ziel ist, Familien Brücken zu bauen, sie zu befähigen, sich aus eigener Kraft zu helfen“, sagt Caritas-Sprecher Reinhard Messing: „Aber manchmal ist eben einfach konkrete Soforthilfe nötig – vor allem für Kinder und Jugendliche, die naturgemäß die schwächsten Glieder in der Kette sind“.