Oberhausen. . Weil sie innerhalb einer Minute zwei Mal die gleiche Busfahrt abstempelte soll eine 76-Jährige Oberhausenerin nun 40 Euro Gebühr zahlen. Dabei ist eigentlich offensichtlich, dass es sich um nur eine Fahrt handeln muss. Nicht der erste Fall, bei dem Stoagkunden angeblich schwarzgefahren seien sollen.

Einmal in aller Öffentlichkeit als Schwarzfahrerin dazustehen war für die 76-jährige Oberhausenerin wohl unvorstellbar, denn „das macht man nicht“. Doch als Elfriede L. (Name geändert) jüngst ihr Vierer-Ticket ohne Argwohn einem Kontrolleur zeigte, stellte dieser ihr einen Zahlschein über 40 Euro aus. Nicht für die aktuelle Tour, denn die war ordnungsgemäß entwertet: Die 76-Jährige soll vielmehr bereits im April eine Fahrt „erschlichen“ haben, denn auf einem Stempelfeld entdeckte der Kontrolleur einen doppelten Stempel.

„Es muss mir damals passiert sein, als der Bus anfuhr“, gab die verblüffte Oberhausenerin dem Kontrolleur zu Protokoll. Vermutlich habe ein Ruckler den zweiten Stempel aus Versehen ausgelöst. Denn wie dem Ticket abzulesen war, beteuert die Rentnerin, unterscheiden sich die Abdrucke nur um eine Minute.

"Ist das jetzt eine neue Art des `Fahrscheinverkaufs`, um leere Kassen zu füllen?"

Doch der Kontrolleur ließ sich nicht darauf ein, behielt das beanstandete Ticket und stellte ein anderes gegen die sogenannte erhöhte Beförderungsgebühr aus. „Für meine Mutter war es unheimlich peinlich, als Schwarzfahrerin dargestellt zu werden“, erzählt die Tochter, die sich an die WAZ wandte.

Am Tag danach fuhren Tochter und Mutter zum Servicepoint der Stoag am Centro. Die Mitarbeiterin, der das Ticket vorlag, soll bestätigt haben, dass die doppelten Stempel nahezu identisch seien, also wirklich nur vier Fahrten durchgeführt wurden. Doch auch das änderte die Haltung des Verkehrsbetriebs kaum: Die Gebühr wurde auf 20 Euro gesenkt.

„Ein solches Vorgehen ist für mich absolut nicht nachvollziehbar, denn schließlich ist meine Mutter nicht schwarzgefahren“, wundert sich die Tochter und merkt an: „Ist das jetzt eine neue Art des ‘Fahrscheinverkaufs’, um leere Kassen zu füllen?“

Den Kampf angesagt

Stoag-Pressesprecherin Stefanie Knück reagiert auf Anfrage der WAZ mit Bedacht: „Unsere Juristen prüfen den Fall derzeit.“ Dennoch ist es nicht der erste Fall, bei dem man zumindest fragen könnte, ob Kontrolleure im Auftrag des Unternehmens das richtige Augenmaß besitzen – oder wenn nicht gar zu Unrecht gegen Kunden entschieden haben.

So wurde ein falsch beratener Kunde aus Duisburg wegen Schwarzfahrens aufgeschrieben, in einem anderen Fall „erwischten“ die Kontrolleure eine Lehrerin aus Recklinghausen ohne Ticket in der Straßenbahn, die ihrer Schulklasse hinterhereilte.

Seit Monaten hat die Stoag Schwarzfahrern mit Nachdruck den Kampf angesagt: Kontrolleure prüfen gerade in Straßenbahnen, wo es keinen geregelten Vordereinstieg gibt. Personalien werden auch von solchen Fahrgästen aufgenommen, die das „erhöhte Fahrgeld“ von 40 Euro sofort bar bezahlen. Im Wiederholungsfall droht eine Strafanzeige. Schießt man dabei über das Ziel hinaus? Die Pressesprecherin verteidigt die harte Unternehmenslinie: „Die Kontrolleure hören tagtäglich die erfindungsreichsten Ausreden, warum Fahrgäste gerade kein Ticket haben. Wie sollen sie da zwischen Wahrheit und Lüge unterscheiden?“ Es sei schon kulant, wenn die Stoag im Zweifelsfall nur 20 Euro einfordere.