Oberhausen. . Traditionsgemäß hatte das letzte Sinfoniekonzert der Saison wieder ein besonderes Flair. Zwar fehlte das Motto „Solisten im Konzertexamen“, aber der Cellist Michael Preuss von der Frankfurter Musikhochschule, der (noch) nicht im Konzertexamen stand, riss mit dem eminent schweren ersten Cellokonzert von Schostakowitsch die Zuhörer zu stürmischen, lang anhaltenden Ovationen hin.
Ob es um eine durch komplexe, aggressive Rhythmik gebrochene Schein-Folklore ging, um die herbe, hintergründige Lyrik des langsamen Satzes mit der sich ins Jenseitige verlierenden Flageolett-Passage, der grübelnd suchenden „Cadenza“ mit ihrer Steigerung in den turbulent wirbelnden letzten Satz – mit solch eindringlicher Intensität hört man das Werk nicht alle Tage.
Trefflich unterstützt wurde der Solist dabei von den Bochumer Symphonikern unter der souveränen, prägnant die Strukturen zum Leben erweckenden Leitung von Oliver Leo Schmidt. Schon die einleitende, zart schwebende „Elegy“ von Elgar hatte durch die plastische Modellierung der Phrasen nichts Sentimentales. Die abschließende C-Dur-Sinfonie von Schumann gestaltete sich zu dem mit packender Eindringlichkeit unternommenen Versuch, die beiden Identitäten Schumanns, den melancholisch-depressiven „Eusebius“, und den auffahrenden „Florestan“, in einer durch Bachschen Geist inspirierten Synthese zu vereinen.
Surreal-gespenstisch anmutende Cluster
Der zweite Teil des traditionellen Mottos „Musik der Zukunft“ wurde erfüllt durch die Uraufführung von „Verdure“ für großes Orchester von Lukas Tobiassen, Student von Prof. Steinke in Essen-Werden. Durch im Programmheft abgedruckte Partiturseiten und eine als Dialog zwischen Komponist und Dirigent mit Klangbeispielen gestaltete Einführung erhielten die Zuhörer einen Einblick, „wie es gemacht ist“ (Schoenberg). „Was es ist“ konnten sie danach auch hören: Eine teilweise surreal-gespenstisch anmutende Cluster- und Klangfarbenmusik, die in ihrer Hintergründigkeit wohl erheblich über das angeblich auslösende Moment hinausging, nämlich die verschiedenen Geschmacksempfindungen beim Verkosten eines edlen Tropfens.
Der heftige Beifall zeigte die Offenheit des Oberhausener Publikums auch für eine nicht unbedingt konsumkompatible „Musik der Zukunft“.