Oberhausen. Verbände warnen: Knapp 7000 Senioren-Wohnungen fehlen in Oberhausen. Investitionen von fast 110 Millionen Euro seien nötig. Der Handlungsbedarf an der Marktstraße ist groß.
Oberhausen steuert auf eine dramatische Wohnungsnot für ältere Menschen zu. Fast 7000 altengerechte Wohnungen werden in den kommenden Jahren fehlen. Denn im Jahr 2035 werden rund 56.000 Menschen in der Stadt älter als 65 Jahre sein, 27 Prozent mehr als heute. Das prognostiziert das Regionaldaten-Institut Pestel aus Hannover in einer aktuellen Studie auf Basis der neuen Zensus-Zahlen. Die Stadt appelliert an Wohnungs-Investoren und -Eigentümer, beim Neu- und Umbau Barrierefreiheit auch als Renditechance zu begreifen.
Zahl der Pflegebedürftigen wächst
Das Bündnis aus Sozial- und Bauverbänden „Wohnen 65plus“, das die Studie in Auftrag gegeben hat, warnt vor einer „grauen Wohnungsnot“. Es hält Millionen-Investitionen für nötig: Insgesamt müssten in Oberhausen 109,1 Millionen Euro in das altersgerechte Bauen fließen, um den Bedarf von 6990 zusätzlichen Senioren-Wohnungen zu decken.
„Mit der starken Zunahme Älterer wird auch die Zahl der Pflegebedürftigen rasant wachsen“, sagt Pestel-Studienleiter Matthias Günther. Die Prognose für Oberhausen gehe von rund 9250 Pflegebedürftigen im Jahr 2035 aus. „Bei dieser Entwicklung wird es höchste Zeit, barrierearme Wohnungen für Senioren zu schaffen.“ Ins Pflegeheim wollten viele Ältere nicht. Zudem koste ein Pflegeplatz im Heim – im Vergleich zur ambulanten Pflege zu Hause – pro Jahr rund 7200 Euro mehr.
Bündnis aus fünf Verbänden
„Wohnen 65plus“ ist ein Bündnis aus fünf Verbänden. Dazu gehören der Sozialverband VdK Deutschland, der Bund Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure, die Gewerkschaft IG Bau, die Deutsche Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau und der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel.
Das Verbändebündnis wirft den Parteien vor, das Thema „Wohnen im Alter“ zu vernachlässigen. Es appelliert an die Bundestagskandidaten aller Parteien in Oberhausen, sich wesentlich stärker um dieses Sozialthema zu kümmern. Die Bundesregierung habe sich gewissermaßen vom altersgerechten Bauen und Sanieren verabschiedet und den Topf der staatlichen Förderbank KfW von 100 Millionen Euro jährlich „auf Null gesetzt“.
Potenziale auch in Schmachtendorf und Königshardt
Auch die Stadt Oberhausen sieht einen wachsenden Bedarf an Altenwohnungen. „Es wird viel gemacht, aber nicht ausreichend“, sagt Nese Özcelik, Expertin für den Bereich „Leben im Alter“ im Büro für Chancengleichheit. Sie verspricht aber: „Es wird noch ganz viel passieren.“ Seniorenwohnungen entstehen etwa an der Pacellistraße in Alt-Oberhausen, an der Luchsstraße in Sterkrade, und in Osterfeld sollen nahe dem Gartendom und HDO weitere Flächen auch für Seniorenwohnungen geschaffen werden.
Bei Wohnungsgenossenschaften, aber auch privaten Investoren sei das Thema angekommen, sagt Özcelik. „Eine Investition in Richtung Barrierefreiheit kann ein Objekt aufwerten und dessen Existenz sichern.“ Viel Handlungsbedarf gebe es an der Marktstraße, wo häufig auswärts lebende Eigentümer wenig investiert hätten. Potenziale gebe es aber auch in Schmachtendorf und Königshardt. Dort steigt die Zahl von Einfamilienhäusern, in denen nur noch eine Person lebt.
Weil Senioren möglichst in einem Radius von 500 Metern Einkaufsmöglichkeiten, Dienstleister und ÖPNV-Anschlüsse benötigen, sieht Özcelik im wachsenden Bedarf an Seniorenwohnungen aber auch eine Chance für die Innenstädte: „Ältere Menschen kommen wieder in die Zentren zurück.“