Oberhausen. .

Rund 15 Praktika hatte Kevin Heinemann bereits absolviert, bevor er endlich einen Arbeitsplatz fand. Tischlerei-Inhaber Helmut Deflieze nahm den 20-Jährigen gerne auf. Trotz seiner Lernbehinderung wollte er dem jungen Mann eine Chance geben.

Kevin ist Teilnehmer der beruflichen Maßnahme „Unterstützte Beschäftigung“ (UB). Die richtet sich an Jugendliche mit einer Lernschwäche an der Grenze zu einer geistigen Behinderung, die jedoch für eine Beschäftigung geeignet sind. Finanziert wird die Maßnahme durch die Agentur für Arbeit und begleitet durch Mitarbeiter des katholischen Jugendwerks Kurbel. „Für diesen Personenkreis gibt es eindeutig zu wenig Möglichkeiten, sie in den Arbeitsmarkt zu integrieren“, sagt Günter Hümbs, Reha-Berater der Arbeitsagentur.

Bildungsträger stellen Qualifizierungsplan auf

Jedes Jahr vermittelt der Bildungsträger Kurbel bis zu 16 Förderschüler in ein Unternehmen, in dem die Jugendlichen mit einem Praktikum beginnen, das bis zu zwei Jahre andauern kann. In dieser Zeit entscheidet sich, ob die Arbeitgeber den Praktikanten eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung anbieten. Gemeinsam mit dem Arbeitgeber stellen die Bildungsträger dafür einen Einarbeitungs- und Qualifizierungsplan auf, der schließlich zeigt, ob die Jugendlichen für einen Berufseinstieg im jeweiligen Unternehmen geeignet sind.

Bei Kevin Heinemann passierte dies nun nach eineinhalb Jahren Praktikum. „Ich wollte schon in der Schule immer Schreiner werden“, sagt er. „ Am Anfang war es schwer, aber mittlerweile kann ich es im Schlaf.“ Das kann Helmut Deflieze nur bestätigen, ansonsten hätte er Kevin diesen Job nicht angeboten. „Theorie ist nichts für ihn, das demotiviert ihn. Dafür kann er aber anpacken und ist sehr zuverlässig.“

Der Geschäftsmann ist einer der wenigen Arbeitgeber, die sich an der Maßnahme beteiligen. Viele Unternehmen würden sich davor scheuen, Jugendliche mit einer Lernbehinderung aufzunehmen, weiß Frank Janßen von der Kurbel.

"Das Wort ist oft ein Stempel"

„Das Wort Behinderung ist oft ein Stempel“, sagt Janßen. „Die Arbeitgeber denken, sie müssten sich permanent um denjenigen kümmern und die Person sei andauernd krank.“ Behinderung würden viele einfach falsch verstehen, dabei fielen Jugendlichen mit einer Lernbehinderung meist praktische Dinge leichter. „Und ihre Motivation ist größer, weil sie sich wirklich durchkämpfen und beweisen müssen“, erklärt Günter Hümbs, bestimmte Fähigkeiten seien eben trotz Handicap da. Diese herauszufiltern, bedürfe aber oft einer Menge Kreativität, erläutert Kurbel-Mitarbeiter Frank Janßen. „Deshalb arbeiten wir die Fähigkeiten raus, holen die Eltern mit ins Boot und betreuen jeden einzeln.“

Insgesamt schaffen es die Projektträger, jedes Jahr rund 60 bis 70 Prozent der Förderschüler langfristig in dem Unternehmen unterzubringen. Stellt die Kurbel fest, dass das Handicap doch zu schwerwiegend ist, wird derjenige in die Behindertenwerkstatt eingegliedert.

Am 1. August beginnt ein neuer Durchlauf für 24 Monate, dann treten erneut zwölf Förderschüler ihr Praktikum in einem Unternehmen an. Kevin Heinemann freut sich indes über seinen Jahresvertrag mit der Tischlerei Deflieze. Er hat es geschafft.