Oberhausen. 90 Prozent der Fassade der verhüllten Arbeitsagentur Oberhausen an der Mülheimer Straße sind marode. Nun zeigt sich: die Sanierung des Gebäudes würde teurer werden, als bisher befürchtet. Von mehreren Millionen Euro ist die Rede. Da kommt auch ein Abriss des Gebäudes in den Blick.

Der Schaden an der seit etwa zwei Monaten durch Netze gesicherten Fassade des Gebäudes der Agentur für Arbeit Oberhausen ist deutlich größer, als bislang bekannt: 90 Prozent der Waschbeton-Fassadenelemente sind marode, eine zukunftssichere Sanierung würde rund sechs Millionen Euro kosten. Ob und in welcher Form das bundeseigene Gebäude an der Mülheimer Straße überhaupt wieder instand gesetzt wird, ist offen. Als weitere Varianten diskutiert die Behörde auch den Auszug und einen Verkauf der rund 30 Jahre alten Immobilie unter der Kernfrage: Welche Lösung ist langfristig die wirtschaftlichste? Damit droht sogar der Abriss.

Diese Zeitung sprach mit Oliver Rahn, dem für Oberhausen zuständigen Leiter Infrastruktur, Interner Service Essen, der Bundesagentur für Arbeit (BA), über die drei diskutierten Varianten für das achtstöckige Gebäude, in dessen beiden Flügeln insgesamt 265 Beschäftigte der Arbeitsagentur, des Jobcenters und der Familienkasse arbeiten.

Variante 1: Die Spar-Lösung

In die Risse an der Fassade wird mit Unterdruck eine Füllung gespritzt. Kosten „über den dicken Daumen“, so Rahn: 1,5 Millionen Euro. „Es gibt aber ein Riesenproblem: Wir werden keine Firma finden, die auf diese Arbeit Gewährleistung gibt.“ Weil diese Variante keine dauerhafte Lösung beinhaltet, „ist sie sicher nicht die wirtschaftlichste“. Umsetzungs-Chance: unwahrscheinlich.

Variante 2: Die Komplett-Sanierung

Sämtliche Waschbetonteile werden abgenommen, die Fassade wird unter Berücksichtigung energetischer Aspekte mitsamt der Fenster erneuert. Vorteil: Das Haus bekommt eine Wärmedämmung. Grob geschätzte Kosten: sechs Millionen Euro. Rahn favorisiert diese Lösung. „Dafür werde ich alles tun.“ Denn das Haus an sich sei auf einem aktuellen, neuen Bürostandard. Das Berufsinformationszentrum sei frisch saniert, die Eingangszonen von Agentur und Jobcenter seien neu, die Heizung in Ordnung und die Aufzüge neuwertig. Umsetzungs-Chance: groß.

Variante 3: Auszug und Verkauf

Sicher ist: Einen Neubau unter Eigenregie will die BA nicht stemmen. Dies würde die im ständigen Reformprozess steckende Behörde zu „immobil“ machen. „Das Haus zu veräußern und eine neue Anmietung zu suchen kommt nur in Betracht, wenn die Variante Komplett-Sanierung als völlig unwirtschaftlich angesehen wird.“

Eile beim Bau sorgt für Gefahr

Beim Bau des damaligen Arbeitsamtes an der Mülheimer Straße 36 zu Beginn der 1980er-Jahre hatte man es offenbar besonders eilig: Man ließ die vorgefertigten Waschbetonplatten für die Fassade vor der Montage laut dem Infrastruktur-Experten der Arbeitsagentur, Oliver Rahn, nicht lange genug aushärten. „Man hätte sie nur sechs Wochen lang liegen lassen müssen.“ Jetzt zeigen die Platten zwischen 0,4 und drei Millimeter starke Risse, wie ein Gutachten ergab. Witterungsbedingt – etwa wenn Wasser in die Risse dringt und gefriert – können Teile abplatzen.

Um Mitarbeiter und Besucher vor herabstürzenden Gesteinsbrocken zu schützen, wurde das Gebäude mit doppelten Netzen verhängt. Diese Netze werden „zu 99,9 Prozent“ mindestens bis Jahresende hängen bleiben.

Fraglich ist, ob sich ein Kaufinteressent fände. „Oberhausen ist nicht gerade ein Magnet, der Unternehmen anzieht.“ Ein Käufer müsste mindestens die geschätzten sechs Millionen Euro für die Fassade investieren – wahrscheinlich aber viel mehr, um das Haus mit seinen derzeit 15 400 Quadratmetern Nettogeschossfläche für eine neue Nutzung etwa als Hotel oder Ärztehaus umzubauen. Andererseits ist das Grundstück mit seiner Lage an Oberhausens Hauptverkehrsachse, unmittelbarem ÖPNV- und naheliegendem Autobahnanschluss nicht unattraktiv.

Möglich ist ein Kompensationsgeschäft: Ein privater Investor mit einer Idee für den Altstandort baut eine Immobilie neu oder um, die die Arbeitsagentur dann anmietet. Nach ihrem Wegzug von der Mülheimer Straße könnte die Altimmobilie saniert oder abgerissen werden, um Platz für Neues zu schaffen. „So etwas passiert, warum nicht in Oberhausen?“ Auch ein Verkauf sowie Neu- oder Umbau werden also diskutiert. In diesem Fall gibt es entsprechende Ausschreibungen. Umsetzungschance: geringer – aber möglich.

Fazit

BA-Fachmann Rahn sieht eine „hohe Chance“ für Variante 2. Klar ist: Die Arbeitsagentur plant keinen Abzug aus Oberhausen. „Die Standortfrage wurde nicht diskutiert. Wir bleiben in der Fläche.“ Zu entscheiden haben Rahn selbst sowie Vertreter der Regionaldirektion NRW als vorgesetzter Dienststelle sowie der BA-Bautochter GBI. Einen Beschluss über eine der drei diskutierten Varianten erwartet Rahn noch in diesem Jahr.